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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
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ihrer französischen Großmutter? Deren Vermächtnis wollte sich Julietta als würdig erweisen.
    „Wo soll ich ermordet werden?“
    Marcos langte in die Innentasche seines bunten Wamses und zog eine schmale, zusammengeschnürte Rolle heraus. Das Siegel des Dogen glänzte im Kerzenschein.
    „Auf der großen Karnevalsfeier des Dogen. Mitten auf der Tanzfläche soll ich Euch erstechen. Es soll aussehen wie ein Streit zwischen Liebenden.“ Eine Braue neckend in die Höhe gezogen, sah Marcos Julietta an. „Ein überaus spannendes Spiel, nicht wahr, querida?“

19. KAPITEL
    Als Rosa zum Abendessen rief, bemerkte Julietta, dass sie trotz allem hungrig war. Nach einer einfachen, rustikalen Mahlzeit, bestehend aus einem Gemüseeintopf mit Wurst, gefolgt von Brot, Käse und Oliven, führte Julietta ihre Gäste hinaus in den Garten. Hier konnten sie ungestört miteinander reden, ohne befürchten zu müssen, dass ihnen ein Fremder zuhörte.
    Der Mond, der noch nicht hoch am Himmel stand, warf ein fahles silbrig-grünes Licht auf den Weg, der durch den verwilderten und zugewucherten Garten führte. Zwischen Rundbeeten und nicht mehr intakten Irrgärten lagen umgekippte, zerbrochene Bodenvasen und Marmorputten, ein ausgetrockneter Springbrunnen zeugte von besseren Tagen. Über allem wachten die kahlen, blätterlosen Bäume, deren Zweige klappernd wie Skelette im Wind gegeneinanderschlugen.
    Fröstelnd zog sich Julietta den Umhang enger um die Schultern. Neben dem brüchigen Torso einer römischen Göttin blieb sie stehen. Arme und ein Bein der Statue waren längst verloren, übrig geblieben waren nur ihre schönen Brüste, ein leicht gewölbter Bauch und der Ansatz geschmeidiger Schenkel. Julietta lehnte sich gegen den Marmortorso und fragte sich, ob es ihr Schicksal sei, einmal auch so verstümmelt zu enden.
    Doch der unglücklichen Göttin fehlte etwas, was Julietta besaß – zwei starke Krieger, die sie beschützten. Sie waren neben ihr stehen geblieben. Der Mond schien auf die beiden großen, in dicke Umhänge gehüllten Gestalten.
    „So“, griff sie den Faden ihrer vor dem Essen abgebrochenen Unterhaltung wieder auf, „Ihr sollt mich also auf der großen Karnevalsfeier des Dogen erstechen?“
    Marcos nickte. „In einer Eifersuchtsszene.“ Gebannt verfolgte Julietta seine Hand, die nachdenklich über die abgeschlagene Schulter der Göttin strich.
    „Und was geschieht mit Euch, wenn ich tot auf dem Marmorboden im Palast des Dogen liege?“
    Marcos lachte bitter. „Mich wird man ergreifen, zu den Bleikammern schleifen und einkerkern. Von mir wird man nichts mehr hören und sehen.“
    „Ein schäbiger Lohn dafür, dass Ihr die Stadt von der Piratenplage befreit habt.“
    „In dieser kleinen Pergamentrolle steht, dass ich nur zum Schein in den Kerker kommen solle. Tatsächlich werde man mich zusammen mit meinem Ersten Steuermann zu meinem Schiff bringen. Ich bekäme freies Geleit, würde aber von allen venezianischen Häfen verbannt. Als Entschädigung werde Grattiano mir ein Vermögen in Gold zahlen.“
    „Wir wissen beide, dass Ermano nicht gerade bekannt dafür ist, seine Versprechen zu halten“, sagte Julietta und trat einen Schritt näher an Marcos. Warum nur hatte sie ihre Studien mit nutzlosen alchemistischen Versuchen vergeudet, mit der Produktion von Duftwassern und Salben für eitle Frauen? Sie hätte viel besser geheime Zaubersprüche lernen und eine richtige Hexe werden sollen. Dann könnte sie jetzt einen Zauber weben, der sie alle forttragen würde, und dieser gemeine Hund Ermano Grattiano und sein verfluchter Welpe Balthazar wären für immer fern von ihnen.
    Aber leider kannte sie jetzt, wo sie ihn am nötigsten brauchte, keinen Zauberspruch.
    „Unfälle geschehen immer wieder. Insbesondere auf dem Weg in den Kerker“, war Marcos’ bittere Entgegnung.
    „Welchen Ausweg haben wir denn?“
    „Jetzt komme ich ins Spiel, dushka“, meldete sich Nicolai.
    Julietta drehte sich zu ihm um. „Und wie?“ Hätten nicht die Sterne auf sein blondes Haar geschienen, wäre er in der Dunkelheit kaum zu erkennen gewesen. Wie ein Elfenwesen kam er Julietta vor, aufgetaucht aus einem Zauberwald, um sie zu retten. Oder wollte er sie in die Irre führen, wie das boshafte Elfen oftmals taten?
    Er hielt seine Hände hoch. „Bin ich nicht der Leiter einer Komödiantentruppe, Signora? Das wird unser Triumph. Den wichtigsten Teil des Stückes kennen nur wir, sonst niemand.“
    „Was meint Ihr damit?“, fragte

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