Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
aktiv!«
»Dann müsst ihr euch also gewaltig anstrengen, um aufzuholen?« Auch das insgeheim gelockerte Taillenband vermochte Philippine keine wirkliche Erleichterung zu verschaffen. Seit Tagen schon quälte sie ihr Körper, war träge und schwer. Allmonatlich musste sie sich damit herumplagen. Doch so schlimm wie dieses Mal hatte es sich noch nie angefühlt.
»Wo denkst du hin!« Karl war aufgesprungen. »Das ist doch längst geschehen. Wir haben ihnen gezeigt, dass sie an uns nicht vorbeikommen. Und von Jahr zu Jahr werden wir immer noch besser. Unser neues Nachrichtensystem sucht seinesgleichen: die schnellsten Pferde, die redlichsten, unermüdlichsten Boten und Gewährsleute vor Ort, die engstens mit uns kooperieren. Sobald irgendwo Safran geerntet wird, erfahren wir es als Erste. Unsere Umsätze steigen unaufhörlich, und Ähnliches gilt auch für die Gewinne, was beileibe nicht immer dasselbe ist in diesen schwierigen Zeiten. Vor allem sind die Nürnberger Welser mehr als zufrieden mit meiner Arbeit. Ich dachte, das zu hören, würde euch Freude bereiten!«
Anna begann zu nicken, während Philippine eher unbeeindruckt blieb, was ihm nicht entging.
Karl zog eine flache Holzdose aus seinem Wams, öffnete den Deckel und streute ein paar der rötlichen Fäden in seine Handfläche.
»Seht ihr das? Safran – wertvoller als Gold! Allerdings nur, wenn man die allerbeste Qualität aussucht. Er kann die Stimmung heben, kostbare Stoffe färben und sogar in Liebesdingen äußerst anregend wirken … «
Philippine stieß den Stuhl zurück. Ihr Gesicht glänzte wächsern, die Augen waren unnatürlich groß.
Wortlos stürzte sie aus dem Zimmer.
Karl ließ die Dose fallen und wollte ihr hinterher, doch Anna hielt ihn zurück.
»Lass sie«, sagte sie. »Ich sehe später nach ihr.«
*
Augsburg, 1. Juni 1556
Es wird bald hell – und ich kann noch immer nicht schlafen.
Die Worte der Mutter klingen in mir, obwohl sie meine Kammer schon lange verlassen hat.
Schon vor Tagen hat Hilli mich scheinbar beiläufig nach den Laken und Leinenstreifen gefragt, die in die Monatswäsche müssten. Mit einer Ausrede habe ich sie vertröstet. Wahrscheinlich ist sie danach gleich zur Mutter gerannt.
Warum sonst sollte diese mir sonst auf einmal so merkwürdige Dinge erzählen?
Von Törinnen hat sie geredet, die auf Hasenpfoten schwören, um nicht schwanger zu werden. Von anderen, die die Blätter und Früchte der Trauerweide in sich hineinstopfen, um eine ungewollte Empfängnis zu verhindern. Von wieder anderen, die zu gemahlenen Eselshufen, Habichts- oder Taubenmist greifen und nicht einmal davor zurückschrecken, den Scharfrichter um den kleinen Finger eines Gehängten anzubetteln, um ihn im Mörser zu zerkleinern, oder sich Schafsurin in den Schlund zu schütten – alles ebenso nutzlos, wie gefährlich.
Ich bin ganz still, bis sie geendet hat.
Wenngleich um eine Handvoll Jahre älter, so ist ihre Ähnlichkeit mit Tante Kat seit jeher verblüffend gewesen, jene Herzensvertraute, die im fernen Böhmen als Herrin eines großen Schlosses lebt und Hüterin meines Geheimnisses ist. Heute jedoch erscheint mir die Mutter wie die älteste der drei Schicksalsgöttinnen, jene, die die größte Macht besitzt, weil sie Herrin über Leben und Tod ist.
»Frauen tun manchmal seltsame Dinge, wenn sie verzweifelt sind. Ich hoffe doch sehr, das gilt nicht für meine kluge Tochter! Du kannst immer zu mir kommen – mit allem. Das weißt du.«
Damit lässt sie mich allein.
Tausenderlei Gedanken, Ängste und Wünsche schwirren seitdem durch meinen Kopf. Ich versuche, vernünftig zu bleiben, wie ich es von Kind an gelernt habe, doch es fällt mir so schwer wie nie zuvor.
Es kann nicht sein, es darf nicht sein, so denke und fühle ich in einem Moment.
Und wenn es doch so sein sollte …
Mein Magen fühlt sich an, als habe jemand ihn verknotet. Meine Hand schmerzt, so fest halte ich den Federkiel umklammert, als könne er mir Sicherheit und Halt geben.
Ein Leben drunten im Lechviertel, an Caspars Seite?
Ganz anders als alles, was ich bislang erfahren habe!
Ein Habnits, flüstert die hässliche Stimme, die ich am liebsten zum Schweigen gebracht hätte, aber es nicht kann, weil sie sich immer wieder dreist zu Wort meldet. Einer jener, die kaum etwas besitzen, während deine Familie seit jeher über Grund und Vermögen verfügt hat. Die Welser sind Patrizier, führen das Lilienwappen, sitzen und saßen im Rat der Stadt. Sein Onkel
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