Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
wenig. Meine Haut mag zart sein, doch wer behauptet, sie sei so durchscheinend, dass man sehen könne, wie Rotwein durch meine Kehle rinnt, ist ein Lügner. Ich mag meine blauen Augen und die feinen Haare, die kraus werden, wenn draußen Nebel aufzieht. Vor allem aber meine Hände, die immer in Bewegung sind.
Doch was sollte daran schon Besonderes sein?
Es ist etwas anderes, das ihnen an mir gefällt. Angeblich eine Art Strahlen, das von mir ausgeht, sobald ich gelöst und heiterer Stimmung bin, so hat Tante Kat es einmal liebevoll ausgedrückt, etwas Helles, Leuchtendes, das ansteckend wirkt.
Wenn sie so über mich reden, macht es mich froh.
Aber ich bilde mir nichts darauf ein.
Denn so manches an mir ist ganz und gar nicht makellos.
Meine großen Füße zum Beispiel, die runden Hüften, die es mir schwer machen, die Kleider so eng zu tragen, wie die Mode es vorschreibt. Erst recht dieser unsägliche Schweif winziger Leberflecke, den ich von Geburt an auf dem Rücken habe und als Brandmal empfinde, auch wenn ich ihn selbst nicht sehen kann! Jedes Mal hat Regina mich damit aufgezogen, wenn wir als Kinder gemeinsam in der Wanne saßen und darauf warteten, abgeschrubbt zu werden. Noch mehr allerdings stört mich, dass meine Brüste unterschiedlich groß sind, wenngleich das zum Glück angezogen nicht weiter auffällt. Und vieles, vieles andere mehr …
Dafür kann ich klar denken und gut rechnen, was ich im Kontor meines Onkels viele Male unter Beweis gestellt habe. Ich beherrsche leidlich Latein und kann die Laute schlagen. Wie gern würde ich in ferne Länder aufbrechen, wie meine Vorfahren es getan haben – stattdessen bin ich hier eingesperrt wie in einem Käfig.
Meine Gefühle sind weder wechselhaft noch oberflächlich, wie man es uns Frauenzimmern so gern nachsagt. Ich kann lieben und hassen wie ein Kerl, so hat Onkel Bartholomé es ausgedrückt. Vielleicht hat er sich deshalb mehr als einmal gewünscht, ich sei als Mann geboren und könnte somit eines Tages seine Nachfolge im Unternehmen antreten.
Was er mir nicht alles beigebracht hat!
Manchmal denke ich, zu viel für eine Frau, die trotz all dieses Wissens ja schließlich doch eingeschnürt bleibt, bis ihr die Luft knapp wird. Allerdings ertrage ich diese Enge immer weniger, erst recht nicht, seitdem ich Caspar begegnet bin …
Natürlich bin ich nach jener ersten Begegnung nicht mehr an den Lech gegangen – ein paar quälende Tage lang, in denen ich mich mit häuslichen Nichtigkeiten abzulenken versuchte, bis ich das Gefühl hatte, dass Flammen in meinen Beinen züngeln.
Zum Glück braucht meine Mutter Nachschub, Wermut für Magen und Augen sowie Gottesgnadenkraut, um die Wassersucht einer Nachbarin zu kurieren. Sie scheint erstaunt, dass ich bereit bin, mich ohne zu Murren abermals auf die Kräutersuche zu begeben, hat aber zum Glück nicht weiter nachgefragt.
Er ist nicht da, als ich die Kiesbank ansteuere, was mich zunächst erleichtert. Ich lasse mich auf die Steine sinken, starre auf den Fluss.
Wozu bin ich eigentlich hier, wo mein ganzes Sinnen und Trachten doch einzig und allein Ferdinand gilt?
Jener Abend in Schloss Bresnitz wird in mir sein, solange ich lebe.
Seine Augen, seine Gestalt, seine Stimme, in der eine ganze Welt liegt!
Es waren nur ein paar Tänze, ein Lachen, als wir miteinander ins Gespräch kamen. Doch wäre es nach mir gegangen, es hätte auch so viel mehr sein können.
Als ob meine Seele angekommen sei. Ein zu Hause sein, wie ich es mir immer gewünscht hatte.
Ob Ferdinand auch noch an mich denkt?
Mein Herz sagt ja – mein Verstand jedoch behauptet das Gegenteil.
Tante Kat hat versucht, mich zur Vernunft zu bringen, aber wie sollte ihr das gelingen? Als ich im Morgengrauen am Fenster stand und beobachtete, wie er hoch zu Ross nach Prag aufbrach, hatte ich das Gefühl, in Stücke zu brechen, weil es für mich ein Abschied für immer war. Seitdem erscheint mir das Bürgerkleid, auf das ich bislang so stolz war, wie ein Leichenhemd. Es zieht mich herab, macht mich so bleiern, dass ich niemals zu ihm werde fliegen können …
Caspar kommt also zur Kiesbank, als ich schon wieder gehen will, dieses Mal anständig gewandet. Ein schmucker Mann, ich glaube, er weiß sehr wohl, wie gut er aussieht.
Und wie er reden kann!
Vom Wasser erzählt er mir, das er lenken und bändigen möchte. Immer begeisterter wird er dabei, und ich tue so, als würde ich eifrig zuhören. Zum Abschied schenkt er mir ein hübsches blaues
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