Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
Arme.
»Sie waren nicht viel wert, verstehst du?«, fuhr er fort. »Ja, sie waren Habsburger Prinzessinnen und Kaisertöchter dazu, und doch musste man wegen ihrer Krankheit froh sein, dass Sigismund sie genommen hat. Doch geliebt hat er weder die eine noch die andere. Katharina hatte manchmal sogar Angst, er würde sie umbringen lassen, so sehr haben die beiden sich schon bald gehasst. Zum Glück hat der Tod sie vor wenigen Monaten von diesen Qualen erlöst. Ich wünschte so sehr, meine Schwestern hätten ein anderes, glücklicheres Leben gehabt – ein Leben, wie wir beide es führen können!«
»Du konntest sie nicht davor schützen. Dem Schicksal kann keiner entkommen.«
Zuerst schüttelte er den Kopf. Dann nickte er.
»Und jetzt wollen sie dich zum König von Polen machen«, fuhr sie fort. »Wie genau soll das vor sich gehen?«
»Maximilian sagt, es sei meine heilige Pflicht, unserem Geschlecht zu dienen. Die Schwestern hätten ihren Teil dazu beigetragen. Jetzt bin ich an der Reihe.«
Pini begann schrill zu kläffen und wurde erst wieder ruhig, als eine Geste Philippines ihr anzeigte, dass sie zurück ans Fußende durfte.
»Welche Bedingungen sind daran geknüpft?«, sagte sie äußerlich ruhig, während ihr Herz immer schneller schlug. Sollte sie noch einen Schluck von der Medizin trinken, damit es nicht wieder in Raserei verfiel?
Sie hatte heute schon ihre verordnete Dosis intus. Handsch hatte sie beschworen, ja nicht zu viel auf einmal zu nehmen, weil sie sonst mit ihrem Leben spiele.
»Eine Ehe«, erwiderte er bitter. »Was sonst? So ist sie nun einmal, die schlaue Politik des Hauses Habsburg. Was du nicht erobern kannst, das heirate. Es geht um Anna, die Letzte der Jagellonen. Fast 50 ist sie inzwischen und soll so lange Barthaare haben wie ein alter Grundelfisch.«
Philippine musste schlucken, bevor sie antworten konnte.
»Und selbst wenn sie 20 wäre und schöner als Sonne und Mond zusammen«, sagte sie. »Du hast bereits eine Frau. Oder sollte ich mich da etwa täuschen?«
»Nein, da täuschst du dich nicht. Du bist mein angetrautes Weib. Und der Kaiser weiß das ganz genau!«
Er sprang so heftig auf, dass die Hündin erschrak und ihrerseits auffuhr. Mit gesträubtem Fell schoss sie dem vermeintlichen Angreifer entgegen und schnappte nach seinem Finger.
»Verdammtes Viehzeug!«, schrie Ferdinand, als sein Blut auf das Bettzeug tropfte. »Wie oft hab ich dir das schon gepredigt? Hunde gehören in den Zwinger – und nicht ins Bett.«
»Ich kann dir rasch einen Verband machen.« Philippines Stimme zitterte. »Oder Blätter von Hirtentäschel auflegen … «
»Ich soll dich verstoßen.« Wie von Sinnen packte er sie an der Schulter und begann sie heftig zu schütteln. »Das und nichts anderes verlangt er von mir – mein eigener Bruder, der in seinem kümmerlichen Dasein niemals die Früchte wahrer Liebe gekostet hat. Was muss nur in seinem kranken Schädel vorgehen, dass er mir so etwas überhaupt vorschlägt? Welch Scheusal hat unsere fromme Mutter da geboren!«
»Und wirst du es auch tun?«, wisperte sie.
»Dich verlassen? Lieber sterbe ich. Die abgestandene Anna von Polen und ihren Thron mag bekommen, wer auch immer will – ich bin und bleibe der Ehemann meiner Philippine!«
*
Schloss Ambras, 17. August 1572
Inzwischen weiß ich mehr über diese unselige Angelegenheit – und bin noch bedrückter als in jener ersten Nacht.
Ich habe mich getäuscht – gründlich getäuscht.
Der Hof zu Wien denkt nicht daran, Ferdinand und mich in Ruhe und Frieden das Leben führen zu lassen, das wir uns erwählt haben.
Und das ist noch lange nicht alles.
Mag Pernstein in seinem Sarg vermodern, mögen andere Verschwörer gegen mein Leben bislang erfolglos geblieben sein, ich bin der Dorn, der tief im Herzen des Kaisers steckt, mag er nun Ferdinand heißen, wie der Vater meines Geliebten, oder Maximilian, wie sein älterer Bruder, der nun das Reich regiert.
Ich bin ihnen im Weg, ein großes Hindernis für die Politik, der jeder aus dem Haus Habsburg sich zu beugen hat, ob Mann oder Frau. So brauche ich mir wohl auch nicht länger den Kopf zu zermartern, wer meinen unschuldigen kleinen Veit auf dem Gewissen haben könnte.
Wiewohl das Gesicht des Täters verschleiert geblieben ist, führen für mich alle Spuren nach Wien.
In die Hofburg.
Wie weit würden sie gehen, um mich zu beseitigen?
Und ist längst nicht nur mein Leben gefährdet, sondern auch das meiner Söhne?
Meiner
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