Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
ist zu uns nach Ambras übersiedelt und wechselt sich bei meiner Betreuung mit Tante Kat ab, die meine Gesundung mit Stärke und Humor begleitet.
Die liebe Mutter kann mich nicht mehr besuchen.
Sie ist gestorben, noch im gleichen Jahr wie Georg, ihr jüngster Sohn. Ich bin sicher, die beiden sind sich im Paradies bereits begegnet.
Zwei Dinge sind mir von ihr geblieben, die ich stets in Ehren halten werde: ihr Kräuterbuch, das inzwischen auch so manchen Eintrag von meiner Hand trägt. Und ihre Rezeptsammlung, jene unvergleichlichen Fastenspeisen, die mein Überleben in den vergangenen Monaten gesichert haben.
Das polnische Projekt ist vom Tisch.
Meine braven Tiroler haben sogar eine Abordnung nach Krakau geschickt, um zu betonen, dass ich sehr wohl die richtige Frau an Ferdinands Seite bin, die vielen Kranken geholfen habe und so fromm und gottesfürchtig sei, dass niemand sich vor ihr fürchten müsse.
Ich bin zutiefst gerührt.
Sollte ich doch schon mehr Herzen gewonnen haben, als ich mir jemals hätte träumen lassen?
Doch das launische Schicksal hat andere Pläne.
Anna Jagellonica soll den französischen Prinzen Henry von Valois ehelichen und ihn damit zum polnischen König machen. Maximilian schäumt, wie man hört, kann aber nichts dagegen ausrichten.
Ferdinand ist zärtlich besorgt um mich. Er hat mir das Landgericht Stubai geschenkt, sowie die Herrschaften Königsberg, Salurn und Hirtenberg. Seit Längerem besitze ich zudem das Schildlehen Hohenburg, zusammen mit Ambras und den umliegenden Dörfern ein stattlicher Besitz, der mich reich und unabhängig macht.
Doch was nutzt schon aller Besitz, wenn die Seele weint?
Eva hat nichts zu tun mit Georgs Tod.
Fälschlicherweise habe ich sie in aller Öffentlichkeit verdächtigt.
Fleckfieber, das mein Bruder seit seiner Reise in sich trug, hat seinen Tod verursacht. Es führt zu Kopf- und Gliederschmerzen, macht das Gesicht rot und aufgedunsen, die Augen dagegen trüb und hinterlässt hässliche bläuliche Male überall auf dem Körper. Handsch und Mattioli, die beiden erfahrenen Mediziner, haben sich mit eigenen Augen davon überzeugt, darauf hat Ferdinand bestanden.
Er duldet keinen Unfrieden auf Ambras. Zuviel davon herrscht bereits in dieser Welt.
Wie mein silbernes Fläschchen allerdings in Evas Besitz gekommen sein mag, ist nach wie vor ungeklärt. Doch was kümmern mich solche Nebensächlichkeiten, wo es endlich Nachrichten aus Rom gibt?
Nein, es ist nicht die lang ersehnte Bestätigung unserer Ehe – noch nicht.
Doch Papst Gregor VIII., der vor Kurzem erst seinen eigenen Sohn als legitim anerkannt hat, hat mir einen von ihm selbst geweihten Rosenkranz zukommen lassen, gefertigt aus Bernstein und Onyx, mit einem großen Christus am Kreuz, der mich jeden Tag daran erinnert, dass er für uns gestorben ist.
Mit seinem Tod hat er uns Sünder erlöst.
Wer also wäre ich, meine Schuld Eva gegenüber nicht zu bereuen und ihren kleinen Fehler großmütig zu verzeihen?
Ruta graveolens
auch genannt Raute, Augenkraut, Gnadenkraut
Positive Wirkung: Soll gegen Schlangenbisse, Pilz- und Eisenhutvergiftungen wirken. Fördert bei Männern und Frauen die Unkeuschheit, soll gegen Schadenzauber wirksam sein.
Negative Wirkung: Erhöht Blutzufuhr zum Becken: Krämpfe. Abtreibungsmittel, hieß in Frankreich »Kraut der schönen Mädchen«.
Kapitel XIV
WEINRAUTE
Schloss Ambras, März 1574
Andreas machte sich zur Abreise bereit. Noch keine 16 Jahre alt, sollte er mit einem stattlichen Gefolge nach Rom aufbrechen, um dort zum Kardinal ernannt zu werden. Mehr als ein Dutzend Wagen würden ihm folgen, schwer beladen mit den Ausstattungsstücken, die er für seinen künftigen Haushalt brauchte. An nichts war gespart worden, weder an Leinen und Damast noch an Silber- und Goldgeräten. Dazu kam ein großzügiges Geldgeschenk von Ferdinand, damit sein Ältester in der Ewigen Stadt auch standesgemäß leben konnte.
Philippines Hände waren schweißnass, und ihr Herz klopfte so stark, dass sie Angst hatte, es würde ihr aus dem Leib springen.
Was hatten sie nicht alles unternommen, damit es dazu gekommen war!
Doch dass es dann schließlich so schnell gehen würde, damit hatten sie nicht gerechnet.
Er war so jung, so ungestüm, so schnell erregbar.
Gestern hatte Andreas noch mit stumpfen Schwertern auf seinen jüngeren Bruder eingeschlagen, so zumindest kam es ihr vor. In wenigen Monaten sollte er einen Kardinalshut tragen. Wie würde er sich
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