Die schöne Rächerin
schien. Collis spürte, wie das Wasser über den Beckenrand in seine Stiefel rann, aber er hörte nicht zu pumpen auf. Rose schoss an ihm vorbei, warf die leeren Töpfe mit einem Schwung ins Wasser, der sie beide durchnässte, und hievte zwei volle heraus.
Collis wollte ihr helfen, doch er blieb, wo er war. Rose war schneller. Er war kräftiger. Das hier war die beste Methode. Er hätte auch nur einen Topf tragen können, ohne alles zu verschütten - seine tote Hand schien nichts greifen zu können, es sei denn, er sah genau hin.
Endlich spürte er, wie sich eine kleine, kalte Hand auf seinen guten Arm legte. »Schluss«, keuchte sie. »Es ist aus.« Die Küche stand zwar voller Rauch, aber von dem gefährlich flackernden Licht war nichts mehr zu sehen. Er streckte einen Arm aus, um Rose zu stützen und ließ die tote Hand vom Pumpengriff rutschen. Rose ließ sich einen Moment lang an ihn sinken.
Erst jetzt, da die panische Hast vorüber war, begriff Rose, wie nass und durchgefroren sie war. Ihre Kleider waren durch und durch nass, zumal sie auch noch gezwungen gewesen war, ihre Hose anzufeuchten, um die Beine vor der Hitze des Feuers zu schützen.
Aber Collis war warm und fühlte sich in der verrauchten Dunkelheit so solide wie ein Baum an. Sie wollte den Kopf an seine Schulter legen und all die Panik abschütteln, die noch tief in ihrem Inneren tobte.
Er hätte sich doch sicher nicht daran gestört, nach allem, was sie hinter sich hatten? Sich an jemand Starken anzulehnen … nur für einen Moment …
»Zur Hölle , verdammt!« Das Gebrüll kam aus der Arena.
Der Rauch hatte Kurt geweckt.
Rose sah Sir Simon Raines erschöpft dabei zu, wie er den Finger an die Lippen tippte und langsam den Raum abschritt, um den Schaden zu begutachten, den die »Lillian-Raines-Schule für die vom Glück nicht Begünstigten« genommen hatte. Der ehemalige Spionagechef und jetzige Schulleiter war üblicherweise ein fröhlicher Mensch, der sich gerne von seiner hübschen Frau Agatha necken ließ.
Jetzt, in den frühen Morgenstunden, machte er keinen so fröhlichen Eindruck. Tatsächlich hatte Rose ihn noch nie so grimmig gesehen. Er musterte sie beide verärgert. Collis lehnte mit verschränkten Armen ausgerechnet an dem Pfeiler, an dem das Seil vertäut gewesen war, das einst den gigantischen Kerzenleuchter gehalten hatte. Seine Miene zeugte von heiterer Sorglosigkeit. Über seinem Kopf, gerade so au ßer Reichweite, ragte das fragliche Wurfmesser aus dem Holz.
Rose konnte sich nicht entscheiden, ob sie nun schreiend in die Morgendämmerung laufen oder sich Simon zu Füßen werfen und um Gnade bitten sollte. Die Verwüstung um sie herum war absolut phänomenal.
Es hatte im Dunkeln und bei all der Panik schon schlimm ausgesehen. Jetzt, im hellen Licht der Laternen, die man hastig überall im Raum aufgehängt hatte, sah es noch viel, viel schlimmer aus.
Die riesige Matte war ruiniert. Nicht nur, dass der Aufschlag des Kerzenleuchters sämtliche Nähte aufgerissen hatte, in der Mitte befand sich zudem ein großes Brandloch. Und Rose versuchte nicht daran zu denken, wie die Matte unter jedem Schritt Seiner Lordschaft vor Nässe gegluckst hatte.
Das Wrack des gigantischen Eichenrads wirkte, wie es so in der Mitte des Raums lag, wie das letzte Aufgebot einer mittelalterlichen Festung. Die großen Speichen ragten wie zerbrochene Speere himmelwärts in Richtung der Rauchschwaden, die immer noch unter dem Deckengebälk trieben.
Um das Rund herum lagen die Dummys verstreut wie tote Soldaten. Rose erinnerte sich vage, dass sie die Strohpuppen vor kurzer Zeit selbst aus dem Regal geschleudert hatte. War es wirklich erst ein paar Stunden her? Jedenfalls waren die Puppen gleichfalls ruiniert, hatten das Wasser aufgesogen, das sie auf die glimmende Matte gekippt hatte. Sie würden niemals trocknen, sondern nur von innen heraus verschimmeln und verrotten.
Es war schlicht und ergreifend ein Desaster.
Rose versuchte erst gar nicht an den Schaden zu denken, den die überschwemmte, verrauchte Küche genommen hatte. Es würde tagelang dauern, bis die hungrigen Schüler sie wieder in Ordnung gebracht hatten.
Sir Simon blieb stehen, verschränkte die Hände auf dem Rücken und drehte sich, Zorn in den blauen Augen, zu ihnen um. »Feuer, Flut und Hungersnot … in einer einzigen kurzen Nacht. Ich muss sagen, ich hätte nicht gedacht, dass das zu schaffen ist.« Sein Tonfall verhieß nichts Gutes.
Rose rührte sich nicht, reagierte
Weitere Kostenlose Bücher