Die schöne Rächerin
gewesen war. Aber die garstige Köchin hatte sich entschlossen, ihr bis zum Ende des Tages jedes bisschen unbezahlte Kraft zu rauben, und Rose hatte, als sie Kohlen fürs Feuer gebracht hatte, nur einen kurzen Moment erübrigen können, um das Zimmer in Augenschein zu nehmen.
Es war ein Arbeitszimmer wie jedes andere. In einer Nische der vertäfelten Wand befand sich eine Säule von der Art, wie man sie verwendete, um ein aufgeschlagenes Buch zu präsentieren. Doch es stand eine Vitrine aus Mahagoni und Glas darauf, die etwas offenkundig Wertvolles enthielt.
Es befand sich nur ein Stück darin, eine goldene Medaille, die auf einem Samtbett ruhte. Auf dem gravierten Schild auf der Vitrine stand zu lesen: Tapferkeitsmedaille, (posthum) von Seiner Königlichen Hoheit George IV verliehen an Edward Wadsworth (1750-1813) für dessen unschätzbares Opfer im Namen der Krone.
Wie Louis die Ironie dieser Auszeichnung lieben musste.
Rose näherte sich der Vitrine und suchte nach sonderbaren Nahtstellen oder Kratzern. Der mahagonigerahmte Glasdeckel war versperrt, aber nur mit einem winzigen dekorativen Schloss, das jedes Kind mit einer Haarnadel hätte öffnen können. Außerdem war der Kasten recht flach, kaum tiefer als ein Bilderrahmen.
Sie legte vorsichtig die Finger um die Seiten und hob ihn an. So wie sie Louis kannte, hatte er sich den Faltenwurf des Samtes gemerkt. Sie hielt das ganze Ding am besten waagerecht, während sie den Boden begutachtete.
Der Kasten rührte sich nicht. Er war fest mit der Säule darunter verbunden. Seltsam. Rose ging auf die Knie, um nachzusehen.
Die prunkvolle Säule war aus Mahagoni, hüfthoch und im Stile einer Säule aus der Römerzeit geschnitzt. »Richtig teuer«, murmelte Rose, während sie mit der Hand jeden Zentimeter abtastete. »Und auch ein bisschen hässlich.« Sie fand nichts. Sie hockte sich auf die Fersen und sann einen Moment lang über die Säule nach. Sie war groß genug, um einiges darin zu verstecken, im Gegensatz zu der Vitrine darauf.
Die Vitrine. Rose ging auf die Knie, um die Vitrine aus Augenhöhe zu begutachten. Wie war sie an der Säule befestigt? Von außen schien da nichts zu sein, das sie festhielt, was bedeutete, dass jemand schwer darüber nachgedacht hatte, die Halterung zu … verbergen.
Sie war auf der richtigen Spur, sie wusste es. Sie machte die Augen zu und dachte an das, was sie in der Schule über Geheimfächer gelernt hatten. Lord Etheridge selbst hatte den Kurs abgehalten und diverse Exemplare mitgebracht; von kleinen Schubfächern, die in Tische eingebaut wurden, bis zu einem Mechanismus, der eine ganze falsche Wand bewegte.
»Die geheimsten Fächer sind oft am leichtesten zu finden, sobald man weiß, wonach man suchen muss«, hatte er zu den Schülern gesagt. »Etwas, das lose oder ungewöhnlich fest ist. Die meisten Amateure glauben immer noch, dass ihre Safes oder der weit verbreitete doppelte Boden sicher genug sind. Nur der Profi macht sich wirklich über das passende Versteck Gedanken - Gedanken, denen Sie folgen und die Sie entschlüsseln müssen.«
Entzückend. Sie musste wieder in Louis’ schmutzige Gedankenwelt zurück.
Collis trat in etwas Ekelhaftes, machte sich aber nicht die Mühe, es zu erwähnen. Der Tunnel, der aus den königlichen Gemächern nach draußen führte, war trocken und staubig und schon seit langem von königlichem Ungeziefer bevölkert. Der Dreck des königlichen Ungeziefers sah genauso aus wie der von gewöhnlichem Ungeziefer und roch auch genauso, stellte Collis fest.
Er hatte die Gemächer des Prinzen über eine steinerne Wendeltreppe verlassen, die einen kaum benutzten Eindruck machte. »Von Anfang an ins Carlton House eingebaut«, hatte George ihn informiert. »Für den Fall eines Aufstandes. Genau wie die Treppen, die aus dem Palast führen.«
Er hörte sich ein wenig stolz an, ganz wie ein Gastgeber, der sein Haus vorführte. »Die ganze Stadt ist untertunnelt, wissen Sie. Alte Flüsse, die überbaut worden sind; die Entwässerungs- und Abwasserkanäle - Sie können von hier aus praktisch jeden Stadtbezirk erreichen. Allerdings würde ich vorschlagen, dass wir die Kloaken meiden, was meinen Sie? Die königlichen Fluchttunnel sind doch etwas bequemer … zum größten Teil wenigstens. Ich habe sie seit Jahren nicht mehr benutzt, aber als junger Mann war ich oft hier unterwegs. Ich war mit meinen Pflichten als Prinz nicht sehr glücklich.«
Collis grunzte. Er hätte nicht Prinz sein wollen und wenn
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