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Die schöne Rächerin

Die schöne Rächerin

Titel: Die schöne Rächerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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genauer betrachtete, doch es gelang ihnen, ihn anzuheben, nachdem Rose die Schaufel des Prinzen als eine Art Hebel in den Spalt geschoben hatte. Nacheinander sprangen sie hinein und mussten allesamt feststellen, dass der Fall tiefer als erwartet war.
    Als die Lakaien die Gasse erreichten, fanden sie nur noch eine verbogene Schaufel und einen offenen Kanaldeckel vor. Und als sie mit ihren Laternen hineinleuchteten, war unten nichts als Finsternis zu sehen.

    Louis Wadsworth stand in Morgenmantel und Hausschuhen inmitten seines luxuriösen Arbeitszimmers und betrachtete die zerschmetterte Vitrine, die einst sein Meisterstück beherbergt hatte.
    Die meisten Männer, die ihre Träume zerschmettert auf dem Boden vorfanden, hätten gewütet, getobt, sogar geweint. Louis hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, niemals auch nur die Stimme zu heben. Er ließ es nicht zu, dass der Zorn ihn so überkam, wie es bei seinem Vater der Fall gewesen war.
    Sein hitziges Vorgehen hatte Wadsworth senior das Leben gekostet. Louis zog es vor, kühl zu agieren. Er hatte seit Jahren nicht mehr die Beherrschung verloren. Nicht seit jenem Vorfall mit diesem dummen Hausmädchen, als er gerade zwanzig Jahre alt gewesen war. Natürlich zählte die Sache eigentlich nicht, aber sie hatte Louis eine wertvolle Lektion erteilt.
    Also gab es kein Geschrei, keinen Tadel - überhaupt kein Wort. Er spürte wohl, wie sich seine loyalen Gefolgsleute in ihrer Haut zunehmend unwohl fühlten. Er hörte die schlurfenden Schritte, das Rascheln der Kleider, die Fragen, die sie einander zuflüsterten. Er überließ sie ihrer Angst, es beruhigte ihn. Sie rechneten mit einem Wutanfall. Warum hätte er ihren Erwartungen Rechnung tragen sollen? Es war viel drolliger, sich umzudrehen und sie anzulächeln. Und genau das tat er auch.
    Falls das überhaupt noch möglich war, wuchs die Anspannung im Raum nur noch weiter an. Sorge verwandelte sich in Entsetzen. Louis hätte am liebsten gelacht, doch er lachte nie. Doch dass seine robuste Mannschaft so verschreckt war, tat seiner Stimmung wohl.
    »Ich frage mich …«, sagte er sanft und sah zu, wie die Hälfte seiner Männer beim Klang seiner Stimme zusammenfuhr, »ich frage mich, wie jemand in mein abgesperrtes Haus eindringen konnte, in mein abgesperrtes Arbeitszimmer, wie jemand ein höchst geheimes Versteck entdecken, in meinem persönlichsten Raum eine Verwüstung anrichten und dann mit überaus wichtigem Material verschwinden konnte, ohne dass einer von Ihnen auch nur einen ordentlichen Blick auf ihn werfen konnte.«
    »Auf sie, Sir.«
    Louis fixierte einen der wagemutigeren Vertreter seiner Bande. »Sie … wie viele?«
    »Zwei«, sagte jemand.
    »Drei«, sagten ein paar andere. Die Gruppe war in zwei Hälften gespalten. Louis wartete, seine Geduld war schier unerschöpflich.
    »Es waren zwei Männer, Sir«, sagte der Erste, der gesprochen hatte. »Ein Großer und ein Dicker. Der Dicke war maskiert wie ein Straßenräuber.«
    »Drei«, widersprach einer. Aber seine Stimme zitterte.
    Louis legte den Kopf schief und musterte den Mann eindringlich. Der Mann fuhr fort, spuckte die Worte aus, als spräche er gegen seinen eigenen Willen.
    »Da waren der Dicke, der Große und diese Fr-« Der Mann neben ihm räusperte sich vernehmlich. Der Sprecher zögerte. »Dieses Frettchen.«
    Einer der anderen gab ein leises Geräusch von sich und verstummte wieder. Louis holte tief Luft. »Erzählen Sie mir von dem Großen. Dem ohne Maske.«
    Der erste und tapferste Sprecher nickte. »Er war ziemlich groß, Sir. Und schwarzhaarig. Jung, oder zumindest nicht alt.«
    Louis atmete langsam aus. So einen Mann hatte er ausgerechnet am heutigen Tag kennen gelernt und ins Haus mitgebracht, wenn auch nicht ins Arbeitszimmer. Ein Mann mit interessanten Verbindungen - Verbindungen, die Louis’ Familie eine erstaunliche Menge Schaden zugefügt hatten. Doch er hatte in einem solchen Maße von diesem Schaden profitiert, dass er es nicht persönlich genommen hatte.
    Bis jetzt. Louis beäugte den Sprecher eine ganze Zeit lang. Der Bursche sah ihn wachsam an, war offenkundig aber nicht so verängstigt wie die anderen. Ein Starker also. Der konnte ihm noch nützlich sein.
    »Ich habe einen kleinen Job für Sie.« Louis winkte die anderen freundlich hinaus. »Sie können gehen. Gehen Sie auf meine Rechnung ein Bier trinken. Aber nicht zu viel. Ich brauche Sie später vielleicht noch.«
    Die dummen Kerle schienen erleichtert, blinzelten ihn erfreut an.

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