Die schöne Rächerin
amüsierte. In einem Glockenturm oder einem Tierkäfig … er sah zu der festungartigen Fassade des Gebäudes auf … oder in einem Verlies.
Es dauerte nicht lange, denn es ging nur eine Treppe weit hinab. Die massive Tür hätte ein Problem sein können, doch die trägen Wachen hatten aus Bequemlichkeit den Schlüssel stecken lassen. Gott schütze die faulen Männer!
Als Rose und Ethan sich in den großen Lagerraum schoben, stockte Rose der Atem. Collis und der Prinz hingen an den Handgelenken an der Mauer wie die Gefangenen in der Bastille. Collis drehte den Kopf, als er das leise Geräusch hörte, und er blinzelte in die Schatten.
»Wer ist da?«
Ethan pfiff leise. »Gütiger Himmel, Col. Wessen Frau hast du jetzt wieder geküsst?«
Collis’ Augen weiteten sich. »Damont! Was machen Sie denn hier?«
»Ihre Verlobte hat mich mitgebracht.«
»Sie ist nicht meine Verlobte.«
»Ich bin nicht seine Verlobte.«
Die simultane Verneinung brachte sogar den Prinzen zum Lachen. Ethan legte den Kopf schief und schürzte die Lippen. »Gut, dann heirate eben ich sie«, sagte er beiläufig.
Rose schob sich an ihm vorbei. »Wohl kaum, Sie alter Säufer.«
So sehr sie auch zu Collis wollte, sie wusste um ihre Pflichten. Sie begutachtete die Fesseln des Prinzen. Es gab keine Kette, die Eisenfesseln waren direkt am Stein befestigt.
Der Prinz beäugte Ethan über die Schulter. »Ich habe Sie schon einmal gesehen. Damont?« George kniff die Augen zusammen. »Sie sind kein Liar!«
Ethan zwinkerte. »Oh, hie und da schon.«
»Keine Sorge, Eure H - ah, mein Freund. Ethan ist vertrauenswürdig«, schaltete Collis sich ein.
George betrachtete Collis einen langen Moment lang. »Sie würden ihm Ihr Leben anvertrauen?«
Collis lächelte ein klein wenig. »Mehr noch. Ich vertraue ihm Ihres an.«
Ethan räusperte sich. »Ich denke, wir sollten wirklich zusehen, dass wir hier rauskommen.« Er schob das Brecheisen zwischen die Wand und Georges Fesseln. »Passen Sie auf Ihre Handgelenke auf«, warnte er. Dann stemmte er mit Roses Hilfe sein ganzes Gewicht auf die Eisenstange und versuchte, den Haltebolzen aus dem Stein zu hebeln.
Rose glaubte einen Moment lang schon, sie hätten es geschafft, aber der Bolzen hatte sich nur ein wenig verbogen, ließ das Brecheisen abrutschen und Rose und Ethan hintenüber zu Boden fallen.
»Autsch«, sagte der Prinz mit sanfter Stimme, aber Rose hörte Collis stöhnen. »Sie bluten, Sir!«
Rose sah entsetzt, wie ein dunkler Strom am nackten, nach oben gestreckten Arm des Prinzen hinunterlief. Das Eisen hatte am Handgelenk das Fleisch aufgerissen. »Oh nein!«
Ethan stand auf, klopfte sich ab und hob die Laterne, um die Wunde zu begutachten. Dann zuckte er die Achseln. »Wird eine kleine Narbe geben, aber ich habe die Ader verfehlt. Sie überleben das schon.« Er drehte sich um und sah Roses und Collis’ entsetzte Blicke. »Was denn?«
Rose schob ihn zur Seite, um ein sauberes Taschentuch auf das Handgelenk des Prinzen zu pressen. »Ist alles in Ordnung, Sir?«
Der Prinz nickte, einen belustigten Ausdruck im Gesicht. »Wissen Sie, ich glaube, ich mag ihn.«
Ethan schnaubte. »Mein Güte, das will ich auch hoffen. Ich bin schließlich nur deshalb hier, um Ihren dicken Hintern aus diesem Loch zu retten.«
Der Prinz zwinkerte. »Aber vielleicht auch nicht.« Ethan zuckte die Schultern. »Interessiert mich keinen Deut.« Er wandte sich Collis’ Fesseln zu. »Lass uns sehen, ob die hier leichter aufgehen als die deines Onkels.«
»Nein«, befahl Collis. »Erst er.«
Ethan ließ die Hände sinken. »Wer macht das hier, ich oder du?«
Rose nahm Ethan das Stemmeisen ab. »Wirklich, Mr. Damont, wir müssen es so machen. Seine Ho - sein Onkel zuerst.«
»Ja«, stimmte der Prinz milde zu. »Meinen dicken Hintern zuerst, wenn ich bitten darf.« Er begutachtete Ethan. »Nur so aus Neugier, warum halten Sie mich für Collis’ Onkel?«
»Gleiches Kinn unter den Kratzern. Ich habe Collie schon das eine oder andere Mal nach einer Schlägerei gesehen, wissen Sie. Man erkennt praktisch nichts mehr, bis auf das blöde Kinn.« Ethan ächzte vor Anstrengung, aber das Eisen bewegte sich kaum. Er hielt inne, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen, dann grinste er den Prinzen an. »Abgesehen davon sehen Sie so aus, als hielten Sie es mit Wein, Weib und Gesang, genau wie unser alter Collis hier.«
Collis schnaubte. »Wenn man Rose glaubt, ist die Aristokratie ohnehin ein degenerierter
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