Die schöne Rivalin
Elfenbeinschnitzereien lagen. So einen Lackaffen brauche ich nicht zu fürchten.
Daß Sonja ihn stehenließ wegen eines solchen wandelnden Modejournals, verletzte Mischas Stolz. Aber es brachte ihm auch etwas zu Bewußtsein, das er noch nicht kannte und zum erstenmal erlebte. Ihm war auf einmal klar, daß Sonja ihm viel mehr bedeutete als eine Ferienbekanntschaft. Er spürte ein schweres Herz.
Kommissar Jean Bouchard fand wieder einmal eine alte Erkenntnis bestätigt – nämlich, daß das Leben doch nicht ganz so übel ist, wie oft behauptet wird. Der Mensch, der sich wenigstens einen kleinen Rest des Glaubens an das Gute erhalten hat, kommt letzten Endes doch noch zu seinem Recht. Man muß natürlich hartnäckig bleiben und Geduld entwickeln. Und weil Bouchard in dieser Beziehung ein Vorbild war, lag tatsächlich eines Tages die weiße Jacht, die er gesucht hatte – die Jacht, die auf dem gestohlenen Foto zu sehen war – direkt vor ihm. Im Hafen von Cannes schaukelte sie im öligen Wasser, wurde von zwei Matrosen geputzt, hatte Flagge gesetzt und machte den Eindruck, als solle sie bald zu einer Lustfahrt auslaufen.
Bouchard notierte den Namen des Schiffes und rief vom nächsten Bistro aus die Zulassungsbehörde an. Im Schiffsregister war die Jacht ›Afrika II‹ als Neuerwerbung verbucht, und Bouchard erlebte seine zweite Überraschung:
Der Besitzer des Schiffes war Roger Corbet.
Sieh an! dachte Bouchard, rauchte eine Zigarette an, bestellte sich einen Pernod und sah auf die heiße Straße hinaus. Ausgerechnet Corbet, mein ganz persönlicher ›Freund‹. Das trifft sich gut. Mein großer Ärger ist nur, daß man diesem Gangster nichts beweisen kann. Besuchen werde ich ihn trotzdem; vielleicht verunsichert ihn das ein bißchen.
Corbet war ungemein freundlich, als der Diener ihm den Besuch Bouchards meldete. Durch die riesigen Fenster der weißen Villa auf den Klippen flutete die Abendsonne, von goldgelb in blutrot übergehend. Das Meer schimmerte orangefarben, die Felsen glänzten violett. Eine Sinfonie von Farben, das Sterben der Sonne in letzter Pracht.
»Sie bei mir, Kommissar?« rief Corbet und schüttelte Bouchard die Hand. »Welch seltener Besuch! Wann sahen wir uns zuletzt?«
»Vor einem Jahr! Einer Ihrer Bekannten hatte behauptet, über Sie Morphin bekommen zu haben. Ehe die Verhandlung beginnen konnte, war der Mann tot. In der Zelle vergiftet.«
Corbet zuckte die Schulter. »Man sollte Untersuchungsgefangenen keine Pilzgerichte geben.«
»Dieser Mann starb an Zyankali«, stellte der Kommissar richtig.
»Ich erinnere mich!« rief Corbet scheinheilig und machte eine einladende Handbewegung zu einem der tiefen Sessel. Dann ging er, während Bouchard sich setzte, zur Bar und holte eine Flasche Champagner. »Ich freue mich über Ihren Besuch, Kommissar. Wie wäre es mit einem kleinen Begrüßungstrunk?«
»Danke. Ich will nicht lange bleiben. Sie haben eine neue Jacht?«
»Ja«, nickte Corbet und setzte sich. »Afrika II. Die alte ›Afrika‹ war zu langsam und auch zu breit. Die neue ist schnittiger, wissen Sie; sie macht schnellere Fahrt. Und auch die Einrichtung ist moderner.«
»Ich nehme an, sie hat auch viel mehr Stauraum.«
»So ist es! Aber seit wann interessieren Sie sich für Jachten, Kommissar? Wollen Sie sich ein Boot anschaffen? Da sind Sie bei mir an der richtigen Adresse. Ich weiß ein paar günstige Gelegenheiten. Boote, mit denen Sie nicht angeschmiert sind. Sie müssen es mir nur früh genug sagen.«
»Sie haben viele Freunde an Bord?«
»Ich liebe Freunde. Ich habe gern Menschen um mich.«
»Wie ich gehört habe, sind Sie fotoscheu.«
»Fotoscheu? Ich?« Corbet lachte. »Das kann nur ein Mißverständnis sein. Wollen Sie meine Fotoalben sehen? Corbet in jeder Lebenslage. Nein, nein, ich war nie fotoscheu. Warum auch?«
»Wie erklären Sie es, daß in St. Tropez durch Diebstahl ein Bild Ihres Schiffes verschwunden ist? In der Nacht darauf hat man den Fotograf Zambatti fast erwürgt; er sollte das Negativ dieses Fotos herausgeben. Dabei hatte er es gar nicht.«
»Was Sie nicht sagen, Kommissar! Verstehe ich nicht, wie so was im schönen St. Tropez passieren kann.« Corbet schüttelte scheinbar ratlos den Kopf. »Zustände sind das!«
»Sie waren darüber nicht informiert?«
»Kein bißchen, ich schwöre es Ihnen! Ich lebe in Cannes. St. Tropez sehe ich nur vom Meer aus, wenn ich daran vorbeischippere.«
»Auf dem gestohlenen Foto waren außer Ihrem Schiff zwei
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