Die schöne Rivalin
es glühend, als er das sah. Das ist doch unmöglich, das geht doch nicht, das kann nicht sein. Will sie tatsächlich in den Wagen dieses dämlichen Angebers steigen und mich stehen lassen? Läßt sie sich einlullen von dieser Stimme, von diesen dämlichen Phrasen?
Er machte zwei große Schritte und stellte sich Sonja in den Weg.
»Ich bitte dich … nur ein paar Worte«, sagte er rauh. »Daß ich hier warte, muß dir doch sagen … Sonja!«
Eine Stimme, die von hinten kam, unterbrach ihn. Eine klebrige Stimme.
»Unterlassen Sie es gefälligst, die Dame zu belästigen«, sagte Bombani so melodiös, als sänge er. »Die Dame gehört zu mir …«
Das war der Moment, in dem Mischa Heideck rot sah. Es gibt im Leben Sekunden, in denen man instinktiv das Richtige tut. Hinterher weiß man nicht mehr, warum man ausgerechnet so und nicht anders handelte – aber man freut sich und ist stolz auf sich selbst.
Jedenfalls: Auf den süffisanten Ton Bombanis sprang Mischa Heideck vor, packte den verdutzten Italiener vorn am Anzug und drückte ihn gegen die Hauswand. Bevor Sonja etwas sagen konnte, klebte Bombani in der Türnische des Nebeneingangs.
»Rühr dich nicht!« sagte Mischa heiser vor Erregung. »Wage bloß nicht, dich zu wehren, sonst knallt es. Und hör gut zu: Die ›Dame‹, wie du so vornehm sagst, gehört dir einen Dreck. Wenn ich dich jetzt loslasse, wetzt du ab wie der Blitz. Und sollte ich dich noch einmal in der Nähe von Sonja sehen, dann fliegst du in die nächste Apotheke und kannst dort essigsaure Tonerde zum Kühlen holen – haben wir uns verstanden?!«
»Signore!« ächzte Bombani; er ließ sich nicht so leicht unterkriegen. »Man sollte die Dame entscheiden lassen!«
Im selben Augenblick schlug Sonja mit ihrer Faust Mischa in den Rücken, und ihre Augen blitzten wild.
»Bist du verrückt?« zischte sie. »Was fällt dir ein! Laß ihn sofort los!«
»Ich denke nicht daran. Erst muß er mir versprechen, weder dir noch mir jemals wieder unter die Augen zu kommen.«
»Was geht das dich an?« fauchte sie. »Ich bin mit ihm verabredet.«
»Mit diesem windigen Typ? Diesem … diesem berufsmäßigen Liebhaber?«
»Unverschämtheit! Woher willst du das wissen? Du kennst ihn doch gar nicht. Außerdem: Seit wann hast du etwas gegen Liebhaber?«
Mischa wurde unsicher. »Ich kenne dich nicht wieder!« stotterte er.
»Du kennst mich überhaupt nicht!« Sonjas Augen glühten. »Du wirst mich nie kennenlernen. Kümmere dich lieber um dein Tennismädchen … Herr Bombani, kommen Sie, wir fahren!«
Mischa hatte sich wieder gefangen. »Der Kerl wird keine Lust haben, mit wackeligen Zähnen Serenaden zu singen«, meinte er, »denn die schlag' ich ihm ein. Jedenfalls wird er nicht mit dir wegfahren, selbst wenn ich deswegen nachher tausend Mark Strafe zahlen oder ins Gefängnis muß.«
»Doch, er fährt mit mir!« schrie Sonja trotzig.
»Nein!« schrie Mischa Heideck dagegen.
Überraschend ließ er Bombani los und packte Sonja blitzschnell an beiden Handgelenken. Ehe sie recht wußte, wie ihr geschah, hatte er sie über die Straße zu seinem Wagen gezerrt. Dort gab er ihr einen Stoß, daß sie in den Sitz fiel, setzte mit einem gewaltigen Sprung über sie hinweg, landete hinter dem Steuer und drehte den Zündschlüssel. Der Motor heulte auf, und der Wagen raste davon wie von einer Raketenrampe abgeschossen. Sonja wurde nach hinten gepreßt und hielt sich krampfhaft irgendwo fest.
»Du bist wahnsinnig!« schrie sie. »Du hast 'ne Meise! Halt sofort an!«
»Darauf kannst du lange warten. Wir fahren jetzt bis ans Ende der Welt.«
»Ich springe aus dem Wagen …«
»Das hätte wenig Sinn. Wir sind bei hundertzwanzig. Es wäre schade um dich und deine Schönheit.«
»Ein Biest bist du!« rief sie hilflos. »Aber warte, Rache ist süß. Du wirst es noch bereuen.«
Unterdessen ordnete Ricardo Bombani sorgfältig seinen Anzug, strich sich über die glatten schwarzen Haare und ging zu dem geliehenen Auto. Diese Deutschen, dachte er. Haben kein Benehmen. Ein Glück, daß ich kein Sizilianer bin – sonst hätte ich jetzt die Pflicht, den Nebenbuhler zu töten … Sinnend setzte er sich in den Wagen und überlegte. Was tun? Aufgeben konnte er nicht. Ohne das Negativ dieses verdammten Bildes durfte er nicht zurück, sonst war er erledigt. Er mußte noch mal auf andere Weise versuchen, an das Foto heranzukommen …
Mischa Heideck war aus der Stadt hinausgejagt und fuhr nun an der Elbe entlang. Dann bog er ab und
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