Die schöne Rivalin
hin und her. Seine Augen spiegelten fassungsloses Erstaunen. »Der Korb … er ist leer …«
»Leer …? Unmöglich!«
Sie nahm ihm den Korb aus der Hand, klappte ihn auf, war jetzt ebenso fassungslos wie Bombani. Tatsächlich leer – bis auf ein paar Krümel Brot. Völlig leer.
»Aber … gestern abend …«, stotterte sie.
Bombani ballte die Fäuste. »Jemand hat uns bestohlen. In der Nacht war einer hier, während wir schliefen, und hat unser Essen geklaut. Ein Dieb, der …« Er tastete nach seiner Brieftasche, holte sie heraus, blickte hinein und warf sie mit einem fürchterlichen Fluch auf den Waldboden. »Das Geld!« schrie er. »Alles Geld ist weg! Der Kerl war im Wagen und hat mir die Moneten aus der Tasche entwendet!«
Sonja wurden die Knie weich, sie mußte sich auf die Stoßstange setzen. »Im Wagen …«, stammelte sie. »Wir hatten die Türen nicht verriegelt. Er war … o Gott, was hätte da passieren können …«
»Jammern Sie nicht um die Unschuld, die keiner geklaut hat! Aber mein Geld ist weg, meine Scheine. Alles! Können Sie sich vorstellen, was das bedeutet? Wir befinden uns mitten in Frankreich und besitzen keinen Centime. Wir können uns nichts zu essen kaufen, wir können kein Benzin mehr bezahlen, wir sind Landstreicher geworden!«
»Rufen Sie doch Ihren mächtigen Freund in Cannes an.«
»Auf keinen Fall!« Bombani setzte sich auf den Kotflügel, so gut das ging. Er wirkte wie ein gebrochener Mann. Corbet anrufen – welch ein verrückter Gedanke! Der würde ja dann sofort merken, wie nachlässig er, Bombani, seine Befehle ausführt. Wenn er erfuhr, daß sie noch nicht viel weiter als bis Dijon gekommen waren, schickte er ihnen glatt einige Killer entgegen, die kurzen Prozeß machen würden … Nein, an eine Hilfe aus Cannes war überhaupt nicht zu denken.
»Wieviel Geld haben Sie in der Tasche, bella?«
»Mal sehen.« Sonja zählte ihre Piepen und hob dann die Schultern. »Das kann ein Spatz auf dem Schwanz wegtragen. Vierundfünfzig deutsche Mark und neunzig Pfennig. Nicht der Rede wert, wie?«
»Dio mió!« Bombani schlug die Hände zusammen. »Das reicht ja nicht einmal für Benzin! Dieser Mistwagen frißt Benzin, wie eine Kuh Wasser trinkt – eine Katastrophe!« Er stützte den Kopf in beide Hände und starrte trübsinnig in den Wald. Die Sonne glitzerte durch das Geäst der Bäume und zauberte goldene Streifen auf die Stämme und den Boden, doch war Bombani in einer Verfassung, daß er Naturschönheiten nicht mehr aufnehmen konnte. »Wo bekommen wir Geld her? Ohne geht es nicht weiter, aber wir müssen weiter. Was können wir tun?«
»Ich wüßte etwas«, erwiderte Sonja.
»Ja?« Bombani sah sie traurig an.
»Wir nehmen mein Geld, wechseln es ein und rufen vom nächsten Ort aus meinen Vater an. Er schickt telegrafisch jede Summe, wenn er mich wiederbekommt.«
Bombani nickte trüb. »Das haben Sie sich fein ausgedacht. Leider ist es ein Ausweg, der uns verschlossen bleibt. Wir müssen also etwas anderes finden.«
In Hamburg saß Kriminalobermeister Maschner etwas ratlos vor einem Fernschreiben, das soeben eingetroffene war. Kollege Bouchard, der Kommissar aus Cannes, bat darin um Amtshilfe. Man solle doch so freundlich sein, in der Wohnung der verschwundenen Sonja Bruckmann sämtliche Ferienfotos vom Sommer – sowohl die Abzüge als auch die Negative – durchzusehen und nach einem Bild zu fahnden mit Meer, Felsen und Strand und einem Schiff im Hintergrund. Der Vordergrund müsse zwei Personen im Gespräch zeigen.
»Ferienfotos!« sagte Maschner. »Verstehen Sie das? Die haben vielleicht Sorgen in Frankreich!«
Trotzdem schickte er zwei Beamte los, die Thomas Bruckmann in Sonjas Zimmer führte. Er zeigte ihnen die entwickelten Fotos, zwei Fotoalben und die Negative in dem als Buch getarnten Karton. »Bitte, suchen Sie, was Sie brauchen. Ich weiß allerdings nicht, was das soll. Glauben Sie etwa, auf einem der Fotos könnte der Entführer sein?«
Natürlich konnte er nicht ahnen, wie nahe er der Wahrheit war; daß tatsächlich nach einem Bild gesucht wurde, auf dem sich diejenigen Männer befanden, die für Sonjas Entführung verantwortlich waren.
Die Polizisten packten die Bilder, die Alben und die Fotonegative zusammen, schoben sie in einen Pappkarton und verschnürten ihn. »Wir handeln nur im Auftrag«, sagte einer von ihnen. »Näheres können wir Ihnen leider nicht sagen.«
Es war ein bedauerlicher Zufall, daß zu diesem Zeitpunkt Mischa Heideck nicht
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