Die schöne Rivalin
rief er, »an den Tag, an dem Sie so wütend waren und diesen Hamburger Lümmel abservierten – es war ein Genuß, das zu sehen. Diese wilden Augen, dieser vor Temperament zitternde Körper! Wie feurig müssen Sie erst in den Armen eines richtigen Mannes sein!«
»Und dieser Mann sind Sie, nicht wahr?«
Bombani beugte sich lächelnd vor. Leider war die Möglichkeit einer Annäherung begrenzt, denn zwischen ihm und Sonja lagen Brot, Butter und Wurst. Einige Waldameisen krochen über die Decke; Bombani schnippte sie mit den Fingern weg. »Sie sollten es aufgeben, die Unnahbare zu spielen und sich zu verstecken.«
»Wieso? Was meinen Sie?«
»Ich fühle es, daß Sie mich mögen. Ganz deutlich fühle ich das!«
Sonja mußte lachen. »Na ja, unsympathisch sind Sie nicht. Aber wie soll ich vergessen, daß …« Ganz plötzlich wurde sie wieder ernst und setzte sich kerzengerade hin. »Mir kommt da ein böser Verdacht, Ricardo! Seien Sie ehrlich: Das mit dem Auftrag aus Cannes … der Befehl, mich zu entführen … es ist eine Lüge, nicht wahr? Ein ganz raffiniert ausgedachter Schwindel, wie? Sie haben mich aus eigenem Entschluß gekidnappt in der Hoffnung, mich auf dieser gewaltsamen Reise erobern und verführen zu können. Sie haben sich zusammenfantasiert: Fahr mit ihr mal quer durch Europa, dann gewöhnt sie sich an dich, und wir werden ein richtig schönes Liebespaar. Ist es so, Ricardo?«
»Wenn Sie ›Ricardo‹ sagen, bin ich unbesehen bereit, alles zu gestehen.« Er seufzte tief. »Aber bei dieser Sache wäre es … Leider haben Sie unrecht. Ich bin gezwungen, Sie nach Cannes zu bringen.«
»Zu wem?«
»Das darf ich Ihnen nicht sagen.«
»Ach!« Sonja warf ihr angebissenes Brot hin und schüttete in gespielter Wut ihren Becher Wein ins Gras. »Sie entführen mich, haben Geheimnisse vor mir, folgen verbrecherischen Befehlen – und dann bilden Sie sich ein, ich könnte mich von Ihnen vernaschen lassen. Denken Sie, ich bin pervers? Ein mannstolles, lüsternes Luder? Da sind Sie aber falsch gewickelt! Oder haben Sie eine sexuelle Macke und bumsen jede, die Ihnen vor die Flinte kommt, ganz egal, ob sie will oder nicht?«
Sie sprang auf, schüttelte ihre langen blonden Haare und stampfte mit den Füßen auf. Das ist die Gelegenheit, dachte sie. Damit halte ich ihn mir vom Leibe. Der Konflikt wird ihn mehr beschäftigen als sein Begehren.
Bombani starrte sie bewundernd an. Er liebte solche wilden, hemmungslosen Szenen, auch wenn er jetzt das Opfer war. Welch ein Mädchen, welch ein Weib! Sie zu erobern, das ist selbst die Lebensgefahr wert, in die ich damit gerate. Aber sie muß es auch selbst wollen, sonst ist es kein echter Sieg.
»Ich gehe jetzt schlafen«, sagte Sonja, nahm ihre Decke vom Waldboden und fügte hinzu: »Ich schließe mich im Wagen ein.«
»Bella bionda!« Bombani sprang nun ebenfalls auf. »Sie wollen mich im Freien schlafen lassen?«
»Natürlich.«
»In der Nachtkälte?«
»Es ist noch Sommer, und Sie sind doch sicher abgehärtet.«
»Nein, das bin ich nicht! Ich bin ein anfälliger Mensch. Ich bekomme schnell einen Schnupfen. Stellen Sie sich den Anblick vor, wenn ich vor Ihnen stehe mit tropfender Nase …«
Sonja mußte schon wieder lachen. Sie fühlte sich in seltsame Widersprüche verstrickt. Bombani war ein Gauner, ein Verbrecher, ein Lügner, ein Lump – aber er war von allen Gaunern sicherlich der charmanteste. Er hatte einen guten Kern. Er nutzte es nicht aus, daß sie sich in seiner Gewalt befand. Ein anderer Kerl hätte sie schon längst brutal vergewaltigt. Deshalb durfte sie das Spiel auch nicht zu weit treiben und mußte es vermeiden, ihn allzusehr zu reizen.
»Wenn Sie mir nicht sagen, wer mich in Cannes unbedingt sehen will …«, versuchte sie ihn noch einmal zu provozieren. Bombanis Gesicht zerknitterte wie Papier.
»Das Leben ist so kurz, und man hat es nur einmal … da sollte man es sich so schön wie möglich machen«, meinte er vieldeutig.
Sonja spürte die Bedrohung. Erneut überfiel sie eine unbestimmte Angst. Wer wartete da in Cannes auf sie? Was wollte der Unbekannte?
Solange sie mit Bombani allein war, geschah ihr nichts. In Cannes aber würde etwas Schreckliches auf sie zukommen. Was sollte sie also tun?
Vor allem mußte sie Bombani bei guter Laune halten und die Reise nach Cannes verzögern. Vielleicht löste sich alles ganz plötzlich irgendwie von selbst. Oder es ergab sich eine Situation, die doch noch eine Flucht ermöglichte.
»Dann kommen
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