Die schöne Spionin
treffen.
Und was waren sie nun? Ein Liebespaar mit unsicherer Zukunft?
»Du solltest jetzt gehen«, sagte er schließlich.
»Ja.«
»Einen Kuss noch«, verlangte er.
Vorsichtig und sich der Zerbrechlichkeit dessen bewusst, was sie heute Nacht begonnen hatten, küssten sie einander.
Simon hätte sie liebend gerne bei sich behalten. Um die Welt auszuschließen und tagelang mit ihr im Bett zu bleiben.
Die Macht dessen, was vor ihnen lag und was hätte sein können, ließ ihn demütig werden und schmerzte, weil es nie sein durfte. Er ließ die Hände über ihren Hals und ihre Schultern gleiten und schwor ihr wortlos, dass er ihr immer zeigen würde, wie schön sie war, wenn sie Liebe machte.
Dann war sie fort, huschte mit einem Lächeln aus dem Raum, das ihm wehtat. Er war wieder allein.
Natürlich.
An diesem Morgen war die Luft über dem Frühstückstisch zum Schneiden dick. Simon war sich der Tatsache, dass Agatha am anderen Ende der Tafel saß, durchaus bewusst, aber er konnte sie nicht ansehen, aus Angst sich zu verraten, denn er wollte sie nur noch an einen sicheren und sehr, sehr privaten Ort bringen.
Als James verspätet erschien und sich mit einem gleichgültigen »Guten Morgen« in den Stuhl gegenüber fallen ließ, platzte Simon der Kragen.
»Endlich auf, du Penner? Faultier! Ich kann nicht glauben, dass ich dich je für qualifiziert genug gehalten habe, den Club zu übernehmen.«
James erstarrte mit der Gabel voller Rührei kurz vor dem Mund. »Was habe ich denn getan?«, fragte er.
Simon lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Du hast sie gestern aus dem Haus gehen lassen.«
James zuckte abwehrend die Achseln. »Sie war schon weg, bevor ich aufgestanden bin. Zur Hölle, sie war schon weg, bevor die Sonne richtig aufgegangen war.«
Agatha schaltete sich mit schuldbewusster Miene ein. »Es tut mir Leid, dass du dir Sorgen um mich gemacht hast, Jamie…«
»Ich hab mir keine Sorgen gemacht. Pearson hat gesagt, sie sei bei dir, Simon.«
»Aber sie war nicht
bei
mir. Sie hat mich beschattet.«
Agatha schnaubte entrüstet. »Bin ich vielleicht nicht hier?«
Simon schaute sie nicht einmal an.
Jamie grinste. »Sie ist gut, oder?«
»Nicht so gut, dass sie sich nicht in Gefahr brächte.«
»Ich werde hier wohl nicht gebraucht.« Agatha legte die Gabel weg.
»Kein Grund sich gleich ins Hemd zu machen, Simon. Feebles war ja hinter ihr.«
Agatha beugte sich vor. »Was? Wer oder was ist Feebles?«
Simon überhörte die Frage. »Feebles ist ein Kurier, kein Leibwächter«, sagte er an Jamie gewandt.
»Aber im Zweifelsfall auch gut mit dem Messer.«
»Auf der Straße vielleicht. Gegen ausgebildete Männer hat er keine Chance.«
Agatha sah konfus von einem zum anderen. »Wartet, wollt ihr etwa sagen, dass jemand
mir
gefolgt ist?«
James sah Simon finster an. »Jeder von uns könnte gegen ausgebildete Männer verlieren, Simon. Sogar du.«
»Der Punkt ist, James, du hast sie nicht im Haus gehalten.«
Ein gellender Pfiff ertönte, und beide Männer drehten sich erstaunt zum Kopfende. Agatha nahm die Finger aus dem Mund und lächelte süß.
»Hallo, ich bin Agatha Cunnington, und das hier ist mein Haus. Wenn ihr schon so tun müsst, als sei ich nicht existent, dann diskutiert wenigstens anderswo weiter.
Ohne
meine Köchin.« Ihr Lächeln wurde ein wenig boshaft. »Habe ich mich klar ausgedrückt?«
»Natürlich, Agatha.«
»Entschuldige bitte, Agatha.«
»Danke. Und jetzt wüsste ich gerne, weshalb ich von einem so genannten Feebles verfolgt worden bin.«
James zuckte die Schultern. »Er ist ein Liar und bewacht das Haus. Ich dachte, das wüsstest du.«
»Woher soll ich das wissen? Pflücke ich mir mein Wissen wie mit Zauberhand aus der Luft?«
Sie wandte sich an Simon. Ihr Blick war zärtlich und gleichzeitig entrüstet. »Simon, gibt es noch etwas, das ich wissen sollte?«
»Feebles ist der Mann für den Tag. Kurt macht die Nachtwache.«
»Kurt? Der entzückende Koch aus dem Club?«
»Du hast sie in den Club mitgenommen?«, stotterte James.
Simon legte den Kopf schief und betrachtete James. »Mein lieber Freund, deine Schwester ist mir nicht nur zum Club gefolgt, sie hat sich auch ohne mein Wissen Einlass erschlichen und hat dann Jackham dazu überredet, ihr eine Stelle zu geben und die Schlüssel für sein Büro.«
James sah seine Schwester ehrfürchtig an. »Ist nicht wahr, oder?«
Agatha zeigte keinerlei Anzeichen von Reue, sondern lächelte selbstgefällig.
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