Die schöne Teufelin
und Titel und dieser ganze Kram sind mir egal. Ich bin ein Anhänger vom guten alten Napoleon, auch in dieser Hinsicht. Ein Mann ist, was er aus sich macht. Ein Mann von Beständigkeit und Ehre – also so ein Mann ist meiner Ansicht nach so gut wie ein Lord.« Er nahm einen langen Zug von seiner Zigarre. Der Rauch kräuselte sich zwischen ihnen, verschleierte die Augen Seiner Lordschaft, verbarg sie vor Ethans Blick. Der Nebel schien in Ethans Vorstellung Gestalt anzunehmen, bis er seine Zukunft in der gekräuselten Luft erahnte.
Maywell fuhr fort, mit einer Stimme so tief und sanft wie die eines Hypnotiseurs. »So gut wie ein Lord – gut genug, um eine Lady zu heiraten … Würden Sie das wollen, Damont? Würden Sie Jane gerne heiraten, voller Stolz an ihrer Seite stehen, von ihren Verwandten wohlwollend aufgenommen, durch meine Stellung gegen alles gefeit, was die Gesellschaft darüber reden mag?«
Sehnsucht übermannte Ethan, raubte ihm den Atem wie ein Schlag in die Magengrube. Jane zu heiraten – ihr Mann
zu sein, ein Teil ihrer Familie, ihre Hand mit dem Segen ihrer Familie zu erhalten, bis ans Ende seiner Tage mit ihr zu leben, jede Nacht in ihren Armen zu liegen …
Er musste nichts weiter tun, als Lord Maywell bei seinem geheimen Kreuzzug beizustehen – bei einer Sache, die Ethan selbst nicht gänzlich unsympathisch war.
Um die Wahrheit zu sagen: Was schuldete er schon den Liars ? Oder, da er schon mal dabei war, der Krone? Oder England? Er hatte als Mann für sein Leben kämpfen müssen, für jedes Fitzelchen an Respekt und Akzeptanz, und doch hatte er nirgendwo wirklich dazugehört.
Lord Etheridge hatte das erkannt. Deshalb hatte er Angst, aus diesem Grund hatte er Ethan nicht voll und ganz unter den Liars aufgenommen. Dieser Mangel an Vertrauen versetzte Ethan einen weiteren Schlag und kontrastierte unvorteilhaft mit Lord Maywells Angebot.
Grimmig überlegte Ethan, ob Etheridge wohl jemals erfahren würde, dass es seine eigenen Verdächtigungen gewesen waren, die Ethan die Seite wechseln ließen.
Erschreckt erkannte Ethan, dass er Lord Maywells Angebot ernsthaft in Betracht zog. Er würde die Grenze übertreten, auf der er so lange geritten war, er würde auf die andere Seite wechseln, er würde sein Land verraten – wenn es bedeutete, dass er dann Jane haben konnte.
Sein Magen revoltierte. Jane, für ihn ganz allein. Er könnte sie noch am selben Nachmittag aus Bedlam holen, könnte mit den notwendigen Papieren vorfahren und Jane wäre frei – und die Seine.
Maywell, der fiese Bastard, hatte genau gewusst, an welcher Schraube er drehen musste.
Fast war es um seine Selbstbeherrschung geschehen. Ethan
stand auf und neigte den Kopf. »Mylord, wenn ich … wenn ich eine Weile darüber nachdenken dürfte …«
Ethan war zwei Tage lang nicht zu Hause gewesen, und doch hatte Jeeves bereits die Tür geöffnet und stand bereit, ihn in Empfang zu nehmen. Ethan war nicht in der Stimmung für ihr übliches Geplänkel, sondern nickte ihm nur kurz zu, als er an ihm vorüberging.
»Entschuldigen Sie, Sir, aber Sie haben Besuch.«
Ethan blieb abrupt stehen. Er hatte nie Besuch. »Wer ist es?«
»Mr Tremayne, Sir. Er wartet auf Sie in Ihrem Arbeitszimmer, Sir.«
Collis. Ethan presste die Kiefer aufeinander, dann wandte er sich um. Er marschierte in sein Arbeitszimmer und warf seinen Hut auf den Schreibtisch. »Tremayne.« Mehr sagte er nicht zur Begrüßung.
Collis lehnte am Kaminsims, spielte mit dem Schürhaken mit den Kohlen. Er schaute auf und blinzelte Ethan an. »Damont, altes Haus! Wo bist du gewesen?«
»Bei Maywell«, sagte Ethan knapp. »Wo sonst?«
Collis verschränkte die Arme. »Wie wär’s mit Carlton House?«
Ethan gab die Suche nach seiner Karaffe auf. Sie war oben, natürlich. Er drehte sich zu Collis um. »Ich hab’s herausgefunden. Vielen Dank auch, dass du mir Bescheid gegeben hast.«
Collis nickte. »George hat es mir gesagt.«
George. » Ein paar Leuten, die ich sehr gern habe, gestatte ich, mich mit ›George‹ anzusprechen.«
Ethan lächelte nicht. »Wie geht’s dem alten Knacker?«
Collis ließ ihn nicht aus den Augen. »Es geht ihm gut. Allerdings macht er sich deinetwegen Sorgen. Er scheint zu glauben, du wärst verärgert.«
Ethan warf sich in den Sessel hinter seinem Schreibtisch. »Verärgert? Warum sollte ich das denn sein? Du hattest deine Gründe, mich anzulügen. Nationale Sicherheit und so.«
»Ja. Nationale Sicherheit und so.« Collis sah
Weitere Kostenlose Bücher