Die schoene Tote im alten Schlachthof
dem
Fall die Bezahlung stimmte, hat er die beiden leicht bekleideten Damen abgeholt
und vier Stunden später wieder zurückgebracht.«
Ferschweiler konnte nur den Kopf schütteln. »Und was hatten die Nachbarn
sonst noch zu berichten?«, fragte er.
»Im zweiten Obergeschoss im Haus der Kinzigs wohnt eine knapp
fünfundsechzigjährige verwitwete Dame mit einem großen Hang zum Schwätzen«,
fuhr de Boer fort, »und zu erzählen hatte sie wirklich ’ne Menge, aber nichts,
was uns wirklich weiterhilft: dass Kinzigs immer laut Musik gehört und sich oft
bis tief in die Nacht gestritten hätten oder dass Ulrike Kinzig des Öfteren auf
dem Garagenhof gestanden und mit ihrem Handy telefoniert habe. Außerdem dass
Rolf Kinzig ständig betrunken gewesen sei, dann stets im Treppenhaus laut
rumgegrölt und anschließend seine Frau aufs Übelste beschimpft habe, was man im
ganzen Haus hören konnte. Auch die Müllsäcke vor den Briefkästen im Hauseingang
stammten angeblich von Kinzig, der zu faul sei, die zwanzig Meter bis zum Müllcontainer
zu gehen. Um es zusammenzufassen: Alle Nachbarn wären froh, wenn Rolf Kinzig
endlich ausziehen würde.«
»Also ein richtiger Prolet, oder?«, stellte Ferschweiler fest und dachte
unwillkürlich an seine Nachbarn, Familie Rach. »Aber gab es auch konkrete
Ergebnisse zu unserem Fall?«
»Was die Nachbarn im Haus der Kinzigs angeht, nicht. Aber im Haus
gegenüber habe ich mit einem älteren Mann gesprochen, der es sich zur
Angewohnheit gemacht hat, regelmäßig mit einem Fernglas die Fassaden der
umliegenden Häuser abzusuchen. Warum, wollte er mir nicht so recht sagen. Er
sprach von Sicherheitsbedürfnissen und Kriminalitätsvorbeugung. Aber ich
vermute, er erhoffte sich eher den einen oder anderen Blick auf nackte
Tatsachen in den Schlafzimmern seiner Nachbarn.«
Ferschweiler schüttelte wieder den Kopf. »Leute gibt’s«, sagte er.
»Aber was hat er dir für uns Relevantes zu sagen gehabt?«
»Er konnte vor einigen Wochen Rolf Kinzig dabei beobachten –
wann, konnte er nicht mehr genau sagen – wie dieser Ulrike und einen
anderen Mann in flagranti im Bett erwischt hat.«
Ferschweiler wurde hellhörig. »In Kinzigs eigener Wohnung?«
»Genau. Im violetten Salon, in Ulrikes Zimmer. Er sah genau in dem
Moment hin, als Kinzig das Deckenlicht einschaltete und die Bettdecke
zurückzog.«
»Und auf der Matratze lagen Ulrike und der unbekannte Mann?«
»Richtig.«
»Und konnte er den Mann beschreiben?«
»Ja. Er beschrieb ihn als dunkelhaarig und von kräftiger, aber eher
kleiner Statur. Ich musste sofort an Laszlo Kafka denken, so wie du ihn mir
beschrieben hast. Das Gesicht des Unbekannten hat der Spanner leider nicht
erkennen können.«
»Mist.«
»Aber er hat auf dem Rücken des Unbekannten ein großes Tattoo
gesehen. Eins, das dir auch schon einmal begegnet ist.«
»Was zeigt es?«
De Boer schmunzelte. »Soll ich nicht lieber erst von meinem Gespräch
mit den Freundinnen der Toten berichten? Die habe ich nämlich auch noch
aufgesucht.«
»Wim, bitte. Was war mit dem Tattoo?«
»Na gut, der Spanner meint, auf dem Rücken des Unbekannten einen
tätowierten Skorpion gesehen zu haben. Und wer hat auch so einen, wenn auch
nicht auf dem Rücken?«
Ferschweiler musste nicht lange überlegen. »Kinzig! Er hat auch
einen, auf Schulter und Oberarm! Das ist wahrscheinlich ein
Freundschaftszeichen oder das Erkennungszeichen einer Bande. Mensch, Wim. Das
kann einfach kein Zufall sein. Kinzig hat nicht einen ihm Unbekannten im Bett
seiner Frau erwischt. Das ändert so einiges. Schau doch bitte gleich nach
diesem Skorpion. Eine der Datenbanken des Bundeskriminalamts enthält vielleicht
Informationen dazu.« Dann fragte er: »Und Ulrike Kinzigs Freundinnen? Was war
mit denen?«
»Das waren auch alles Frauen aus der Nachbarschaft«, sagte de Boer,
der wieder auf seinen Notizblock schaute. »Alle haben die Kinzig als mehr oder
weniger egozentrisch und hedonistisch beschrieben. Sie habe immer die neuesten
Klamotten und den besten Schmuck gewollt. Und intrigant soll sie auch gewesen
sein. Sie habe schon mal das eine oder andere Unwahre hinter dem Rücken von
anderen erzählt, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen.«
»Haben sie dir auch etwas zu ihrem Liebhaber erzählen können?«,
fragte Ferschweiler.
»Nur ein kleines Detail. Eine der Frauen hat sich daran erinnert, dass
Ulrike Kinzig vor einiger Zeit einmal von einem größeren schwarzen Geländewagen
mit Luxemburger
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