Die schoene Tote im alten Schlachthof
Sperma klingt erst einmal recht
vielversprechend«, sagte Ferschweiler zufrieden und klopfte seinem alten Freund
auf die Schulter. »Jetzt wissen wir zumindest, dass die Verbindung zwischen der
Kinzig und der Rosskämper ein gemeinsamer Liebhaber war.«
»Wenn die eine von der anderen wusste beziehungsweise wenn beide
voneinander wussten, dass sie mit demselben Mann ins Bett gestiegen sind.« Der
Gerichtsmediziner hatte sich offensichtlich auch schon so seine Gedanken
gemacht. »Aber darüber werden wir nichts weiter in Erfahrung bringen können,
Rudi, es sei denn, du findest den Liebhaber.«
»Und genau das habe ich vor. Und ich weiß auch schon, wo ich
anfangen muss, nach ihm zu suchen.«
NEUN
Als Ferschweiler am nächsten Morgen das Kommissariat in
der Güterstraße betrat, schlug die Uhr des Doms erst acht. Es war gestern zwar
spät geworden im »Standhaften Legionär«, aber Ferschweiler hoffte, nun in der
Frühe mit de Boer ihre bisherigen Ergebnisse noch einmal in Ruhe durchsprechen
zu können. Auch interessierte ihn, was die weiteren Recherchen seines Assistenten
ergeben hatten.
Auf den Gängen der Kriminalpolizei herrschte wie immer reges Treiben,
doch abgesehen von ein paar kurzen Grüßen wechselte Ferschweiler mit keinem der
Kollegen ein Wort. De Boer saß bereits im Büro vor seinem Rechner.
»Hallo, Rudi«, sagte er, als Ferschweiler die Tür hinter sich
geschlossen hatte, »schön, dass du endlich auch da bist. Da war das letzte
Stubbi gestern wohl schlecht? Ich habe gerade die letzten noch fehlenden
Informationen reinbekommen.«
»Das ist ganz wunderbar«, antwortete Ferschweiler und ließ sich müde
in seinen Schreibtischstuhl fallen, der bereits bessere Tage gesehen hatte und
unter dem Gewicht des Kommissars ächzte. Ferschweiler würde bei Gelegenheit
einen neuen beantragen müssen.
»Mann, waren das Tage«, sagte er. »Diese Künstler mit ihrem ständigen
Gerede und dieser Kinzig haben mich ganz schön aufgerieben.«
»Kann ich mir gut vorstellen«, entgegnete de Boer mit einem Lachen.
»Auch die Kursteilnehmer, mit denen ich in den letzten Tagen gesprochen habe,
waren alle äußerst extrovertiert, um es mal freundlich zu formulieren.«
»Ja, ja, die Welt der Kunst«, stöhnte Ferschweiler und lehnte sich
mit hinter dem Kopf verschränkten Armen in seinem Stuhl zurück. »Was haben
deine Recherchen zu Laszlo Kafka denn nun ergeben, Wim?«
De Boer wollte gerade mit seinen Ausführungen beginnen, als Dr. Süß
ihr Büro betrat.
»Guten Morgen, meine Herren«, grüßte er freundlich lächelnd. »Gibt
es Neues von unserer schönen Toten vom alten Schlachthof und der erschlagenen
Putzfrau aus Konz?«
Der Polizeipräsident war ein ausgesprochener Frühaufsteher und stets
darauf bedacht, zeitiger als die meisten seiner Mitarbeiter zur Arbeit zu
erscheinen. Heute Morgen wirkte er besonders aufgeräumt, fast schon gut
gelaunt. Ganz anders als Ferschweiler.
Ferschweiler brachte seinen Chef kurz auf den letzten Stand ihrer
Erkenntnisse, klärte ihn über die Ergebnisse der Vernehmungen sowie über die
Resultate der chemischen und kriminaltechnischen Untersuchungen auf und
formulierte dann die nächsten zu unternehmenden Schritte.
»Nach allem, was wir bisher wissen, muss der Täter im direkten
Umfeld der Akademie zu finden sein.«
»Und haben Sie jemanden konkret in Verdacht?«, fragte Dr. Süß.
»Einen der Dozenten. Sein Name ist Laszlo Kafka. Wir gehen davon
aus, dass er mit beiden Opfern sexuell verkehrt hat. Das Problem ist
allerdings, dass er über ein Alibi verfügt und zur Tatzeit angeblich bei Dr.
Berggrün zu Hause war.«
»Laszlo Kafka? Das ist doch wohl ein Künstlername, oder?«
»Richtig«, beantwortete de Boer die Frage des Polizeipräsidenten.
»Kafka ist jedoch nicht nur aufgrund seiner Beziehung zu Melanie Rosskämper und
Ulrike Kinzig für uns von Interesse. In der Wohnung von Kinzig haben wir ein
Foto gefunden, das ihren Ehemann Rolf gemeinsam mit einem Mann zeigt, der deutliche
Ähnlichkeiten mit Kafka aufweist. Kinzig konnte oder wollte uns gegenüber aber
zu dem Mann keine Angaben machen.«
»Da waren deine Recherchen aber wohl sehr erfolgreich, wenn du
inzwischen weißt, dass Kafka ein Künstlername ist«, sagte Ferschweiler.
»Ja«, antwortete de Boer. »Wenn Sie, Dr. Süß, gerade Zeit haben,
dann referiere ich die Ergebnisse kurz. Womit soll ich beginnen?«
»Fang einfach an.« Ferschweiler stellte seine restlos geleerte
Kaffeetasse neben sein Telefon
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