Die Schöne und der Leopard (German Edition)
schließlich kein Medizinmann. Vielleicht, weil wir über seinen Juju-Zauber gespottet und ihn nicht für ernst genommen haben.«
Sue-Ann Bailey genügte diese Erklärung nicht. Dazu hatte sie zu Schlimmes erlebt und war zu sehr heimgesucht worden.
4. Kapitel
Erst nach einiger Zeit wagten sich ein paar Mutige durch das gigantische Tor, das böse Zungen Andersons Wahn nannten. Der Regisseur und Sue-Ann gehörten zu denjenigen, die vorgingen. Außer der Tanzmaske des Medizinmanns und dem Fetzen von Norma Blakes Kleid fanden die Männer und zwei Frauen jedoch nichts. Tombé und seine Monsterhorde hatten nicht die geringste Spur hinterlassen.
Geschockt versammelten sich die Mitglieder des Filmteams im Camp. Nur Norma Blake fehlte. Die schwarzen Helfer waren sämtlich verschwunden.
Eine erregte Debatte, bei der sich die Teilnehmer die seelische Spannung wegredeten, setzte ein. Einige waren dafür, die Dreharbeiten sofort abzubrechen und abzureisen. Ums Haar hätten sie zahlreiche weitere auf ihre Seite gebracht und das Filmprojekt damit ernsthaft gefährdet.
Doch Sue-Ann Bailey argumentierte dagegen. Sie hatte sich wieder gefasst nach dem Schrecken, den sie erlebte.
»Genau besehen ist niemand zu Schaden gekommen«, sagte die schöne Blondine. »Weshalb sollten wir also die Dreharbeiten abbrechen?«
Ratlosigkeit entstand bei den Mitläufern der Panikmacher. Die Panikmacher selbst wurden wankelmütig. Nur wenige waren fest entschlossen, auf jeden Fall zu verschwinden, und nicht bereit, darüber zu diskutieren.
Einer brachte den Einwand: »Norma Blake ist verschwunden.«
»Das hat sie sich selbst zuzuschreiben«, sagte Sue-Ann. »Ich sah selbst, wie sie den Leopardenmann anhimmelte. Wenn sie jetzt bei ihm ist, kann sie zufrieden sein.«
Manche legten Sue-Ann diese Worte als bösartig aus. Aber sie konnte nicht anders. Norma Blake hatte sie zu sehr in die Klemme gebracht und menschlich zu arg enttäuscht.
»Außerdem ist noch nicht heraus, dass ihr tatsächlich etwas zugestoßen ist«, fuhr sie ein wenig versöhnlicher fort.
Bill Dallas sprach ein Machtwort. Alle sollten zuerst mal ins Bett gehen, sich ausschlafen und die weitere Entwicklung abwarten. Sich die Köpfe heißzureden, brachte nichts ein. Die Filmschaffenden zogen sich in ihre Quartiere zurück, wo sie bedrückt warteten.
Sie rätselten alle, wie so etwas möglich sein konnte, wie sie es gerade erlebt hatten.
Ed Anderson saß mit Sue-Ann und dem Produktionsleiter zusammen. Sie beschlossen, zunächst nichts von den Vorfällen an die Global nach Los Angeles durchzugeben.
»Ich lasse mich doch nicht für verrückt erklären«, sagte Bill Dallas. Er trank einen doppelten Whisky und schluckte eine Beruhigungspille. Mit dem haarigen Handrücken wischte er sich über den Mund. »Wenn mir dieser Lomungé noch einmal über den Weg läuft, kann er was erleben.«
»Ich würde mich nicht ohne weiteres mit ihm anlegen«, warnte Sue-Ann. »Er ist äußerst gefährlich.«
»Ein Gaukler ist er, ein Mummenschanztreiber!«, schimpfte Dallas. »Aber ich weiß nicht...«
Er schwieg. Längst waren die Trommeln verstummt, genau zu dem Zeitpunkt, als der Spuk zerstob und Tombé mit seiner Horde verschwand. Ed Anderson führte Sue-Ann aus der Verwaltungsbaracke, in der sie zuletzt gesessen hatten, zu ihrem Zelt. Eng umschlungen sanken sie dort unterm Moskitonetz aufs Bett.
In dieser Nacht konnte im Camp niemand ein Auge schließen. Die Leute vom Film waren zu aufgeregt. Die nächtlichen Tierstimmen ließen sie zusammenschrecken, während sie sich sonst bereits daran gewöhnt gehabt hatten. Jeder fürchtete sich vor einem abermaligen Auftauchen der Monsterhorde.
»Ich hätte das nie für möglich gehalten«, sagte Anderson. »War das nun die Realität, oder ein Gaukelspiel? Hinter diesem Juju-Zauber steckt jedenfalls mehr, als wir für möglich hielten.«
»Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit es sich träumen lässt«, zitierte Sue-Ann Shakespeare. »Halt mich ganz fest, Ed. Du hast mich gerettet. Wenn ich in die Gewalt des Leopardenmannes geraten wäre, würde er mich vielleicht mitgenommen und verschleppt haben, wohin auch immer.«
Ihre Phantasie ging mit der Blondine durch.
»In eine Horrorwelt, in die Abgründe jenseits der Sterne, in fremde und schreckliche Dimensionen, die Hölle. Hoffentlich sehe ich dieses Ungeheuer niemals wieder. Wenn Norma Blake mit ihm glücklich wird, soll sie.«
Als die Sonne über
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