Die Schöne und der Leopard (German Edition)
wisst, dass diese Riten meines Stammes geheim sind.«
Damit hatte er sich aus der Affäre gezogen. Die Weißen glaubten ihm zwar nicht, konnten aber auch nicht das Gegenteil beweisen und ihn damit Lügen strafen. Beim Poro handelte sich um dreimal sieben Jahre dauernde Prüfungen und Weihen. Die ersten beiden Siebenjahresphasen endeten mit der Aufnahme der Knaben in den Kreis der Männer und der Mädchen in den der Frauen.
Zu den Poro-Riten gehörten Mutproben und die Beschneidung bei den jungen männlichen wie den weiblichen Poro-Prüflingen gleichermaßen. Viel wussten die Weißen bis heute noch nicht über den Poro, jedoch, dass der Leopardenmensch oder -mann dabei auftrat und eine bedeutende Rolle spielte.
»Poro«, sagte der Häuptling. »Heilig. Geheim.«
Die Krieger stampften auf und bewegten rhythmisch die Speere gegen die Weißen.
»Poro!«, riefen sie. »Poro, Poro, Poro!«
»Wir ziehen uns besser zurück«, riet Bill Dallas. »Ich will keinen Assagai in den Rücken haben. Als Spieß á la Dallas mag ich nicht im schwarzen Einwegcontainer in die Heimat zurückkehren.«
Er meinte den Sarg. Ed Anderson behielt kühles Blut. Sue-Ann pflichtete ihm bei.
»Wir dürfen uns jetzt nicht ins Bockshorn jagen lassen«, sagte der Filmstar. »Wenn wir nicht aufklären, was letzte Nacht geschehen ist, werden wir nie wieder ruhig schlafen können.«
»Da hat sie recht«, sagte Tom Rawlins. »Teufel, ein paar von den Schwarzen haben Schnellfeuerwaffen. Das ist eine ganz üble Chose.«
»Gabawi hat nicht viel zu melden«, sagte Sue-Ann. »Wir müssen mit Lomungé sprechen. Das einfachste ist, wenn wir zu ihm gehen.«
»Du willst in die Höhle des Löwen gehen, Mädel?«, fragte Dallas. »So viel Mut hätte ich dir nicht zugetraut.«
Sue-Ann dachte an ihre Alpträume, in denen der Leopardenmann über sie hergefallen war und wie realistisch und furchtbar sie gewesen waren. Das wollte sie nie wieder erleben. Um das zu erreichen, würde sie zum Medizinmann gehen und ihn zur Rede stellen. Einmal hatte er ihr ja durch seine Beschwörung geholfen, war sie der Überzeugung, und sie hoffte, dass er ihr nicht grundsätzlich feindlich gesinnt war.
Häuptling Gabawi hatte nichts dagegen, dass die Weißen zum Medizinmann gingen. Im Gegenteil, er atmete auf, weil sie dadurch ihn nicht mehr behelligten. Die Agni-Krieger brachten die Gruppe zur Hütte Lomungés.
Ed Anderson rief seinen Namen. Niemand antwortete. Daraufhin wollte der Regisseur in die Hütte schauen. Doch das erzeugte den Widerstand der Agni-Krieger. Sie schrien empört. Mehrere Krieger sprangen vor den Regisseur und richteten ihre Speere auf seine Brust.
Anderson blieb stehen und hob die leeren Hände. Die Mannlicher-Büchse hing ihm am Riemen über der Schulter.
»Nur nicht aufregen, Freunde«, sagte er. »Ich habe ja nichts Böses vor. Ich will nur mit eurem Medizinmann sprechen.«
»Lass mich das machen, Ed«, mischte Sue-Ann sich ein.
Sie wandte sich an die aufgebrachten schwarzen Krieger. Eine junge, schöne Frau würden sie nicht so schnell mit ihren Speeren durchbohren wie einen Mann. Wieder übersetzte der Dolmetscher.
»Warum wollt ihr nicht, dass wir einen Blick in Lomungés Hütte werfen?«, fragte sie. »Wir müssen unbedingt mit dem Medizinmann sprechen und wollen uns bloß überzeugen, dass er wirklich nicht da ist.«
»Lomungé ist fort«, erwiderte ein fast zwei Meter großer Agni. »Niemand darf seine Hütte betreten, oder der Leopardengott wird ihn strafen.«
»Wo ist der Medizinmann?«, erkundigte sich Sue-Ann.
Der schwarze Hüne senkte den Speer.
»Er ist mit Tombé gegangen«, flüsterte er. »Großer Zauber. Juju-Fetisch. Verlasst unser Dorf. Wir wollen nicht, dass uns euretwegen der Zorn des Leopardengotts trifft, den ihr erzürnt habt.«
»Aber warum denn?«, fragte die Schauspielerin. »Was haben wir denn getan?«
Doch sie erhielt keine klare Antwort mehr.
»Tombé!«, schallte es nur. »Juju!« und »Großer Zauber! Fort! Fort!«
Mit Assagais und Buschmessern, die sie drohend schwangen, trieben die Krieger die Weißen zum Dorf hinaus. Frauen und Kinder hielten sich jetzt im Hintergrund oder ließen sich überhaupt nicht mehr blicken. Die Filmleute fanden keine Gelegenheit, mit Häuptling Gabawi zu sprechen, ob er auch weiter Komparsen für die Dreharbeiten schicken würde.
Als sie im Dschungel angelangt und die Agni-Krieger zurückgeblieben waren, atmeten die Weißen auf.
»Das war verdammt brenzlig«, sagte Bill
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