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Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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sich auf ihre ungewisse Zukunft vorzubereiten.
    Robert war ganz wundervoll gewesen. Er hatte für Marys Bestattung auf dem Friedhof bei Rosmorigh Sorge getragen und neben Marys Grabstein auch einen für Angus errichten lassen, obwohl seine Leiche bislang nicht aufgetaucht war. Danach hatte Robert das Haus der Familie aufgesucht und dort die paar persönlichen Dinge sichergestellt, die sie behalten würden, wodurch er Catriona und ihrer Schwester diese herzzerreißende Aufgabe ersparte. Seit jener Nacht hatte Robert den Schatz nicht mehr erwähnt, und es schien fast, als hätte er diese Mission vorläufig vertagt, um seine Bemühungen einzig auf Catriona und ihre Sicherheit zu richten.
    Robert hatte seinem Bruder Noah einen Brief geschrieben und ihm darin von ihrer bevorstehenden Ankunft berichtet. Außerdem bat er ihn, mit dem Familienanwalt Quinby in Kontakt zu treten und diesen mit — natürlich diskreten - Nachforschungen zu beauftragen, die Lady Catherines Familie betrafen: Es galt, ihre Identität zu ermitteln, und ob es womöglich sogar noch lebende Verwandte gab.
    Catriona fiel es immer noch schwer, sich mit dem Gedanken anzufreunden, daß eine andere Person als Mary ihre Mutter war, obwohl das Medaillon diese Tatsache doch nur zu augenfällig bewies. Mary war es schließlich, die immer für sie dage-
    wesen war, sie getröstet und umsorgt hatte, die ihr so viel Liebe angedeihen ließ. Auch Catrionas Liebe zum Lesen hatte Mary gefördert und sie in ihren abenteuerlichen Träumen bestärkt, wo es nur ging, vielleicht weil sie irgendwie ahnte, daß ihrer Tochter eines Tages wirklich ein großes Abenteuer bevorstand.
    Und mit ihrer Abreise aus Schottland sollte dieses Abenteuer beginnen.

Kapitel 20
    September 1815 London
    Mit energischer Hand zog das Dienstmädchen die Vorhänge beiseite. Dann aber schrak sie zusammen, als sie sich umdrehte und bemerkte, daß Catriona bereits hellwach war und ihr von der Bettkante aus zusah.
    »Oh, Verzeihung, Miss«, sagte sie und musterte sie neugierig. »Ich hatte gar nicht damit gerechnet, daß Sie schon wach wären und ganz allein im Dunklen säßen. Möchten Sie Ihren Tee hier auf Ihrem Zimmer zu sich nehmen oder zusammen mit Seiner Gnaden und der anderen Miss unten im Speisezimmer?«
    Dann hob das Mädchen das Kleid auf, das sie bei ihrer Ankunft letzte Nacht getragen hatte; es entging Catriona nicht, wie argwöhnisch sie es beäugte, so als befürchte sie, es könne sich gleich von allein bewegen.
    »Danke. Ich gehe nach unten zu den anderen«, sagte sie und blickte hinunter auf ihre Füße, die von dem hohen Bett hinabbaumelten. Ihr ganzes Leben lang hatte sie in niedrigen Kastenbetten geschlafen, deren Matratzen mit Stroh und Heidekraut ausgestopft waren. Sie fragte sich, ob sie sich wohl je daran gewöhnen könnte, auf weichen Daunen zu liegen oder in einem Bett, das so hoch war, daß sie kaum einzuschlafen wagte vor Angst, nachts herauszufallen.
    Da merkte sie plötzlich, daß das Dienstmädchen sie fragend anschaute. »Soll ich Ihnen dann beim Ankleiden behilflich
    sein, Miss?«
    »Nein, danke. Ich komme schon zurecht.«
    Das Mädchen sah sie verdutzt an, legte ihr dann das Kleid neben dem Bett zurecht und wandte sich zum Gehen. Catriona wartete, bis sie fort war, bevor sie sich vom Bett hinabgleiten ließ.
    Sie war nicht wegen des Dienstmädchens wach geworden. Schon vor Sonnenaufgang war sie munter oder zumindest, seit die Geräusche der Stadt sie davon überzeugt hatten, daß ihr kein weiterer Schlaf vergönnt sein würde, nachdem sie sich schon die ganze Nacht unruhig hin und her gewälzt hatte. An die Stadt war sie einfach nicht gewöhnt. Daß sie sich erst würde eingewöhnen müssen, hatte sie ja erwartet, aber hier war alles so ungeheuer anders. Daheim war es morgens immer sehr friedlich, man hörte höchstens das leise Wispern der Brise, die vom Sund her wehte, und von den nebelverhangenen Hügeln des Hochlandes erscholl der ferne Ruf des Auerhahns. In London dagegen herrschte morgens bereits geschäftiges Treiben: Man hörte das Hufgetrappel der Kutschpferde, Türen, die laut ins Schloß fielen, die gedämpften Unterhaltungen der Dienstboten, die im ganzen Haus ihre täglichen Pflichten aufnahmen, Hundegebell und vereinzelt laute Stimmen, die aus den umstehenden Häusern mit den steilen Dächern drangen.
    Catriona zog ihr Kleid über und tappte barfuß den schmalen Korridor entlang, bis sie die Treppe fand, die in die unteren Etagen führte. An ihre

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