Die schoene und der Lord
Übelkeit. Der Hasenpfeffer jedenfalls hatte daran keinen Anteil.
Und jetzt wußten es auch so gut wie alle anderen.
»Du trägst sein Kind, nicht wahr?« ließ Amelia sich von ihrem Stuhl neben dem Bett vernehmen, denn sie hatte offenbar Catrionas Gedanken erraten.
Catriona schloß einfach die Augen.
»Dafür brauchst du dich doch nicht zu schämen, meine Liebe. Kinder sind ein Segen.« Amelia tätschelte ihr beruhigend über die Hand. »Soll ich dir etwas Tee holen?«
Schwach lächelte Catriona sie an. »Nein, vielen Dank, mein Magen fühlt sich jetzt schon viel besser an.« Sie holte einmal tief Luft. »Oh, was müssen jetzt bloß alle denken?«
»Du hast meinem Neffen so viel geschenkt. Dafür werde ich dir für immer dankbar sein. Was die anderen betrifft... manche schütteln die Köpfe, schnalzen mißbilligend mit der Zunge und tuscheln beim Tee darüber. Sie sagen, es entspräche ganz und gar nicht der Mode, wie du und Robert euch in aller Öffentlichkeit eure Zuneigung zeigt. Und währenddessen stehlen ihre Ehemänner sich davon, um sich an den Stallungen mit einer Geliebten zu treffen. Sollten sie die Wahrheit über das Kind erraten haben, werden sie das ebenso schnell wieder vergessen haben, wenn du und Robert erst verheiratet und nach Rosmorigh zurückgekehrt seid und ein skandalträchtigeres Stück Klatsch des Weges kommt. Andere wiederum haben gesagt, es sei erfrischend, einen Mann und eine Frau zu sehen, die so offenkundig ineinander verliebt sind. Du hast Robert in den Augen der Gesellschaft wieder salonfähig gemacht, liebe Catriona. Über das Feuer und den Anteil, den man ihm früher einmal daran zuschrieb, wird nicht mehr geredet. Vielmehr beginnt man allgemein, an die heilende, ja geradezu zaubermächtige Kraft der Liebe zu glauben, denn es war doch ohne Zweifel deine Liebe, die Robert sein Sehvermögen zurückgegeben hat. Und für etwas so Wunderschönes sollte niemand sich je schämen müssen.«
Catriona hörte Gelächter aus dem Salon dringen, als sie am Fuß der Treppe ankam. Sie ging auf die Tür zu und vermochte immer noch kaum zu glauben, daß es schon so spät war. Nach der morgendlichen Katastrophe hatte sie beschlossen, ein Nickerchen zu halten, um ihre angeschlagene Stimmung aufzubessern. Als sie aufwachte, erfuhr sie, daß sie sogar das Abendessen verschlafen hatte.
An der Tür zum Salon blieb sie stehen, um die versammelte Gästeschar zu überblicken. Man hatte Tische fürs Kartenspielen aufgestellt, und eine Anzahl von Herren stand am Kamin, wo sie ihren Wein schlürften und sich angeregt unterhielten. Einige Damen saßen still in Lektüre vertieft oder stickten vor sich hin, während ein anderes Grüppchen sich um das Pianoforte versammelt hatte, wo eine Frau gerade spielte. Die Szene wirkte sehr behaglich und zwanglos, und Catriona konnte den Raum ohne weiteres Aufsehen betreten. Es dauerte einen Augenblick, bis sie Robert ausfindig machte, der in einem Sessel in der hinteren Zimmerecke saß, um sich her Tolley, Noah und Amelia. Das Gelächter, das sie gehört hatte, kam von ihrer kleinen Gruppe her.
Tolley redete gerade, als sie nähertrat.
»Das dürfte eine ganz neue Erfahrung werden, nach Paris zu reisen, während um mich her nicht wie sonst Krieg herrscht.«
Da wurde Robert auf sie aufmerksam. »Ich machte mir allmählich schon Sorgen, daß du auch noch den Rest des Wochenendes verschlafen würdest.« Er lächelte. »Fühlst du dich besser? «
»Viel besser«, erwiderte sie und ließ sich neben Amelia auf dem Sofa nieder. Unterdessen fuhr Tolley fort und berichtete, was er im einzelnen für seine Reise geplant hatte, die er vor Monatsfrist antreten wollte. Robert zog ihn auf und mutmaßte scherzhaft, er habe während seines letzten Aufenthalts in Paris eine französische amour gefunden. Dies quittierte Tolley bloß mit einem Lächeln, bemüht, nichts weiter durchsickern zu lassen, aber damit hatte er Roberts Vermutungen schon voll und ganz bestätigt.
Da kam ein Butler herein und beugte sich zu Tolley hinab, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
»Das ist ja glänzend!« rief Tolley darauf aus. »Es will scheinen, als würde dies ein Abend voller Überraschungen!«
Er erhob sich und ging aus dem Zimmer, nur um kurz darauf mit einem Mann zurückzukehren, der schon älter war und sehr vornehm wirkte.
»Catriona«, verkündete Tolley, der voranging. »Hier ist jemand, den ich dir gerne vorstellen möchte.«
Catriona erhob sich. Der Herr trat langsam vor.
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