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Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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hatte, und in gewisser Weise fühlte er sich ihm an diesem Ort ganz nah. Er nahm seine Brille ab und legte sie neben sich. Gegen die schockartigen Schmerzen, die ihm das plötzliche Sonnenlicht verursachte, schloß er die Augen und reckte sein Gesicht dem Licht entgegen, dessen Wärme er begierig in sich auf nahm. Einer plötzlichen Regung folgend, stand er auf und tastete sich auf das Plätschern des Wassers zu.
    »Was tun Sie?«
    »Ich habe Durst und werde etwas trinken.« Robert kniete am moosbewachsenen Ufer nieder und streckte seine Finger aus, bis er sie in das kühle Gewässer tauchen konnte.
    »Sie sollten vorsichtig sein, Robert. Dort am Rand ist es sehr glitschig, und ...«
    Noch bevor sie geendet hatte, verlor Robert den Halt. Mit einem lauten Platschen fiel er, das Gesicht voran, in den Bach.
    »Verdammt!« brüllte er und rappelte sich auf, um den Weg zurück ans Ufer zu finden. Seine Stiefel waren vollgelaufen, und so fielen seine Schritte im Wasser recht schwerfällig und mühsam aus. Jedesmal, wenn er das Bachufer erreichte, rutschte er von neuem auf der schlickbedeckten Oberfläche aus, und mit jedem Mal steigerte sich seine ohnmächtige Wut. Schließlich blieb er einfach mitten im Bach stehen, wo ihm das Wasser bis zu den Knien reichte; das Haar hing ihm tropfnaß über die blinden Augen, und er hätte am liebsten mit der Faust irgendwogegen geschlagen.
    »Robert«, rief Catriona ihm vom Ufer aus zu, »reichen Sie mir Ihre Hand, dann ziehe ich Sie heraus.«
    »Nein!« Er schlug mit der Hand ins Wasser, daß es nur so spritzte. »Ich bin schon groß und kein Kind, das erst noch Laufen lernen muß.«
    »Dann führen Sie sich bitte nicht so kindisch auf, Robert«, gab
    Catriona sofort zurück. »Und hören Sie auf, Ihre Blindheit als Vorwand zu benutzen, um Ihren Kummer zu verbergen.« Roberts Ärger machte sich in einem Wutanfall Luft. »Ich benutze meine Blindheit nicht! Und ich dulde es nicht, daß man mich wie ein armes, hilfloses Geschöpf bemitleidet! Ich bin ein Mann. Ich bin heimlich auf Gebäude geklettert, während feindliche Patrouillen nur eine Handbreit von mir entfernt waren. Ich habe mich in französische Stellungen eingeschlichen, ohne daß dort auch nur einer ahnte, wer ich wirklich war. Ich habe mit Männern gekämpft und sie auch getötet, wenn es um Leben und Tod ging. Also kann ich doch wohl aus einem Bach trinken, ohne die Hilfe eines verflixten Kindermädchens zu benötigen!«
    Catriona schwieg eine ganze Weile, bevor sie in beunruhigend gefaßtem Tonfall antwortete. »Wenn Sie so tüchtig sind, finden Sie bestimmt auch allein zurück nach Rosmorigh.«
    Robert stand wohl näher am Bachufer, als er angenommen hatte. Dies wurde ihm klar, als sie ihm kurz darauf einen Stoß versetzte, und zwar einen heftigen Stoß. Darauf war er nicht gefaßt, und so stürzte er wie eine gefällte Eiche rücklings ins Wasser.
    Es war ein ziemlicher Schock, und er zappelte panisch herum, bis er endlich wieder aufrecht dastand und das Wasser ihm jetzt über den ganzen Leib troff; dabei konnte er hören, wie Catriona davonging, denn ihre Röcke raschelten über das hohe Gras. Das geschah ihm recht. Das war ihm bereits klar gewesen, als er sie wie ein rasender Idiot angebrüllt hatte. Sie hatte allen Grund dazu, ihm böse zu sein. Es geschah ihm recht, daß sie ihn dort bis zum Anbruch der Nacht durchnäßt bis auf die Haut stehen ließ. Es wäre nur gerecht gewesen, wenn er sich dort eine höllische Erkältung zuzog und die nächsten zwei Wochen im Bett verbringen müßte, von Niesanfällen geschüttelt, daß ihm der sture Kopf nur so dröhnte.
    Warum hatte er sie so angefahren? Catriona war die einzige
    Person, die ihn seiner Blindheit wegen nicht wie eine Kuriosität oder einen Invaliden behandelte. Sie weigerte sich, die durch sein Gebrechen verursachten Einschränkungen anzuerkennen und fand statt dessen lieber Mittel und Wege, sie zu umgehen. Mehr noch, sie vermittelte ihm nie das Gefühl, er sei kein vollständiger Mann, nur weil er nicht mehr sehen konnte.
    Und wie er all dies bedachte, wurde ihm klar, daß sie ihn nie sich selbst überlassen und vor die schier unlösbare Aufgabe gestellt hätte, allein zum Schloß zurückzufinden.
    Er spürte ein schmerzhaftes Brennen in den Augen, dazu hämmerte es in seinem Kopf, weil er dem Sonnenlicht schutzlos ausgeliefert war. Und er hatte nicht die geringste Ahnung, wo er seine Brille gelassen hatte. Jetzt kam er sich wie ein ausgemachter Esel vor. Er

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