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Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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ein Zeichen, und sie ritten los.
    Robert war überrascht, wie leicht er sich auch ohne sein Sehvermögen wieder auf dem Rücken seines Pferdes zurechtfand. Je nachdem, wie die Spannung der Zügel sich veränderte, konnte er spüren, wann Bayard den Kopf senkte, um einen Bissen Gras zu fressen, oder den Hals reckte, wenn er Lust verspürte, ein wenig auszureißen. Robert hielt ihn in einem leichten Galopp und stellte erfreut fest, daß er sich im Sattel ebenso sicher wie früher fühlte.
    Weitaus größere Schwierigkeiten bereitete ihm die unmittelbare Nähe zu Catriona.
    Seine Arme umschlangen sie stützend, seine Beine streiften bei jeder Bewegung des Pferdes die ihren, und nachdem sie eine Weile so dahingeritten waren, entspannte sie sich zusehends. Bald lehnte sie sich ein wenig zurück, so daß ihr Rücken an seiner Brust ruhte und ihr Kopf sich sachte gegen seine Schulter schmiegte. Robert fragte sich, ob ihr überhaupt bewußt war, wie weich ihr Haar sich anfühlte, während es ihm über die Wange flatterte. Mehr als einmal drehte er unwillkürlich sein Gesicht so, daß er den süßen Duft besser einatmen konnte, der in ihren seidigen Strähnen haftete; dann mußte er sich jedesmal einen Ruck geben, um sich fortzuwenden. Robert wurde bewußt, daß sie ihn vom ersten Moment an angezogen hatte, er sich diesem Gefühl aber bislang hartnäckig widersetzt hatte. Da er ein Mann war, der sich früher vor allem von seiner optischen Wahrnehmung hatte leiten lassen, hätte er es für ein Ding der Unmöglichkeit gehalten, sich von einer Frau sexuell angesprochen zu fühlen, die er noch nie mit eigenen Augen gesehen hatte. Vor seiner Erblindung hatte er kaum ein größeres Vergnügen gekannt, als Frauen zu betrachten und mit Hingabe ihre Bewegungen zu studieren, die so fließend und anmutig waren, ganz anders als bei Männern. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie aussah, und doch rief Catriona bei jeder Berührung in ihm das Verlangen wach, ihr noch näher zu sein, ihre Haut zu spüren und ihre Weichheit zu erkunden. Insgeheim leugnete er diese Anziehungskraft noch immer, während sie vor ihm im Sattel saß und sich von vorne gegen seine Hüften bewegte, und doch war er machtlos dagegen: Er hätte sie zu gerne vollständig kennengelernt.
    Eben hatten sie eine Baumgruppe hinter sich gelassen, der Wind fuhr ihm wieder ungehindert übers Gesicht, und er konnte warm die Sonne spüren. Von fern vernahm Robert das
    Geräusch leise plätschernden Wassers. Ein Geruch nach frischer Erde und Moos lag in der Luft. Catriona zog behutsam die Zügel an, bis Bayard stehenblieb.
    »Dies ist der Ort, den Ihr Vater seiner Chronik nach als erstes aufsuchte«, sagte sie. »Es handelt sich um einen kleinen Bach, der in den Loch Linnanglas mündet und von dort aus weiter bis zum Sund fließt. Er hat einige Zeit auf einer Felsgruppe direkt daneben gesessen und dabei seine Eindrücke festgehalten. Wollen wir absitzen, und ich lese Ihnen dann vor, was er geschrieben hat? «
    Auch wenn er sich nur ungern von ihr löste, hielt Robert dies für das Beste, besonders da — gleich, wie sehr er es auch in Abrede stellen mochte - ihre Nähe und die Vertraulichkeit ihres Körperkontaktes bei ihm allmählich eine Reaktion zeitigte, die ihr gewiß nicht mehr lange verborgen bliebe.
    »>Der heutige Morgen ist sehr frostig<«, begann Catriona ihren Vortrag, nachdem Robert sich am Rande des Bachs niedergelassen hatte, »>aber diesen hübschen Anblick konnte ich nicht so einfach links liegenlassen, und so hielt ich erst einmal an, sowohl um mein Pferd zu wässern wie auch, um dieses beschauliche Plätzchen auf mich wirken zu lassen. Es ist Herbst, und das Laub erglüht in den schönsten Orange- und Gelbtönen, während sich die Klamm darunter in sattestem Grün erstreckt. Dieses Idyll würde ich mir eines Tages ganz gerne für meine Sammlung malen lassen, glaube ich. Das Wasser in diesem Bach ist frisch und klar, und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, selbst daraus zu trinken. Ganz verzaubert stehe ich in Betrachtung dieses Fleckchens da, das so gänzlich unberührt von Menschenhand wirkt, und sinne darüber nach, seit welch unerdenklichen Zeiten es nun schon so daliegen mag.<«
    Auch ohne sein Augenlicht vermochte Robert sich mühelos ein Bild von dem Ort zu machen, so lebhaft und anschaulich hatte sein Vater ihn beschrieben. Gut konnte er sich vorstellen, wie der Herzog auf demselben Felsen gesessen und seine Eindrücke zu Papier gebracht

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