Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
abgesperrt, die Touristen fuhren weiter zu anderen Zeugnissen ägyptischer Geschichte. So hatte Hassan, der den ganzen Tag mit bitterer Miene herumlief, sich mit seinem Freund Toc-Toc verabredet, um mit ihm ein Glas süßer Limonade zu trinken.
    Toc-Toc kam in dem alten VW der Expedition und hielt vor der Hütte, die sich Hassan neben dem Grab gebaut hatte – mit Erlaubnis der Altertümer-Inspektion, die in einem großen Steinhaus etabliert war und dafür zu sorgen hatte, daß es in der Totenstadt nicht allzu lebendig wurde. Diese Beamten waren nach den letzten Ereignissen aufgescheucht worden und hatten gleichfalls Polizeischutz angefordert. Die kleine Militärtruppe mit ihrem jungen Leutnant wäre hilflos unterlegen gewesen, wenn die Reiter noch einmal wie der Wüstensturm heranbrausen würden.
    Hassan war nicht in seiner Hütte.
    Toc-Toc wunderte sich darüber nicht, er kannte Hassans Lieblingsplatz: ein schattiger Torbogen an dem Grab ›Horus Aha‹, von dem aus man hinüberblicken konnte zu der berühmten langen Sphinxallee, neben der Stufenpyramide des Djoser – dem Prunkstück von Sakkara.
    Hassan war auch wirklich an seinem Lieblingsplatz … Er lag zusammengekrümmt im Schatten, bewußtlos, mit einer klaffenden Kopfwunde, aus der nur noch wenig Blut rann. Sand, mit Blut vermischt, hatte die Wunde zum Teil verkrustet.
    Toc-Toc zögerte nicht lange. Er wuchtete den Freund auf seine Schulter und humpelte mit ihm zu der kleinen Hütte zurück.
    Dort tauchte er Hassans Kopf kurzerhand in einen Eimer mit Wasser und drückte dann ein Hemd Hassans gegen die nun wieder stärker blutende Wunde.
    Hassan erwachte aus seiner Ohnmacht, starrte mit wildem Blick um sich, erkannte seinen Freund und sagte schwach: »Der Teufel soll die Kerle holen! Sie haben mich niedergeschlagen, Mahdi ibn Kebir. Nichtsahnend sitze ich da, höre nichts und da …«
    »Wer?« fragte Toc-Toc.
    »Weiß ich es? Von hinten kamen sie, die Feiglinge. Ein Schlag – und weg war ich! O Allah, mein Kopf! Und es blutet …«
    Er streckte sich, drückte sein fast durchblutetes Hemd gegen seinen Kopf und blickte Toc-Toc flehend an. Dieser war zur Tür gegangen.
    »Wohin?« rief Hassan und stöhnte. »Holst du Hilfe?«
    »Sofort! Ich rufe den Sanitäter des Militärs!«
    Aber Toc-Toc fuhr nicht gleich zurück ins Lager, sondern kehrte zum Grab ›Horus Aha‹ zurück. Er untersuchte die Stelle, wo man Hassan niedergeschlagen hatte, nochmals genau und entdeckte die Spuren von zwei Männern, die um das Grab herumführten.
    Er sah nur leichte Eindrücke im Sand, kaum sichtbar, Schritte von Männern in leichten – in arabischen – Schuhen!
    Der alte Fellachen-Instinkt erwachte in Toc-Toc.
    Er ging den Spuren nach und stand kurz darauf stumm und mit hochgezogenen Schultern vor einem weißen Stoffbündel, unter dem sich deutlich die Konturen eines Menschen abzeichneten.
    Ganz vorsichtig löste Toc-Toc die Schnur, mit der das Bündel umschnürt war, und deckte das Verhüllte auf. Als erstes blickte er in Salimahs Gesicht …
    Ihre Augen waren noch offen und hatten den Ausdruck maßlosen Erstaunens. Ein Kopf, wie aus braunem poliertem Marmor gehauen … Das lange schwarze Haar umgab die Figur wie ein zweites Kleid.
    Langsam deckte Toc-Toc die Tote wieder zu und kehrte zu Hassans Hütte zurück. »Komm!« sagte er. »Steh auf! Wir fahren!«
    »Wo bleibt der Sanitäter?« jammerte Hassan, setzte sich auf seine Schlafmatte und drückte das nun völlig durchblutete Hemd gegen seinen Schädel. »Ich kann nicht laufen … soviel Blut …«
    Toc-Toc zog ihn hoch, stützte ihn, brachte ihn bis in den alten VW und raste dann wie ein Irrer quer durch die Totenstadt zum Barackenlager zurück.
    Der Wagen hüpfte über Steine und krachte in Löcher, und jedesmal stieß Hassan einen Schrei aus und brüllte: »Willst du mich töten, Mahdi ibn Kebir? Deinen besten Freund töten? Mein Kopf zerplatzt! O Allah! Womit habe ich das verdient?«
    Zwei Stunden später war Sakkara wieder einmal Mittelpunkt einer großen Aufregung. Diesmal waren nicht nur der Polizeipräsident von Kairo und ein General mittels Hubschraubers erschienen … auch ein kleiner eleganter Mann stieg aus und wurde von allen mit größter Ehrfurcht behandelt: der Chef der ägyptischen Geheimpolizei höchstpersönlich war in Sakkara gelandet.
    Militär und Polizei hatten die Gräberstadt besetzt, der Autoverkehr nach den Dörfern Sakkara und Abusir wurde umgeleitet, das gesamte Gebiet vom Rasthaus in der Nähe

Weitere Kostenlose Bücher