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Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kopftuch abgenommen, ihre langen schwarzen Haare umwehten sie wie ein Schleiermantel.
    »Können wir ins Haus gehen, Suliman?« fragte der Geheimdienstchef.
    »Mit dem Sarg?«
    »Ja …«
    »Bitte.«
    Er trat zur Seite, und die Soldaten marschierten an ihm vorbei in die prunkvolle Halle.
    Die anderen folgten, als letzte Suliman und Leila. Sie starrte ihn wortlos an, mit Blicken, die in ihm brennen müßten … aber er hielt ihnen stand und strich sich mit bebenden Händen über sein gelocktes Haar.
    »Was … soll ich Ihnen sagen, Leila?« stotterte er. »Es ist furchtbar, es ist entsetzlich … andere Worte gibt es nicht.«
    Sie warf den Kopf in den Nacken, ließ ihn stehen und betrat auch das Haus.
    Suliman mußte insgeheim lächeln. Wenn sie wüßte, dachte er, daß dreißig Meter links von ihr, in dem dunklen Anbau, der von außen etwas verfallen aussieht, Frank Herburg wartet!
    Gerade in diesem Augenblick nimmt er wohl Tee und Sandwiches zu sich. Und wenn sie gar wüßte, daß er heute nacht noch mit Luisa eingemauert wird … Ein verhindertes Liebespaar – im Tod dennoch miteinander verkuppelt …
    Innerlich ausgesprochen fröhlich, aber nach außen hin sehr bedrückt, folgte er den anderen in die Halle.
    Der häßliche Sarg stand vor einer der Alabastersäulen. Ein Sergeant war dabei, die Halteklammern des Deckels zu lösen.
    Jetzt kommt mein großer Auftritt, dachte Suliman.
    Genau dosiert muß die Reihenfolge sein: Entsetzen, Schmerz, Trauer und Rache!
    Er trat neben den Chef der Geheimpolizei und starrte den Sarg an.
    »Ich muß Sie jetzt um große Stärke bitten, Suliman«, sagte Abdul ibn Khadar bitter.
    »Der Anblick eines Toten erschüttert mich immer …«, antwortete Suliman mit halber Stimme.
    Gut, dachte er. Das war gut. Dieses leise Tremolo … Da schwingt schon eine Ahnung mit …
    »Glauben Sie uns, daß wir alles tun werden, um diesen Terror zu brechen.« Ibn Khadar räusperte sich. »Sie haben Salimah allein zu Ihrer Jacht fahren lassen …«
    »Salimah? Ja, natürlich. Der kurze Weg.« Er starrte um sich. »Aber wieso denn Salimah? Was ist mit ihr? Nein …«
    Ein langgezogenes Nein, mit dem Ton in die Höhe gehend. Gut so, dachte er. Und jetzt eine große Ungläubigkeit …
    »Das … das ist doch … nicht wahr …«
    Abdul ibn Khadar winkte. Die Soldaten nahmen langsam den Sargdeckel weg.
    In der engen Zinkwanne lag Salimah, in dem weißen Kleid, das schwarze Haar offen. Das wunderschöne Gesicht hob sich etwas spitz von der weißen Unterlage ab, die Harris Pernam noch rasch in den Sarg gelegt hatte, bevor man Salimah hineinlegte. Es war ein großes Frotteehandtuch …
    Suliman selbst erschrak vor dieser überirdischen Schönheit der Toten und brauchte deshalb kein Erschrecken zu spielen. Sein Herz krampfte sich wirklich zusammen, ein Ring wie aus Eisen legte sich plötzlich darum und machte das Atmen zur Qual. Ich habe sie wirklich geliebt, dachte er. Vielleicht war sie überhaupt die einzige Frau auf dieser Welt, bei der ich mehr empfand als männliche Befriedigung. Warum nur mußte sie mir drohen …?
    Er konnte, was geschehen war, nicht mehr verbergen – auch vor sich selbst nicht. Er hatte die Wahl gehabt zwischen seinen Millionen und Salimah; und als er den Dolch nach ihr warf, da hatte er nur an das Riesenvermögen im Grab des Menesptah gedacht.
    Nun stand er steif, hoch aufgerichtet, wie erfroren vor dem Sarg und blickte Salimah an.
    Um ihn herum schwieg alles und senkte die Köpfe. Es gibt eine Trauer ohne Worte und ohne Tränen. Es ist die stärkste Form der Trauer – die völlige Erstarrung …
    Suliman zeigte seine Trauer in drei Stufen: Zuerst das Schweigen, dann der Zusammenbruch, zuletzt die Verzweiflung …
    Die zweite Stufe kam plötzlich: Er fiel krachend auf beide Knie, warf sich über die Tote und küßte ihre schmalen gefalteten Hände. Die Eiseskälte, die er schon an seinen Lippen spürte und der bereits etwas süßliche Geruch, der aus dem Körper strömte, störten ihn nicht. Er schluchzte auf und stieß mit den Schultern nach hinten, als ibn Khadar ihn tröstend berühren und wegziehen wollte.
    Und dann kam der Fluch.
    Suliman warf ebenso plötzlich, wie er in die Knie gefallen war, den Kopf nach hinten und riß beide Arme hoch.
    »Allah! Höre mich!« schrie er hell. »Gib mir die Kraft und lasse mich so lange leben, bis ich diesen Tod gesühnt habe! Verfluche die Mörder, segne meinen Haß … O Allah, ich flehe dich an …«
    Dann ließ er es zu, daß der

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