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Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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    Mit zurückgeworfenem Kopf brüllte er seine Angst, seine Panik, seine Todesahnung heraus … Es waren keine menschlichen Laute mehr, die er ausstieß.
    Toc-Toc beendete das Gebrüll mit einem Wasserschwall.
    »Der dritte Eimer«, sagte er danach ruhig. »Der vierte ist noch voll. Aber ich kann Wasser holen, soviel ich will. Heute, morgen, übermorgen … wir haben so viel Zeit …«
    »Mörder!« brüllte Suliman. »Mörder!«
    »Wer mordet hier? Ich frage dich, aber du gibst keine Antwort. Habe ich zwölf Menschen umgebracht oder du? Habe ich Dr. Herburg und die Ärztin entführt oder du?«
    »Ich habe nichts getan! Gar nichts!« schrie Suliman.
    »Dann lügt Allah. Ich habe mit Allah in der letzten Nacht gesprochen. Er hat mir alles erzählt. Zweifelst du daran, daß Allah alles auf Erden sieht?«
    Ein neuer Wasserguß.
    Sulimans Kopf quoll auf und wurde von der glühenden Hitze umklammert. Nun begann er zu weinen. »Hunderttausend Pfund!« heulte er. »Mahdi ibn Kebir … hunderttausend Pfund …«
    »Du willst mir meinen Doktor abkaufen? Suliman, hältst du mich für so minderwertig?« Toc-Toc tippte Suliman an den Kopf. Es war, als schlüge ein Hammer auf ihn ein. Die Nerven glühten …
    »Wo ist mein Doktor?«
    »Frage Allah …«, wimmerte Suliman.
    »Allah sagt, er sei bei dir.«
    Wieder das Wasser. Wieder die fressende Sonne …
    Die Adern an den Schläfen schwollen an, das Blut jagte durch den Kopf, jeder Herzschlag Sulimans wurde zu einem heißen Stoß, der den Körper auseinander zu hämmern schien.
    »Ich weiß es nicht«, weinte der Gefolterte. »Ich weiß es wirklich nicht …«
    »Wir haben Zeit zu überlegen.« Er hörte, wie Toc-Toc hinter ihm aufstand.
    »Bleib hier!« brüllte jetzt Suliman los.
    »Ich muß neues Wasser holen.«
    Suliman stieß unmenschliche Laute aus, sein Kopf zuckte hin und her, aus den aufgesprungenen Lippen lief das Blut … Wenn er den Kopf herumschleuderte, sah er schon die roten Tropfen im Wüstensand.
    Toc-Toc ließ sich Zeit. Er humpelte gemütlich zum Brunnen und füllte zwei Ledereimer mit Wasser. Dann schleppte er sie zurück zu Suliman. Diesmal kam er von vorn.
    Suliman starrte ihn an. Es waren schon die Augen eines Wahnsinnigen. Das verzerrte, aufgedunsene Gesicht glich einem Kürbis, in den man Augen, Mund und Nase geschnitten hatte. Es war nicht mehr Suliman …
    »Wo ist mein Doktor?« wiederholte Toc-Toc seine stereotype Frage. Er hockte sich neben den Kopf in den Sand und beugte sich vor. »Sag schnell, wo er ist! Bevor ich mit dem neuen Eimer beginne …«
    Wie von weit her, wie aus einer feurigen Glut, hörte Suliman die Worte. Sein Gaumen war zugeschwollen, sein Herz schien durch die Brust springen zu wollen, sein Kopf war ein dicker Ballon, gefüllt mit heißem Gas …
    »Bei meinen Schätzen … im Grab!« sagte jetzt Suliman heiser, kaum noch hörbar.
    »Welchen Schätzen?« Toc-Toc horchte auf.
    »Bei meinen Millionen … dem Rauschgift …«
    Und plötzlich zerbrach etwas in ihm, sein Kopf kippte nach hinten, seine irren Augen starrten direkt in die Sonne und konnten schon nicht mehr geblendet werden.
    »Im Grab!« schrie er.
    Und dann kreischte er immer weiter, und der Kopf begann zu hüpfen, als tanze er über den Wüstensand: »Im Grab! Im Grab! Im Grab! Im Grab …«
    Toc-Toc zog die Schultern hoch und umklammerte den Kopf des wahnsinnig gewordenen Sulimans. »Wo – im Grab?« schrie er den aufgequollenen Schädel an. »Wo? Wo ist der Eingang? Suliman …«
    Aber den erreichte kein Laut mehr. In seinem Kopf waren die Adern explodiert, und das wie toll schlagende Herz zerbarst. Er schrie noch einmal ganz hell auf, dann kippte das Gesicht endgültig nach vorn, und das Kinn bohrte sich in den weichen Sand.
    Suliman war tot.
    Toc-Toc goß beide Eimer Wasser über ihn, mußte aber einsehen, daß er damit das Leben nicht zurückholen konnte. Er holte seine Schaufel, türmte einen Sandhaufen über den Toten und belegte ihn mit dicken Steinen, damit die Hyänen oder die Schakale ihn nicht auskratzten.
    Im Grab, dachte Toc-Toc. Er hat meinen Doktor eingemauert. Bei Allah, welch ein Unmensch! Ich habe keine Reue, daß ich ihn umgebracht habe.
    Er ging, so rasch er es konnte, zu dem alten VW zurück, startete und fuhr in einer hohen Staubwolke in Richtung Sakkara davon.

XIII
    »Das ist nicht möglich!« sagte Abdul ibn Khadar.
    Der Chef der Geheimpolizei saß zusammen mit dem Polizeipräsidenten im Barackenraum Professor Mitcheners und schüttelte

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