Die schoenen Hyaenen
Ihre Beine zitterten. Das schwarz und dunkelblau gemusterte Taftkleid raschelte bei ihren Bewegungen leise.
»Meisterhaft.« Jahne hörte Sams Stimme dicht neben ihrer Schulter. Sie wurde blaß. Sprach er über ihre Verwandlung? Hatte er sie durchschaut?
»Das Kleid paßt phantastisch zu Ihrem Haar. Beides so einfach und doch von erlesener Schönheit.«
Sie roch sein Aftershave und seinen warmen, süßen Atem, so typisch für ihn, nachdem er Wein getrunken hatte. Sie konnte kaum glauben, daß sie in einer lauen Nacht neben dem Mann stand, den sie vor drei Jahren zum letztenmal an einem grauen Wintertag in New York gesehen hatte. Sam — der Mann, um den ständig ihre Gedanken kreisten, von dem sie träumte, nach dem sie sich sehnte und den sie zu vergessen versuchte. Jetzt war er ihr gefolgt. Nicht umgekehrt. Sie zitterte. Sie wußte nicht, ob vor Wut, vor Sehnsucht oder Angst.
Es war dunkel auf der Veranda und Sam so nahe! Wieviel konnte er sehen?
Jahne hörte Gelächter im Wohnzimmer.
»Haben Sie je daran gedacht, eine Filmrolle zu übernehmen?« fragte Sam.
Jahne hatte hineingehen wollen. Nun zögerte sie. Sie konnte ihm kaum sagen, daß sie daran so lang gedacht hatte, bis in ihrem Kopf nur noch Platz dafür gewesen war. Plötzlich wandte sie sich ab, blickte in den gepflegten Garten und zu den gepflegten Spalierobstbäumen. Das Balkongitter verschwand unter den Efeuranken.
»Vielleicht später einmal«, antwortete sie. Ein leichter Wind raschelte in den Bäumen. Ihr Körper überzog sich mit einer Gänsehaut.
»Ich muß eine Rolle in einem Film besetzen, für die Sie geeignet sein könnten.«
Jahne lachte. Sie konnte einfach nicht anders. Hatte er mit solchen Sprüchen auch bei Bethanie und all den anderen Erfolg gehabt?
Er stimmte in ihr Lachen ein. »Ich weiß, es klingt wie ein uralter Trick. Doch in diesem Fall stimmt es.«
»Momentan bin ich völlig mit Marty DiGennaro beschäftigt«, sagte sie.
»Und mit Michael McLain?«
Flirtete er etwa? Jahne wußte nicht, wie sie sich verhalten sollte. Doch das alles führte zu nichts. Im Wohnzimmer hörte sie die angeregte Unterhaltung. Sie sah, wie sich das Licht des Kronleuchters in den Gläsern brach. Sams Gesicht lag im Dunkeln.
Geh jetzt augenblicklich, befahl Jahne sich streng. Geh, und halt dich von ihm fern. Lass' dich nicht wieder von ihm einfangen. Du mußt den Schaden abwenden, bevor er entsteht.
»Das geht Sie nun wirklich nichts an«, sagte sie kühl und ließ ihn auf der Veranda stehen.
Michael McLain half ihr in den Wagen und legte behutsam die Falten des weiten Rockes auf ihre Beine, bevor er die Tür zuschlug. Ein Mann, der sich auskennt, dachte sie.
Nachdem die gefürchtete Party hinter ihr lag, erwachte Jahne wie aus einem Traum, wenn auch dem besten ihres Lebens. Das Erwachen brachte keine Veränderung. Jahne behielt ihre Schönheit, behielt ihre Erfolge, behielt die Aussicht auf eine glanzvolle Zukunft. Sie wurde umschwärmt und hatte Erfolg, und sie hielt die Zügel fest in der Hand. Was wünschst du dir noch? Fragte sie sich. Du hast den Mann, der dir wehgetan hat, abblitzen lassen. Du sitzt neben einem Filmstar der ersten Garnitur, der dich mit seinem Rolls durch Hollywood fährt. Jahne atmete tief durch. Sie hatte es nicht nur überstanden. Mehr noch. Sie hatte triumphiert. Sie fühlte sich berauscht, wie von Wein oder Marihuana.
»Vielen Dank für Ihre Begleitung, Michael. Das war sehr freundlich.«
Er lachte. »Das Vergnügen ist meinerseits. Sie können noch nicht lang in der Stadt sein, sonst wären Sie nicht so höflich.«
»Nun, ich weiß, daß Sy Sie gebeten hat, mir diesen Gefallen zu tun.«
»Er hat mir einen Gefallen erwiesen. Und er schätzt es, wenn man in seiner Schuld steht.«
Sie lächelte.
»Strengt die Arbeit Sie sehr an?«
»Ja.«
»Das ist typisch für Marty. Der fordert allen das Letzte ab. Ein Perfektionist. Und wenn Sie sich nicht beizeiten wehren, wird Sy Sie zu jeder Neueröffnung eines Supermarktes schicken. «
Jahne lachte. »Momentan kann ich nicht gut etwas absagen. Vor einem Jahr hat mich noch niemand gekannt.«
»Ja, die guten alten Tage.« Er lächelte, und Jahne fand sein Lächeln äußerst gewinnend.
»Was mir besonders zusetzt, ist dieser Flanders Cosmetics Kram«, gestand sie. »Ich bin Schauspielerin, kein Model und keine Verkäuferin. Doch die Rolle bekam ich nur in Verbindung mit dem Flandersvertrag.« Sie seufzte. »Diese Fototermine dauern oft stundenlang. Danach tut mir
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