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Die schoenen Hyaenen

Die schoenen Hyaenen

Titel: Die schoenen Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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vermittelte, mit deren Hilfe sich das Talent zur Geltung bringen ließ. Das traute Robbie George Getz zu. Außerdem hatte Getz noch einige Verbindungen zu den alten Produzenten und Direktoren.
    George blickte hoch und erzwang sich mit den Blicken Aufmerksamkeit. In der Stille glaubte Lila, die Spannung knistern zu hören. Alle hier wollten von diesem Mann lernen. Er verlangte viel Geld dafür. Zu einem Lob ließ er sich selten hinreißen, er machte sich lieber über die Unzulänglichkeiten der Anfänger lustig.
    »Alle legen sich auf den Boden. Keine Kissen. Achtet darauf, daß ihr reichlich Platz um euch habt. Wir machen eine Gruppenübung. Richtet den Blick nach innen, schließt die Augen, macht eure Atemübungen.« Die Schüler gehorchten. Man hörte nur das Atmen der Gruppe. Lila hielt solche Übungen für schwachsinnig.
    »Setzt euch! Die Augen bleiben geschlossen. Zieht die Beine an die Brust, legt die Arme um die Beine. Atmet. Konzentriert euch. Überzeugt mich durch eure Haltung, daß ihr Vanilleeis seid, das in der Sonne schmilzt. Ich bin Vanilleeis, das in der Sonne schmilzt. Sagt euch das. Die Zeit spielt keine Rolle mehr. Ich sage euch schon, wann ihr aufhören sollt. Fangt an!«
    Lila atmete langsamer. So ein absoluter Blödsinn! Lila ging davon aus, daß Darstellkunst von der Fähigkeit herrührte, sich in eine bestimmte Person zu versetzen und diese zu verkörpern. Aber Eiscreme! Allerdings wollte sie ohnehin nicht Schauspielerin werden, sondern ein Star.
    Georges Stimme durchbrach die Stille. »Corey, weitermachen mit der Übung, aber die Augen geschlossen halten. Alle anderen öffnen die Augen und sehen Corey an.«
    Lila seufzte. Sie wußte genau, was sie erwartete und nahm George Getz übel, daß er zur Befriedigung seiner egoistischen Bedürfnisse die Konzentration zerstörte.
    »Was seht ihr? Studiert Corey genau. Seht ihr Vanilleeis in der Sonne schmelzen? Nein!« schrie er laut, so daß alle zusammenzuckten. »Er sieht aus wie ein Haufen Kartoffelpüree. Und das schmilzt nicht. Stimmt das, Corey?«
    Corey lächelte verlegen.
    »Also, das, meine Schüler und Schülerinnen, ist ein Beispiel dafür, wie man es nicht macht. Lila komm bitte nach vorn. Ich möchte, daß du vormachst, wie du es dir vorstellst. Beobachtet sie!«
    Lila hatte sich inzwischen daran gewöhnt, von George auf die Weise herausgestellt zu werden. Nur mit diesem Eiscremequatsch konnte sie nichts anfangen. Indessen verstand sie es, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Sie verdrängte alle bewußten Gedanken aus ihrem Kopf und versetzte sich mühelos in die erforderliche Stimmung. Sie entspannte sich, erst den Nacken, dann die Schultern, dann die Arme. Einige Minuten vergingen. Wieder brach George das Schweigen. »Das ist Vanilleeis, das in der Sonne schmilzt«, behauptete er zufrieden. »Lila, hast du schon den Monolog der Portia einstudiert?«
    »Natürlich, George.«
    »Dann trag das bitte vor. Ich lechze nach einer guten schauspielerischen Leistung.« George lehnte sich an die Wand und schloß die Augen. Die Schüler und Schülerinnen nahmen auch bequemere Stellungen ein. Niemand ließ sich seinen Neid auf Lila anmerken.
    Lila stand auf. Sie sagte sich im stillen die ersten Zeilen auf. Dann knipste sie den inneren Schalter an, mit dem sie die Blicke anzog. Den Monolog hatte sie im Grunde gar nicht richtig erfaßt. Doch Robbie hatte mit ihr geprobt, und seine Worte hafteten in ihrem Gedächtnis. Sie hatte den Monolog an Ken ausprobiert, und er war begeistert gewesen. Jetzt wurde aus Lila die Heldin aus einem Shakespeare-Drama. Lila verfügte über eine gute Mimik. Sie erinnerte sich, wo Robbie seine Stimme gesenkt und wo er innegehalten hatte. Doch alles in allem zählte vorwiegend ihre magnetische Energie, die sie nach Belieben an- und abstellen konnte. Sie sah die Bewunderung ihrer Mitschüler und empfand plötzlich ein tiefes Zusammengehörigkeitsgefühl mit all den verzweifelten, traurigen, hübschen und verlorenen jungen Leuten. Jedes ihrer Worte, jede Geste drückte ihre Liebe aus. Sie wollte etwas von sich geben, das diese anderen nicht besaßen, nicht haben konnten und sich nie würden aneignen können. Darum erreichte sie ihr Publikum geistig und zog es an ihre Brust. Sie sprach den Monolog nicht zu der Gruppe, sondern zu jedem einzelnen. Sie genoß es, bewundert zu werden, doch aus sicherer Entfernung.
    Nach den letzten Zeilen blieb es zunächst still. Dann brach der Jubel aus. Lila lächelte, verbeugte sich einmal

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