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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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nicht ihre definitive Bereitschaft bekannt, drei Dutzend Millionären Kinder zu gebären. Fünf Dutzend tugendsamer Frauen der zweiten Garnitur gaben nicht nur diese Eignung bekannt, sondern darüber hinaus ihre durchaus unerschrockenen Absichten auf drei Dutzend der ersten jungen Männer, die selbstredend zu jeder der sechsundneunzig Partys eingeladen wurden – ebenso wie der Kreis der Familienfreunde, Bekanntschaften und Kommilitonen der jungen Dame sowie beflissene junge Außenseiter. Und weiter: Es gab noch eine dritte Garnitur aus den Randgebieten der Stadt, aus Newark und den Vorstädten von Jersey bis hin zum rauhen Connecticut und den nicht gesellschaftsfähigen Bezirken Long Islands – und zweifellos angrenzende Garnituren bis hinunter zum Schuhwerk der Stadt: Jüdinnen, die, von der Riverside bis zur Bronx, in die Gesellschaft jüdischer Männer und Frauen eingeführt [48] wurden und sich auf einen aufsteigenden jungen Makler oder Juwelier und eine koschere Hochzeit freuten; irische Mädchen, die ihr Auge – endlich mit Erlaubnis – auf eine Gesellschaft korrupter junger Politiker, frommer Bestattungsunternehmer und ausgewachsener Sängerknaben richteten.
    Natürlich ließ sich von dieser prickelnden Atmosphäre die ganze Stadt anstecken – die Arbeiterinnen, arme hässliche Wesen, die in den Fabriken Seife verpackten oder in den großen Kaufhäusern die neueste Mode zum Verkauf anboten, träumten davon, in der aufregenden Reizbarkeit dieses Winters den begehrten Mann ergattern zu können – so wie ein ungeschickter Taschendieb im Menschengewühl eines Volksfests wittert, dass seine Chancen steigen. Und die Kaminschlote begannen zu rauchen, und der faulige Geruch der Untergrundbahn verlor sich. Und die Schauspielerinnen kamen in neuen Bühnenstücken heraus, die Verleger kamen mit neuen Büchern heraus und Vernon und Irene Castle mit neuen Tänzen. Und die Eisenbahn kam mit neuen Fahrplänen heraus, die anstelle der alten Fehler, an die die Pendler sich eben erst gewöhnt hatten, neue enthielten…
    Die ganze Stadt kam aus sich heraus!
    Eines Nachmittags, Anthony lief unter einem stahlgrauen Himmel die 42. Straße entlang, begegnete er unverhofft Richard Caramel, der gerade aus dem Herrenfriseursalon des Manhattan Hotel trat. Es war ein kalter Tag, der erste ausgesprochen kalte Tag, und Caramel hatte einen dieser knielangen, mit Schaffell besetzten Mäntel an, die schon lange von den Arbeitern im Mittleren Westen getragen wurden und eben die Billigung der Modewelt fanden. Sein [49] weicher Hut war von einem gedeckten Dunkelbraun, darunter flammte sein klares Auge wie ein Topas. Begeistert hielt er Anthony an und schlug ihm auf die Arme, mehr aus dem Wunsch heraus, sich warmzuhalten, denn aus Jux und Tollerei. Nach dem unvermeidlichen Händedruck platzte er heraus: »Höllisch kalt heute – meine Güte, ich hab den ganzen Tag wie ein Berserker geschuftet. Dann ist mein Zimmer so kalt geworden, dass ich dachte, ich hol mir ’ne Lungenentzündung. Verflixte Hauswirtin spart an Kohlen. Hab mir mehr als ’ne halbe Stunde lang die Kehle nach ihr heiser geschrien, dann kommt sie endlich rauf. Hab angefangen zu erklären, was los ist. Gott! Sie hat mich erst fast zum Wahnsinn getrieben, dann sah ich in ihr aber doch plötzlich eine mögliche Figur, und ich hab mir Notizen gemacht, während sie daherplapperte – so, dass sie mich nicht sehen konnte, weißt du, als würde ich mir nur beiläufig was aufnotieren…«
    Er hatte Anthonys Arm ergriffen und führte ihn forschen Schritts die Madison Avenue hinauf.
    »Wohin?«
    »Nirgendwohin.«
    »Was soll das denn?«, wollte Anthony wissen.
    Sie blieben stehen und blickten einander an, und Anthony überlegte, ob sein Gesicht in der Kälte wohl ebenso abstoßend wirkte wie Dick Caramels; dessen Nase war karminrot, die gewölbte Stirn blau und die ungleichen gelben Augen an den Rändern rot und wässrig. Kurz darauf gingen sie weiter.
    »Bin mit meinem Roman gut vorangekommen.« Dick sprach und blickte nachdrücklich auf den Bürgersteig. [50] »Aber hin und wieder muss ich einfach raus.« Schüchtern schaute er zu Anthony, als benötige er dringend Zuspruch. »Ich muss einfach reden. Ich schätze, nur wenige Menschen denken nach, ich meine, setzen sich hin, denken nach und haben eine geordnete Abfolge von Ideen. Wenn ich nachdenke, dann schriftlich oder im Gespräch. Man braucht eine Art Anfang – etwas, das man verteidigen oder dem man widersprechen kann,

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