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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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zwei aufgerissene Augen an.
    »Ah, ich wusste, dass du kommen würdest«, murmelte sie schwach.
    Anthony wurde kalt vor Zorn.
    »Dann war das also nur ein Plan, mich hierherzulocken, mich in Schwierigkeiten zu bringen!«, sagte er. »Gottverdammich, du hast zu oft blinden Alarm geschlagen!«
    [450] Sie betrachtete ihn kläglich.
    »Ich musste dich einfach sehen. Ich hätte nicht weiterleben können. Ach, ich musste dich einfach…«
    Er setzte sich aufs Bett und schüttelte langsam den Kopf.
    »Du bist nicht artig«, sagte er entschieden. Unwillkürlich redete er so, wie Gloria mit ihm geredet hätte. »Das ist mir gegenüber nicht fair, verstehst du?«
    »Komm näher.« Er mochte sagen, was er wollte, jetzt war Dot glücklich. Er ängstigte sich um sie. Sie hatte ihn an ihr Bett geholt.
    »Ach Gott«, sagte Anthony hoffnungslos. Als eine Welle der Müdigkeit unaufhaltsam heranrollte, legte sich seine Wut, verrauchte, verflog. Plötzlich brach er zusammen und fiel schluchzend neben ihr aufs Bett.
    »Ach, mein Liebling«, flehte sie ihn an, »wein doch nicht! Ach, wein doch nicht.«
    Sie nahm seinen Kopf an ihre Brust und tröstete ihn. Ihre Glückstränen vermischten sich mit der Bitternis der seinen. Ihre Hand spielte sanft mit seinem Haar.
    »Was bin ich doch für ein Kindskopf«, murmelte sie mit gebrochener Stimme, »aber ich liebe dich, und wenn du kalt zu mir bist, kommt’s mir vor, als lohnte es sich nicht, weiterzuleben.«
    Immerhin war das Friede – der stille Raum mit dem Duft von Puder und Parfüm einer Frau, Dots Hand, weich wie ein warmer Wind auf seinem Haar, ihr Busen, der sich beim Atmen hob und senkte –, einen Augenblick lang war es, als sei Gloria anwesend, als sei er in einem schöneren und geschützteren Zuhause zur Ruhe gekommen, als er es je gekannt hatte.
    [451] Eine Stunde verstrich. In der Diele begann eine Uhr zu schlagen. Er sprang auf und sah auf die Leuchtzeiger seiner Armbanduhr. Es war zwölf Uhr.
    Er hatte Mühe, ein Taxi zu finden, das ihn um diese Stunde hinausfahren würde. Er drängte den Fahrer, schneller zu fahren, und grübelte, wie er am besten ins Lager hineingelangte. In jüngster Zeit hatte er sich mehrmals verspätet, und er wusste, wenn man ihn erneut erwischte, würde sein Name wahrscheinlich von der Liste der Offiziersanwärter gestrichen. Er überlegte, ob er das Taxi nicht lieber fortschicken und das Risiko eingehen sollte, sich im Dunkeln am Wachtposten vorbeizuschleichen. Andererseits fuhren Offiziere oft auch noch nach Mitternacht an den Wachtposten vorbei…
    »Halt!« Der einsilbige Befehl kam aus dem grellen gelben Licht, das die Scheinwerfer auf die kurvenreiche Straße warfen. Der Taxifahrer kuppelte aus, und mit vorgehaltenem Gewehr trat ein Wachtposten heran. Wie der Zufall es wollte, stand der Offizier der Wachmannschaft bei ihm.
    »Noch so spät aus, Sergeant?«
    »Jawohl, Sir. Bin aufgehalten worden.«
    »Zu dumm. Muss Ihren Namen aufnehmen.«
    Während der Offizier, Notizbuch und Bleistift in der Hand, wartend dastand, drängte sich aus Angst, Verwirrung und Verzweiflung etwas nicht ganz Beabsichtigtes auf Anthonys Lippen.
    »Sergeant R. A. Foley«, antwortete er atemlos.
    »Und welche Einheit?«
    »Kompanie Q, 83. Infanterie.«
    [452] »Na schön. Von hier aus müssen Sie aber zu Fuß laufen, Sergeant.«
    Anthony salutierte, entlohnte geschwind seinen Taxifahrer und machte sich im Laufschritt auf den Weg zu dem Regiment, das er angegeben hatte. Als er außer Sichtweite war, änderte er seine Laufrichtung und eilte mit wild pochendem Herzen zu seiner eigenen Kompanie, in dem Gefühl, einen verhängnisvollen Fehler gemacht zu haben.
    Zwei Tage später erkannte ihn der Offizier, der die Wachmannschaft befehligt hatte, in einem Friseurgeschäft in der Stadt. Unter der Obhut eines Militärpolizisten wurde er zum Lager zurückgebracht, wo er ohne Anhörung zum Mannschaftsstand degradiert wurde und die Auflage erhielt, den Bereich seiner Kompaniestraße einen Monat lang nicht zu verlassen.
    Nach diesem Schlag überwältigte ihn ein Gefühl äußerster Niedergeschlagenheit, und binnen einer Woche wurde er erneut in der Stadt ertappt, wie er in betrunkenem Zustand umherwankte, in der Hüfttasche ein Pint schwarzgebrannten Whiskys. Aufgrund einer Art Verwirrung in seinem Benehmen während des Verfahrens wurde er zu nur drei Wochen Arrest verurteilt.
    Alptraum
    Zu Beginn seiner Haft suchte ihn die Vorstellung heim, er sei drauf und dran, verrückt zu werden. Es

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