Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
Vom Netzwerk:
Angelegenheit zu sprechen?«
    [497] Anthony verlor den Mut.
    »Ich möchte mit Ihnen sprechen«, sagte er trotzig.
    »Worum geht es?«
    »Es braucht eine Weile, um es zu erklären.«
    »Nun, worum handelt es sich?« Mr. Weatherbees Stimme verriet zunehmende Gereiztheit.
    Da begann Anthony, an jedem Wort, an jeder Silbe kauend: »Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal von einer Reihe von Broschüren mit dem Titel Herz-Talk gehört haben…«
    »Du große Güte!«, rief Percy B. Weatherbee, Architekt, »versuchen Sie etwa, mein Herz zu erweichen?«
    »Nein, es ist etwas Geschäftliches. Herz-Talk ist als Aktiengesellschaft eingetragen, und wir bringen gerade ein paar Aktien auf den Markt…«
    Zermürbt von dem starren und verächtlichen Blick seiner unwilligen Beute, wurde seine Stimme langsam schwächer. Zunehmend nervös, mühte er sich eine Minute lang weiter ab und verhedderte sich in seinen Worten. Sein Selbstvertrauen fiel in großen hervorgewürgten Brocken von ihm ab, die ganze Teile seines Körpers zu enthalten schienen. Gütigerweise beendete Percy B. Weatherbee, Architekt, das Gespräch.
    »Du lieber Himmel!«, donnerte er voller Abscheu. »Und das nennen Sie eine persönliche Angelegenheit!« Er machte auf dem Absatz kehrt, schritt in sein Privatbüro und warf die Tür hinter sich zu. Anthony wagte es nicht, die Stenographin anzublicken, und verdrückte sich schmachvoll aus dem Zimmer. In der Eingangshalle blieb er schweißgebadet stehen und fragte sich, weshalb niemand kam und ihn [498] festnahm; in jedem flüchtigen Blick entdeckte er unfehlbar Geringschätzung.
    Eine Stunde später raffte er sich mit Hilfe von zwei kräftigen Whiskys zu einem neuerlichen Versuch auf. Er trat in ein Klempnergeschäft; als er jedoch sein Anliegen nannte, zog sich der Klempner in großer Hast seinen Mantel über und verkündete schroff, er müsse zum Mittagessen. Anthony bemerkte höflich, es sei fruchtlos, einem hungrigen Menschen etwas verkaufen zu wollen, und der Klempner stimmte ihm aus vollem Herzen zu.
    Diese Episode ermutigte Anthony; er versuchte sich einzureden, dass ihn der Klempner wenigstens angehört hätte, wenn er nicht gerade Mittagspause gemacht hätte.
    Er kam an einigen glitzernden und imposanten Kaufhäusern vorbei und betrat ein Lebensmittelgeschäft. Ein redseliger Inhaber erklärte ihm, bevor er irgendwelche Aktien kaufe, wolle er erst sehen, wie sich der Waffenstillstand auf den Markt auswirke. Dies kam Anthony nahezu ungerecht vor. In Mr. Carletons Utopie der Verkaufstätigkeit nannten potentielle Käufer als einzigen Grund dafür, keine Aktien erwerben zu wollen, dass sie zweifelten, ob es eine lohnende Investition sei. Offensichtlich war ein Mann in dieser Verfassung beinahe lächerlich leichte Beute und konnte durch klugen Einsatz schlagender Verkaufsargumente überredet werden. Aber diese Männer hier – die dachten ja nicht im Traum daran, irgendetwas zu kaufen.
    Anthony nahm noch einige Whiskys zu sich, ehe er seinen vierten Mann ansprach, einen Grundstücksmakler; er wurde mit einem Argument zu Boden gestreckt, scharf wie ein Syllogismus. Der Grundstücksmakler sagte, er habe drei [499] Brüder, die alle im Investitionsgeschäft tätig seien. Anthony, der sich schon als Zerstörer häuslicher Eintracht sah, entschuldigte sich und ging seiner Wege.
    Nach einem weiteren Drink entwarf er den glänzenden Plan, die Aktien an die Barmänner in der Lexington Avenue zu verkaufen. Dies nahm mehrere Stunden in Anspruch, denn in jedem Lokal musste er ein paar Drinks zu sich nehmen, um den Besitzer in die richtige Stimmung zu versetzen, damit er sich überhaupt auf etwas Geschäftliches einließ. Aber die Barmänner behaupteten samt und sonders, wenn sie das Geld hätten, Wertpapiere zu kaufen, wären sie keine Barmänner. Es war, als seien sie alle zusammengekommen, um sich auf diese eine Antwort festzulegen. Als es fünf Uhr wurde, dunkel und matschig, merkte er, dass sie die noch ärgerlichere Neigung hatten, sich seiner mit Scherzen zu erwehren.
    Um fünf beschloß er mit einer ungeheuren Willensanstrengung, seiner Kundenwerbung mehr Farbe zu verleihen. Er wählte ein mittelgroßes Feinkostgeschäft und trat ein. Es kam ihm die Erleuchtung, dass er nicht nur den Geschäftsinhaber, sondern auch sämtliche Kundinnen in seinen Bann ziehen musste – vielleicht würden sie der Psychologie des Herdentriebs zufolge gemeinsam kaufen, als ein erstauntes und auf der Stelle überzeugtes

Weitere Kostenlose Bücher