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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Bloeckman erregt. In diesem Augenblick drängte sich eilends ein kleiner Mann mit pockennarbigem Gesicht durch die Zuschauer.
    »Gibt’s Ärger, Mr. Black?«
    »Dieser Saufbruder hat doch versucht, mich zu erpressen!«, sagte Bloeckman und dann in einer Stimme, die sich zu einem leicht schrillen Ton des Stolzes steigerte: »Dem habe ich eine gehörige Abreibung verpasst!«
    Der Kleine wandte sich an einen Kellner.
    »Rufen Sie einen Polizisten!«, befahl er.
    »Nicht doch«, sagte Bloeckman rasch. »Zu viel der Mühe. Setzen Sie ihn einfach auf die Straße… Uaah! Was für eine Geschmacklosigkeit!« Er drehte sich um und ging bewusst [565] würdevoll zur Toilette. Sechs sehnige Hände ergriffen Anthony und zerrten ihn zur Tür. Der »Saufbruder« wurde gewaltsam auf den Gehsteig geschleudert, wo er mit einem grotesk klatschenden Geräusch auf Händen und Knien landete und langsam auf die Seite rollte.
    Der Aufprall betäubte ihn. Einen Augenblick lang blieb er mit heftigen, über den ganzen Körper verteilten Schmerzen liegen. Dann zogen sich seine Beschwerden in seinem Magen zusammen, er kam wieder zu sich und merkte, wie ihn ein großer Fuß stupste.
    »Los, hau ab, du Saufbruder! Zieh Leine!«
    Es war der stämmige Türsteher, der da sprach. Ein Personenwagen hatte am Bordstein gehalten, und seine Fahrgäste waren ausgestiegen – das heißt, zwei der Frauen standen auf dem Trittbrett und warteten in gekränkter Empfindsamkeit darauf, dass ihnen dieses obszöne Hindernis aus dem Weg geräumt würde.
    »Zieh ab! Oder ich mach dir Beine!«
    »Hier – ich nehme ihn mit.«
    Das war eine neue Stimme; Anthony hatte den Eindruck, dass sie etwas duldsamer, etwas besser gelaunt war als die andere. Wieder umfassten ihn Arme. Halb hoben sie ihn, halb schleppten sie ihn vier Türen weiter die Straße hinauf in einen willkommenen Schatten und lehnten ihn gegen die steinerne Fassade eines Hutgeschäfts.
    »Verbindlichen Dank«, murmelte Anthony schwach. Jemand drückte ihm seinen weichen Hut auf den Kopf, und er zuckte zusammen.
    »Schön sitzen geblieben, Kumpel, dann geht’s dir besser. Die Kerls haben dir ’ne ganz schöne Beule verpasst.«
    [566] »Ich geh zurück und bringe diesen dreckigen…« Er versuchte aufzustehen, sank aber wieder mit dem Rücken gegen die Mauer.
    »Du kannst jetzt gar nichts tun«, sagte die Stimme. »Nimm sie dir ein andermal vor. Wenn ich’s dir doch sage! Ich helfe dir doch nur.«
    Anthony nickte.
    »Und du gehst jetzt besser nach Haus. Du hast heut Nacht einen Zahn verloren, Kumpel. Weißt du das?«
    Anthony befühlte mit der Zunge von innen seinen Mund und stellte die Richtigkeit der Behauptung fest. Dann hob er mit Mühe die Hand und fand die Zahnlücke.
    »Ich bring dich heim, mein Freund. Wo wohnst du…?«
    »Oh, bei Gott! Bei Gott!«, unterbrach ihn Anthony und ballte leidenschaftlich die Fäuste. »Den Dreckskerlen werd ich’s besorgen. Wenn du mir dabei hilfst, regele ich das schon mit dir. Mein Großvater ist Adam Patch aus Tarrytown…«
    »Wer?«
    »Adam Patch, Himmel noch mal!«
    »Du willst bis nach Tarrytown?«
    »Nein.«
    »Na, sag mir, wohin, mein Freund, und ich rufe ein Taxi.«
    Anthony sah, dass sein Samariter ein kleines, breitschultriges, ziemlich abgerissenes Individuum war.
    »Wo wohnst du, he?«
    Durchnässt und mitgenommen, wie er war, hatte Anthony doch das Gefühl, dass seine Anschrift nicht so recht zu seiner wilden Prahlerei mit seinem Großvater passte.
    [567] »Ruf mir ein Taxi«, befahl er und fummelte in seinen Taschen herum.
    Ein Taxi fuhr vor. Wieder versuchte Anthony, sich zu erheben, doch sein Knöchel gab nach, als sei er entzwei. Der Samariter musste ihm unbedingt hineinhelfen – und hinter ihm einsteigen.
    »Schau her, Mann«, sagte er, »du bist klatschnass, und dein Auge ist geschwollen, und du wirst nicht in deine Wohnung kommen können, wenn dich nicht jemand hineinträgt, also fahre ich mit, und ich weiß, du wirst die Sache regeln. Wo wohnst du?«
    Mit einigem Widerstreben nannte Anthony seine Adresse. Als das Taxi anfuhr, lehnte er seinen Kopf gegen die Schulter des Mannes und verfiel in eine unbestimmte, schmerzhafte Starre. Als er wieder zu sich kam, hatte ihn der Mann vor dem Etagenhaus in der Claremont Avenue aus dem Taxi gehoben und versuchte ihn auf die Füße zu stellen.
    »Kannst laufen?«
    »Ja – geht so. Du kommst besser nicht mit mir.« Wieder kramte er ratlos in seinen Taschen. »Sag mal«, fuhr er bedauernd und bedrohlich

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