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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Anthony gedacht. Tatsächlich rief er an und klang am Telefon so goldig, dass ich ihm zuliebe mein Versprechen gebrochen habe, mit jemand anders auszugehen. Heute habe ich das Gefühl, dass ich seinetwegen alles brechen würde, die Zehn Gebote und mir den Hals. Er kommt um acht, und ich werde Rosa tragen und sehr frisch und gestärkt aussehen…
    Hier hielt sie inne. Sie erinnerte sich, dass sie sich an dem Abend, nachdem er gegangen war, ausgekleidet hatte, und [195] durch die Fenster war die frostige Aprilluft hereingeströmt. Doch erwärmt von den profunden Allerweltsgefühlen, die in ihrem Herzen brannten, hatte sie die Kälte offenbar nicht verspürt.
    Die nächste Eintragung erfolgte ein paar Tage später:
    24. April – Ich will Anthony heiraten, weil Ehemänner so oft »Ehemänner« sind und ich einen Liebhaber heiraten will. Es gibt vier Typen von Ehemännern.
    (1) Der Ehemann, der abends immer nur zu Hause bleiben will, keine Laster hat und für ein Gehalt arbeitet. Ganz und gar unerwünscht!
    (2) Der vorsintflutliche Gebieter, dessen Sklavin man ist und zu dessen Befriedigung man dient. Die Sorte hält jede hübsche Frau für ›oberflächlich‹, eine Art Pfau mit Entwicklungshemmung.
    (3) Als Nächstes kommt der Anbeter, der abgöttische Verehrer seiner Frau und all dessen, was ihm gehört, der alles andere darüber völlig vernachlässigt. Diese Sorte begehrt eine Gefühlsschauspielerin zur Frau. Himmel! Es muss eine Anstrengung sein, für tugendhaft gelten zu wollen.
    (4) Und Anthony – zeitweise ein Liebhaber mit Leidenschaft, der klug genug ist, um zu erkennen, wann sie verfliegt und dass sie verfliegen muss. Und ich will Anthony heiraten.
    Was für Maden doch die Frauen sind, dass sie bäuchlings durch farblose Ehen kriechen! Die Ehe wurde nicht dazu geschaffen, den Hintergrund für etwas abzugeben, sondern bedarf selber eines Hintergrunds. Meine wird [196] hervorragend werden. Sie darf, sie wird nicht das Bühnenbild sein, sondern die Darbietung selbst, ein großartiges, glanzvolles Schauspiel, und die Welt wird ihre Kulisse sein. Ich weigere mich, mein Leben der Nachwelt zu weihen. Gewiss ist man der gegenwärtigen Generation ebenso viel schuldig wie seinen ungewollten Kindern. Was für ein Los – dick und hässlich zu werden, meine Selbstliebe zu verlieren, nur noch an Milch, Hafergrütze, Kindermädchen und Windeln zu denken… Liebe Traumkinder, wie viel schöner ihr seid, strahlende kleine Geschöpfe, die mit goldenen, goldenen Flügeln flattern (alle Traumkinder müssen flattern)…
    Solche Kinder aber, arme, liebe Kinderchen, haben mit dem Ehestand nur wenig gemein.
    7. Juni – Moralisches Problem: War es verkehrt, Bloeckman dazu zu bringen, dass er mich liebt? Denn tatsächlich habe ich ihn so weit gebracht. Heute Abend war er beinahe entzückend traurig. Wie günstig, dass mein Hals richtig zugeschwollen ist und es mir ein Leichtes war, Tränen hervorzupressen. Aber er ist nur noch Vergangenheit – bereits begraben unter meinem üppigen Lavendel.
    8. Juni – Heute habe ich versprochen, nicht auf den Lippen zu kauen. Ich nehme an, ich werde es einhalten – aber hätte er mich doch statt dessen nur gebeten, nicht zu essen!
    Wir lassen Seifenblasen aufsteigen, Anthony und ich. Heute haben wir so schöne Seifenblasen aufsteigen lassen, und wenn sie platzen, dann machen wir einfach neue, denke ich – genauso große und genauso schöne Seifenblasen, bis alle Seife und alles Wasser aufgebraucht sind.
    [197] Damit endete das Tagebuch. Ihre Augen wanderten über die Seite, über die 8. Junis der Jahre 1912, 1910, 1907. Die früheste Eintragung war hingekritzelt in der plumpen, wulstigen Handschrift eines sechzehnjährigen Mädchens – es waren der Name Bob Lamar und ein Wort, das sie nicht entziffern konnte. Dann fiel ihr ein, was es war – und da sie es wusste, legte sich ein Tränenschleier vor ihre Augen. Dort, grau verschmiert, war der Nachweis ihres ersten Kusses, ebenso verblasst wie jener vertrauliche Nachmittag auf einer regennassen Veranda vor sieben Jahren. Sie wollte sich darauf besinnen, was einer von ihnen an jenem Tag gesagt hatte, doch ihre Erinnerung ließ sie im Stich. Ihre Tränen flossen schneller, bis sie das Blatt kaum noch sehen konnte. Sie redete sich ein, deshalb zu weinen, weil sie sich nur noch an den Regen und die nassen Blumen im Garten und an den Geruch des feuchten Grases erinnern konnte.
    Nach einer Weile fand sie einen Bleistift, hielt ihn unsicher und zog

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