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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Schatten angehörte, Tomatensandwiches und Limonade servieren lassen wollte. Zwischen einzelnen Absätzen würde Anthony kommen und sie küssen, wenn sie träge in der Hängematte lag… Die Hängematte! Ein Schwarm neuer Träume bewegte sich im Takt zu ihrem vorgestellten Rhythmus, wenn der Wind sie wiegte und die Sonne in Wellen über die Schatten verwehten Weizens wogte oder die staubige Straße von stillem Sommerregen gesprenkelt und dunkler gefärbt wurde…
    Und Gäste – an dieser Stelle hatten sie eine lange Auseinandersetzung, da beide versuchten, außerordentlich überlegt und weitsichtig zu sein. Anthony behauptete, dass sie »zur Abwechslung« wenigstens jedes zweite Wochenende Leute brauchten. Dies löste einen engagierten und überaus emotionsgeladenen Wortwechsel aus über die Frage, ob Anthony an Gloria nicht genügend Abwechslung habe. Trotz seiner Versicherungen bestand sie darauf, ihm zu misstrauen… Schließlich fiel das Gespräch in die alte Eintönigkeit zurück: »Und was dann? Ach, was sollen wir dann tun?«
    »Wir werden einen Hund haben«, schlug Anthony vor.
    [237] »Ich will keinen Hund. Ich will ein Kätzchen.« Tiefschürfend und mit großer Begeisterung handelte sie die Geschichte, die Gewohnheiten und Vorlieben einer Katze ab, die ihr früher gehört hatte. Anthony dachte, dass es ein schreckliches Wesen gewesen sein musste, das weder persönliche Anziehungskraft noch ein treues Herz besaß.
    Später schliefen sie ein. Eine Stunde vor dem Morgengrauen wachten sie auf, und vor ihren benommenen Blicken tanzte das graue Haus in all seiner trügerischen Herrlichkeit.
    Glorias Seele
    Einen Herbst lang grüßte das graue Haus sie mit einem Gefühlsüberschwang, der sein zynisches hohes Alter verleugnete. Zugegeben, da waren die Wäschebeutel, Glorias Essgewohnheiten und Anthonys Hang zur Grübelei, seine »reizbare« Einbildungskraft, doch ebenso gab es Perioden unverhoffter Gelöstheit. Dicht aneinandergeschmiegt, warteten sie auf der Veranda darauf, dass der Mond über die silberhellen Fluren flutete, über einen dichten Wald sprang und ihnen Wellen strahlenden Glanzes zu Füßen warf. In solchem Mondschein war Glorias Antlitz von einem eindringlichen, Erinnerungen wachrufenden Weiß, beinahe mühelos streiften sie die Scheuklappen der Gewohnheit ab, und jeder fand im anderen das Wesen der Romanze vom vergangenen Juni.
    [238] Eines Nachts, als ihr Kopf an seinem Herzen ruhte und ihre Zigaretten wie huschende Lichtknöpfe durch die Kuppel des Dunkels über ihrem Bett glühten, sprach sie zum ersten Mal und bruchstückhaft von den Männern, die sich für kurze Augenblicke an ihrer Schönheit festgehalten hatten.
    »Denkst du je an sie?«, fragte er sie.
    »Nur gelegentlich – wenn etwas geschieht, das einen bestimmten Mann ins Gedächtnis zurückruft.«
    »Woran erinnerst du dich – an ihre Küsse?«
    »An alles Mögliche… Männer sind anders, wenn sie mit Frauen zusammen sind.«
    »Wie anders?«
    »Ach, vollkommen anders – es lässt sich überhaupt nicht beschreiben. Männer, die in dem unerschütterlichsten Ruf standen, so oder auch so zu sein, stimmten bei mir manchmal überraschend wenig damit überein. Brutale Männer waren zärtlich, nachlässige Männer erstaunlich treu und liebenswürdig, und ehrenwerte Männer haben oft eine Haltung eingenommen, die alles andere als ehrenwert war.«
    »Zum Beispiel?«
    »Es gab da einen Jungen namens Percy Wolcott aus Cornell, der im College ein ziemlicher Held war, ein großartiger Athlet, der eine Menge Leute aus einer Feuersbrunst gerettet hatte oder so etwas. Aber ich fand schon bald heraus, dass er auf ziemlich gefährliche Weise dumm war.«
    »Wie denn?«
    »Anscheinend hatte er eine naive Auffassung von der Frau, die würdig war, ›seine Frau zu sein‹, eine Auffassung, der ich häufig begegnet bin und die mich noch stets zur Weißglut getrieben hat. Er wollte ein Mädchen haben, das [239] noch nie geküsst worden war, gern nähte und zu Hause saß und seiner Selbstachtung Tribut zollte. Und ich wette meinen Hals, wenn er ein Dummerchen gefunden hat, das herumsitzt und mit ihm dumm ist, treibt er’s heimlich mit einer schlagfertigeren Dame.«
    »Mir tut seine Frau leid.«
    »Mir nicht. Stell dir vor, was für ein Esel sie sein muss, dass sie’s nicht gemerkt hat, bevor sie ihn heiratete. Er ist der Typ, der die Vorstellung hat, eine Frau zu ehren und zu achten bedeute, sie niemals neuen Reizen auszusetzen. Trotz aller guten

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