Die Schönen und Verdammten
dem Gasthof fanden sie eine Droschke und fuhren schweigend zu der kleinen Station…
Dann wusste Anthony, was er wollte – gegen dieses abweisende, herrische Mädchen seinen Willen durchsetzen und in einem großartigen Anlauf eine Herrschaft erlangen, die ihm unendlich erstrebenswert erschien.
»Komm, wir fahren zu den Barnes hinüber«, sagte er, ohne sie anzublicken. »Ich habe noch keine Lust, nach Hause zu fahren.«
Mrs. Barnes, geb. Rachael Jerryl, besaß einige Kilometer von Redgate entfernt ein Sommerhaus.
»Wir waren erst vorgestern da«, beschied sie ihn knapp.
»Die freuen sich bestimmt, uns zu sehen.« Er fand, dass er noch nicht den richtigen Ton getroffen hatte, nahm entschlossen seinen Mut zusammen und fügte hinzu: »Ich will die Barnes sehen. Ich habe nicht das geringste Verlangen, nach Hause zu fahren.«
»Und ich nicht das geringste Verlangen, zu den Barnes zu fahren.«
Plötzlich starrten sie einander an.
»Also wirklich, Anthony«, sagte sie verdrossen, »es ist Sonntagabend, wahrscheinlich haben sie zum Abendessen Gäste. Weshalb sollten wir um diese Stunde…«
»Wieso haben wir dann nicht bei den Merriams bleiben können?«, brach es aus ihm heraus. »Wieso nach Hause fahren, wenn wir uns ausgezeichnet unterhalten haben? Sie haben uns zum Abendessen eingeladen.«
»Es ist ihnen nichts anderes übriggeblieben. Gib mir das Geld, und ich löse die Fahrkarten.«
[261] »Ganz gewiss nicht! Ich bin nicht dazu aufgelegt, mit diesem verdammten heißen Zug zu fahren.«
Gloria stampfte mit dem Fuß auf dem Bahnsteig auf.
»Anthony, du benimmst dich, als wärst du betrunken!«
»Im Gegenteil, ich bin vollkommen nüchtern.«
Aber seine Stimme war schon in eine tonlose Heiserkeit abgeglitten, und sie wusste mit Sicherheit, dass er nicht die Wahrheit sprach.
»Wenn du nüchtern bist, gibst du mir das Geld für die Fahrkarten.«
Aber es war schon zu spät, so mit ihm zu reden. Er hatte nur noch einen Gedanken – dass Gloria selbstsüchtig war und es bleiben würde, solange er sich nicht hier und jetzt zu ihrem Herrn und Gebieter aufschwang. Da sie ihn aus einer bloßen Laune heraus um ein Vergnügen gebracht hatte, bot sich jetzt die beste aller Gelegenheiten. Seine Entschlossenheit festigte sich und kam vorübergehend einem stumpfen und verstockten Hass gleich.
»Ich fahre nicht mit dem Zug«, sagte er, und seine Stimme zitterte leicht vor Wut. »Wir fahren zu den Barnes.«
»Ich nicht!«, rief sie. »Wenn du gehst, fahre ich eben allein nach Hause.«
»Dann fahr doch!«
Wortlos wandte sie sich zum Fahrkartenschalter; gleichzeitig fiel ihm ein, dass sie etwas Geld bei sich hatte und dass dies nicht der Sieg war, den er sich wünschte, den er erringen musste. Er rückte ihr einen Schritt näher und packte sie am Arm.
»Nun warte doch!«, murmelte er. »Du fährst nicht allein!«
[262] »Und ob ich fahre – wirklich, Anthony!« Dieser Ausruf, als sie versuchte, sich ihm zu entwinden – er verstärkte seinen Griff nur.
Er blickte sie aus böse zusammengekniffenen Augen an.
»Lass mich los!« Ihr Schrei war voller Grimm. »Wenn du auch nur einen Funken Anstand im Leibe hast, lässt du mich los.«
»Warum?« Er wusste, warum. Aber wie er sie so hielt, verspürte er einen wirren und nicht ganz gefestigten Stolz.
»Ich fahre nach Hause, verstehst du? Und du wirst mich loslassen!«
»Nein, werde ich nicht.«
Jetzt flammten ihre Augen auf.
»Willst du mir hier etwa eine Szene machen?«
»Und ich sage dir, du fährst nicht! Ich habe deine ewige Selbstsucht satt.«
»Ich will doch nur nach Hause.« Zwei Zornestränen traten ihr in die Augen.
»Diesmal wirst du tun, was ich sage.«
Langsam richtete sie sich auf und warf in einer Geste unendlicher Geringschätzung den Kopf zurück.
»Ich hasse dich!« Die leisen Worte stieß sie wie Gift zwischen ihren zusammengebissenen Zähnen hervor. »Oh, lass mich los! Oh, ich hasse dich!« Sie versuchte, sich loszureißen, aber er umklammerte nur den anderen Arm. »Ich hasse dich! Ich hasse dich!«
Angesichts Glorias Raserei kehrte seine Unsicherheit zurück, aber er fand, dass er schon zu weit gegangen war, um jetzt noch einzulenken. Er hatte den Eindruck, immer eingelenkt zu haben und dass sie ihn deshalb im Grunde [263] ihres Herzens verachte. Ach, mochte sie ihn jetzt auch hassen, hinterher würde sie ihn wegen seiner Kraft bewundern.
Der nahende Zug stieß einen Warnpfiff aus, der melodramatisch über die schimmernden blauen Gleise auf
Weitere Kostenlose Bücher