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Die Schönen und Verdammten

Die Schönen und Verdammten

Titel: Die Schönen und Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Gelb, und brachte Stimmung und mehr Lebhaftigkeit mit.
    »Ich will ein sensationeller Erfolg beim Film werden«, verkündete sie. »Ich höre, dass Mary Pickford eine Million Dollar im Jahr verdient.«
    »Das könnten Sie auch, wissen Sie«, sagte Bloeckman. »Ich denke, Sie eignen sich für den Film.«
    »Würdest du mich lassen, Anthony? Wenn ich nur einfache Rollen übernehme?«
    Während das Gespräch sich unter Verlegenheitspausen weiterspann, wunderte sich Anthony, dass Bloeckman und er dieses Mädchen einst als den anregendsten, belebendsten [281] Menschen empfunden hatten, den sie je gekannt hatten – und jetzt saßen die drei da wie allzugut geölte Maschinen, ohne Konflikt, ohne Furcht, ohne Begeisterung – kleine Emaillefigurinen, unangenehm geborgen in einer Welt, in der Tod und Krieg, dumpfe Emotion und edle Wildheit einen ganzen Kontinent mit dem Brandrauch des Terrors überzogen.
    Gleich würde er Tana rufen, und sie würden ein fröhliches und köstliches Gift in sich hineinschütten, das ihnen vorübergehend die wohltuende Aufgeregtheit der Kindheit wiederschenken würde, als noch jedes Gesicht in einer Menschenmenge auf glänzende und hochbedeutsame Geschäfte schließen ließ, die irgendwo zu einem herrlichen und unermesslichen Zweck getätigt wurden… Das Leben war nichts anderes als dieser Sommernachmittag; eine schwache Brise, die den Spitzenkragen von Glorias Kleid erzittern ließ, die langsam dörrende Schläfrigkeit der Veranda… Sie alle schienen unerträglich ungerührt, fern von jeglicher unmittelbar bevorstehenden romantischen Aktion. Selbst Glorias Schönheit bedurfte ungestümer Gefühle, bedurfte der Bitterkeit, bedurfte des Todes…
    »…nächste Woche, wann immer Sie wollen«, sagte Bloeckman zu Gloria. »Hier – meine Karte. Man wird eine Probeaufnahme mit Ihnen machen, ungefähr hundert Meter Film, daraus lässt sich allerhand ablesen.«
    »Wie wär’s mit Mittwoch?«
    »Mittwoch passt ausgezeichnet. Rufen Sie mich einfach an, und ich führe Sie herum.«
    Er war aufgestanden und schüttelte ihnen kräftig die Hand – dann war sein Auto nur noch eine gespenstische [282] Staubwolke auf der Straße. Verdutzt drehte sich Anthony zu seiner Frau um.
    »Also wirklich, Gloria!«
    »Du hast doch nichts dagegen, dass ich es einmal versuche, Anthony? Nur einmal. Mittwoch muss ich sowieso in die Stadt.«
    »Aber es ist so albern! Du willst doch gar nicht zum Film – den ganzen Tag mit einem Haufen abgeschmackter Tänzerinnen in einem Filmatelier umherschwirren.«
    »Mary Pickford schwirrt bestimmt nicht umher!«
    »Nicht jeder ist eine Mary Pickford.«
    »Ich verstehe nicht, wieso du etwas gegen einen bloßen Versuch hast.«
    »Habe ich aber nun mal. Ich hasse Schauspieler.«
    »Ach, du ermüdest mich. Bildest du dir etwa ein, es wäre aufregend für mich, auf dieser verdammten Veranda zu dösen?«
    »Es würde dir nichts ausmachen, wenn du mich liebtest.«
    »Natürlich liebe ich dich«, sagte sie ungeduldig und führte rasch zu ihrer Entlastung an: »Deswegen kann ich ja auch nicht mitansehen, wie’s mit dir bergab geht, weil du immer nur herumsitzt und sagst, du müsstest arbeiten. Wenn ich eine Weile zum Film ginge, würde es dich vielleicht dazu aufrütteln, auch etwas zu tun.«
    »Es ist nur dein Verlangen nach Abwechslung, das ist alles.«
    »Und wenn schon! Ein völlig natürliches Verlangen, oder?«
    »Eins sag ich dir: Wenn du zum Film gehst, gehe ich nach Europa.«
    [283] »Dann geh doch! Ich halte dich nicht auf!«
    Zum Beweis, dass sie ihn nicht aufhielt, zerfloss sie in schwermütigen Tränen. Gemeinsam ließen sie die Truppen der Sentimentalität aufmarschieren – Worte, Küsse, Zärtlichkeiten, Selbstvorwürfe. Vergebens. Natürlich vergebens. Schließlich setzte sich jeder von ihnen in einem ungeheuren Gefühlsausbruch hin und schrieb einen Brief – Anthony an seinen Großvater, Gloria an Joseph Bloeckman. Es war der Triumph der Lethargie.
    Eines Tages Anfang Juli ging Anthony, zurückgekehrt von einem Nachmittag in New York, nach oben zu Gloria. Da er keine Antwort bekam, glaubte er, sie schlafe, und so ging er in die Speisekammer, um sich eines der kleinen Sandwiches zu holen, die stets für sie bereitstanden. Tana saß am Küchentisch vor einem Sammelsurium von Krimskrams – Zigarrenschachteln, Messer, Bleistifte, Dosendeckel und einige Zettel, die mit komplizierten Zahlen und Diagrammen bedeckt waren.
    »Was zum Teufel treibst du da?«, fragte Anthony.
    Tana

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