Die schönsten Dinge
Problem würde sich in Luft auflösen, wenn sie ihn bezahlten. Und das hat es auch. Bei dem Manager, der die Aktion genehmigt hat, hat sich Julius mit einer groÃzügigen Spende bedankt, aber damit wollte er sich nur absichern. GroÃe Firmen lassen sich in der Regel leicht abziehen. Sie machen selten Ãrger, weil die Mitarbeiter nicht persönlich geschädigt werden, und wenn die Sache auffliegen würde, wären die EinbuÃen beim Aktienkurs viel höher als die Summe, um die sie betrogen werden. Für den Ãlkonzern war das gut angelegtes Geld.
Julius konnte zusehen, wie seine Einnahmen stiegen. Mittlerweile macht er mehr Geld als mein Vater und beinahe ebenso viel wie Sam. Weil wir zusammen aufgewachsen sind, sind meine Cousins und meine Cousine wie Geschwister für Sam und mich, aber Julius, der nur ein paar Monate älter ist als ich, steht mir am nächsten. Als Onkel Syd und Tante Ava ihn aus Nigeria mitgebracht haben, fing ich gerade an zu krabbeln. Julius war der Sohn eines Geschäftsfreunds, der nach zu auffälligen Erfolgen und zu mageren Schmiergeldern Angst um seine Familie hatte. In einen roten Baumwollsack gewickelt, mit nichts weiter als falschen Adoptionspapieren und falschem Pass, wurde Julius meinem Onkel und meiner Tante bei der Abreise aus Lagos in die Arme gedrückt, und obwohl in Australien schon drei Kinder auf sie warteten, konnte Ava nicht widerstehen. Jetzt kommt es uns vor, als wäre er schon immer hier gewesen. Der dürre, stille Junge von einst ist jetzt unser Star, der mit seinem technischen Ansatz immer noch Erfolg haben wird, wenn die Tricks von uns anderen, bei denen wir selbst auftreten, längst Geschichte sind.
Nachdem Julius das Geld von dem Ãlkonzern bekommen hatte, sind wir abends ausgegangen, um seinen Erfolg zu feiern. In einen neuen Laden; wir besuchen nie zweimal die gleiche Bar und nehmen immer eine, die weit von zu Hause entfernt liegt. Während wir auf Julius und die seltenen Vögel anstieÃen, saà in der Nische hinter uns ein betrunkener Mann um die fünfzig, im Arm eine deutlich jüngere kichernde Frau.
Der Mann hatte schütteres Haar und einen glänzenden Fleck oben an der Stirn, wo man ihm mit einer Laserbehandlung Krebsgewebe entfernt hatte. Er hatte teuren Champagner bestellt und achtete darauf, dass die ganze Bar es mitbekam. Mittlerweile weià ich, dass es Dr. Eng, der Schneeflockenforscher, und eine seiner Assistentinnen waren. Ich bin nicht die Einzige, die lauscht, das machen wir in der Familie alle so. Man bekommt dabei die erstaunlichsten Dinge mit: Tipps für Aktien, für Pferderennen, pikanten Klatsch, der nützlich werden kann. Ich neigte den Kopf näher zu der benachbarten Nische.
Ein einziger Schmu. Die sind so reich, dass es ihnen egal ist, wohin das Geld geht ⦠der Verwalter ist total unfähig ⦠kein richtiges Verfahren. Nur ein kurzer Beitrag in ein paar Zeitschriften, die kein Mensch liest ⦠die Bewerbungsunterlagen sind ein Witz ⦠weder Zwischenberichte noch eine Kontenabstimmung. Dann sagte er: Metcalf.
Der Name Metcalf ist in dieser Stadt berühmt. Mein Interesse war sofort geweckt. Im Gegensatz zu meinen Cousins fühle ich mich bei Auftritten in der High Society wohler. Ich kann beinahe jede Rolle spielen, aber in Momenten wie in der Metcalf-Villa komme ich mir selbst am nächsten. Vielleicht zieht es mich wegen Rubys Einfluss zu den schönen Dingen im Leben. Den teuren Dingen. Aber egal, woher das Gefühl stammt, der einzige Schutz gegen das Elend der Welt, den Dreck, die niederen Instinkte des Menschen ist für mich die Schönheit.
Am nächsten Tag ging ich zu einem alten Schuppen in einer abgelegenen Ecke unseres Grundstücks, in dem mein Vater seine Akten aufbewahrt. Im letzten Jahrhundert wurden dort Ãpfel verpackt. Aus dem alten Holz dringt immer noch ein frischer Duft, der Muff aus dem Papier hat ihn noch nicht verdrängt. Mein Vater hat Akten über Hunderte der reichsten Menschen, Familien und Firmen der Welt angelegt. Heute ist meine Tante Ava für sie verantwortlich, aber als wir klein waren, war es unsere Aufgabe, sie auf dem neuesten Stand zu halten. Mit traurigem Lächeln und Geschichten über eilige Hausaufgaben schwatzten wir in Cafés und Zahnarztpraxen den Leuten alte Ausgaben der Newsweek und Financial Review ab und schnitten alles über jeden aus, der jemand war. Dieses Ausschneiden
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