Die schönsten Dinge
keine Beziehung.«
»Er ist doch ein guter Fang«, wirft Greta ein.
»Du solltest Timothy nur nicht in irgendeiner unsinnigen Eifersucht bestärken«, sagt mein Vater. »Flirten gehört zum Job. Hättest du eine Stimme wie die Melba, würdest du längst in der Carnegie Hall singen. Es ist doch keine Schande, seine Vorzüge möglichst gut einzusetzen, aber sie sind nur der Köder. Man braucht immer noch Haken und Angelschnur.«
»Der Hochzeitsempfang könnte doch hier stattfinden, oder, Dad?«, fragt Sam.
»Samson«, ermahnt ihn Ruby.
»Ach, schon gut. Erst mal muss er sie ja fragen. Und zwar richtig. Dann ist für meine Kleine nur das Beste gut genug.«
»Halt die Klappe, Sam«, sage ich.
»Laurence«, sagt Ruby. »Zur Sache.«
»Ja, ja.« Stirnrunzelnd schlurft mein Vater zu der Tafel, auf der oben »Metcalf-Stiftung« steht. Zu den Stunden, die uns das Ganze bis jetzt gekostet hat, zählt er die Zeit, die ich heute für das Gespräch gebraucht habe. Auf der anderen Tafelhälfte steht eine eingekreiste Zahl. Der erwartete Gewinn.
»Es ist nicht besonders viel Geld, war aber auch nicht viel Arbeit.« Er wirft die Kreide hoch und fängt sie auf, bevor er sich wieder der Tafel zuwendet. Während er laut mitspricht, fügt er weitere Zeilen hinzu, multipliziert mit unseren Stunden- und Tagessätzen und berechnet die Ausgaben. »Julius, wie viel Zeit hast du gebraucht?«
Julius klappt sein kleines schwarzes Notizbuch auf. »Zwei Tage für den Förderantrag, anderthalb Tage für Dellas Website, einen halben Tag für ihren Doktor. Insgesamt knapp vier Tage.«
»Gute Arbeit, Julius«, sagt mein Vater. »Das gibt einen netten kleinen Profit. Gut gemacht, Della.«
»Mein Part ist einfach«, sagt Julius. »Ich sitz am Rechner, leg die FüÃe hoch und esse Cheezels.«
Mein Vater verteilt die Rollen. Normalerweise spielt derjenige, der die Idee hat, den Kundenbetreuer, so wie ich bei dem Metcalf-Projekt. Ich muss den eigentlichen Schwindel über die Bühne bringen. Die anderen Rollen hängen davon ab, worum es geht, aber meist haben wir noch einen Aufpasser und dazu vielleicht einen Sanitäter, der die Leute beruhigt, wenn es zu brenzlig wird, und dem Kundenbetreuer bei der Flucht hilft. Julius hat mich bei dieser Sache unterstützt, ohne ihn hätte ich es nicht geschafft.
»Vielleicht kauft Della mit ihrem Anteil Timmy ja einen Verlobungsring«, stichelt Sam.
»Du könntest dir mit deinem endlich mal eine Freundin mieten«, kontere ich.
»Ihr seid wirklich ein hübsches Paar«, sagt mein Vater. »Und Timothys Eltern sind sehr angetan von dir, Della.«
»Haben wir nicht eine Regel?«, fragt Ruby. »Es wird erst gratuliert, wenn der Scheck eingelöst ist.«
»Und ich, Della?«, fragt Beau. »Wie habe ich mich geschlagen? Was hat er über mich gesagt?«
Beau hat meine zweite Referenz gespielt, die ohne Nobelpreis. »Er hat nur gesagt, du wärst jung. Mehr nicht.«
»Zu jung? Fand er mich nicht überzeugend?«
Ich seufze. »So was würde er wohl kaum sagen, oder? Du warst prima, alles bestens.«
»Können wir jetzt bitte wieder über die Arbeit reden?«, fragt Ruby. »Muss noch etwas erledigt werden?« Sie lässt ihren Stift zwischen den Fingern kreisen.
Dieses Projekt hat an einem regnerischen Abend vor beinahe zwei Jahren begonnen. Julius hatte gerade eine hübsche Summe für sein bisher gröÃtes Ding kassiert, von einem Ãlkonzern, der jedes Aufsehen vermeiden wollte, nachdem in der Nähe einer abgelegenen Kolonie einer bedrohten Vogelart ein Leck aufgetreten war. Dieses Leck hatte es natürlich gar nicht gegeben, aber das Gebiet war schlecht zu erreichen, und der Konzern kannte sich gut genug, um die Geschichte für möglich zu halten. AuÃerdem durfte unter diesen Umständen sowieso niemand vom Konzern in die Gegend fahren. Wenn Reiseunterlagen bewiesen hätten, dass sie das Leck untersucht hatten, hätten sie nicht mehr glaubwürdig abstreiten können, davon zu wissen.
Also haben sie weder an Juliusâ Tarnung als korrupter Tierschützer noch an seinen retuschierten Beweisbildern oder den gefälschten Pressemitteilungen vom WWF gezweifelt. Sie haben einfach Geld von ihrem üblichen Erpresserkonto überwiesen. Julius hat den Konzernleuten versprochen, das
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