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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Jordan
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Tagen Vorlauf als ernsthafte Wissenschaftlerin ausgeben? Und zelten? So macht man das draußen wohl. Zelte. Schlafsäcke. Gepäck. Das ist unmöglich.
    Â»An diesem Wochenende? Sie wollen mir doch nicht erzählen, Sie hätten am Wochenende nichts vor.«
    Er zuckt mit den Schultern. »Den einen oder anderen Termin muss ich vielleicht absagen.«
    Â»Ist denn der eine oder die andere dann nicht angefressen?«
    Â»Das werden sie schon überleben. Meine Entscheidung steht. Dieses Wochenende.«
    Jetzt ist mein Widerwille nicht nur vorgetäuscht – ich muss mich wirklich aus der Nummer rausziehen, und zwar mit einer plausiblen Erklärung. Sofort. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was ich mir zu Hause werde anhören müssen. Sam wird mir das ewig unter die Nase reiben.
    Â»Nein«, sage ich. »Das ist zu schwer. Es ist zu viel. Ich bin raus.«
    Mit der rechten Hand greift Daniel über den Tisch und hält mich am Handgelenk fest, mit warmem, festem Griff. Er sagt kein Wort. Und ich kann nicht weg. Dann greift er mit der anderen Hand in seine Tasche, die auf dem Boden steht. Er lässt mich los und holt sein Scheckbuch heraus. Er legt es auf den Tisch, blättert und fängt an zu schreiben.
    Â»Ella, das hier ist ein Scheck über 25 000 Dollar für Ihr Forschungsvorhaben. Den gebe ich Ihnen jetzt. Wenn Sie wollen, können Sie ihn behalten. Oder Sie geben ihn mir zurück, und in genau einer Woche schreibe ich Ihnen einen Scheck über 250 000 Dollar aus.« Als er den Scheck aus dem Heft reißt, kommt’s mir vor, als wäre das Geräusch so laut, dass jeder in der Cafeteria stehen bleibt und uns anstarrt. »Es ist Ihre Entscheidung.« Er streckt mir den Scheck entgegen.
    Ich schließe die Augen, und als ich sie wieder öffne, bin ich ein kleines Mädchen, das an einem heißen Tag in seinem Lieblingskleid auf einem Pflanzkübel sitzt. Vor mir steht eine Frau in mittleren Jahren mit einem Zehndollarschein zwischen den Fingern, und ich sehe nichts anderes als diesen wedelnden Schein, so anmutig wie ein Fischschwanz, wie ein Lachs in einem Fluss. Das kühle, gekräuselte Wasser funkelt wie Smaragde, und ich könnte schwören, ich würde es leise plätschern hören. Als ich Daniel Metcalf anblicke, sieht er einen Moment lang aus wie unter Wasser getaucht.
    Â»Ein Wochenende«, sagt er. »Damit ich mich überzeugen kann, dass Sie das Projekt professionell und ernsthaft angehen. Nehmen Sie ruhig Ihre Doktoranden mit. Glenda ist dann doch noch hier, oder? Sie macht doch noch nicht in der Mojavewüste Jagd auf Kojoten?«
    Vielleicht bin ich müde. Ich mache das jetzt schon, seit ich sieben bin. Um mich herum drängen sich Studenten, reden über ihre Vorlesungen, denken an ihre Zukunft. Vielleicht ist es noch nicht zu spät für mich, um neu anzufangen. Mit einem solchen Coup könnte man sich ein neues Leben kaufen. Genau das ist schließlich mein Job. Ich werde zu jemandem, der ich nicht bin, und mache mich zu einer Expertin auf einem Gebiet, das mir ganz neu ist. Ich streife die unterschiedlichen Dellas über und wieder ab wie weiße Seidenhandschuhe.
    Ich denke nicht an Nationalparks, an das Zelten, die Ausrüstung oder an die Wissenschaft. Auch nicht an Greta.
    Â»Davon könnten sie keine zehn Pferde abhalten«, sage ich. Erst im Auto, in dem Beau auf mich gewartet hat, wird mir schlecht.

A uf dem Weg zur Cumberland Street rede ich kaum. Nach Vororten, Schnellstraßen und Kreuzungen, an denen Beau auf Fragen wie »Und was hat er dann gesagt?« oder »Wie hat er da geguckt?« nur knappe Antworten bekommen hat, gibt er auf und schaltet das Radio ein. Beau ist ein vorbildlicher Autofahrer, wie wir alle. Noch eine Regel meines Vaters. Wir halten uns knapp unterhalb der Geschwindigkeitsbegrenzung, wir blinken immer und achten auf kaputte Rücklichter und abgefahrene Reifen. Es gibt nie einen Grund, uns anzuhalten.
    Auf den letzten fünfundzwanzig Kilometern habe ich aus dem Fenster gestarrt, als sei es eine olympische Disziplin, und habe mich ein Dutzend Mal umentschieden.
    Der Wilsons-Promontory-Nationalpark. Ich habe ihn noch nie besucht, auch sonst niemand aus meiner Familie. Natürlich habe ich von ihm gehört. Dieses Stückchen Land, das an Australiens Küste hängt wie ein widerwillig eingefügtes Komma in einem Bandwurmsatz, ist bei Melbournern seit

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