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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Jordan
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gefährdetes oder nicht existierendes Tier sieht oder sogar einen Geist, ein Ufo oder einen Politiker außerhalb der Wahlkampfzeit, könnte ich meine Forschung selbst finanzieren und wäre nicht auf Fördergelder von Leuten wie Ihnen angewiesen.«
    Er zieht eine Augenbraue hoch. »Leuten wie mir?«
    Â»Ja.« Ich hebe den Müll vom Mittagessen auf und stelle mich dicht vor ihn. Aber als ich mich vorbeuge, um den Abfall in eine Seitentasche seines Rucksacks zu stopfen, berühren meine Finger nur den Stoff. »Naturliebhaber«, sage ich.

V on da an wird es besser und gleichzeitig schlechter. Die nächsten vier, fünf Kilometer winden sich durch dichten Regenwald: Es ist kühler, und die Luft riecht angenehm. Es raschelt leise in den Bäumen, Vögel zwitschern, und seit mir die Sonne nicht mehr auf den Schädel knallt, fällt es mir deutlich leichter, schnell zu denken. Dafür geht es steil bergab, und meine Oberschenkel zittern schon, und an die Schmerzen morgen darf ich gar nicht denken. Hier laufen wir hintereinander, und ich habe darauf bestanden, dass Daniel vorgeht, damit ich in Ruhe humpeln und das Gesicht verziehen kann.
    Â»Ich bin für Sie verantwortlich«, sage ich, als er protestiert. »Bei mir gibt es keine verletzten Millionäre.«
    Manchmal dreht er sich um und reicht mir eine Hand, um mir über Steinhaufen oder steile Abschnitte zu helfen, und ich beruhige mich damit, dass er einfach nur höflich ist, statt an meiner Überlegenheit als Wanderin zu zweifeln. Ich ignoriere die angebotene Hand. Davon abgesehen starre ich über weite Strecken nur auf seinen Hinterkopf. Ich beobachte, wie er die Schultermuskeln anspannt und bewegt, wie seine Unterarme neben seinem Körper vor und zurück schwingen. Sein Anblick wirkt irgendwie fesselnd. Wenn wir anderen Wanderern begegnen, bleibt er stehen. Er gehört zu diesen seltsamen Menschen, die einfach so mit Fremden plaudern, sie fragen, wie weit wir schon sind und wie viel noch vor uns liegt. Manchmal bleibt er stehen und streckt den Hals nach den Schultern hin. Immer wieder ballt er die Hände zu Fäusten und entspannt sie wieder, und ich überlege, ob der Rucksack zu eng ist oder die falsche Größe hat und ihm die Arme abschnürt. Aber selbst wenn, wüsste ich nicht, wie ich es ändern sollte.
    Ich muss zugeben, dass es eigentlich eine ganz schöne Wanderung ist. Nicht gerade wegen der endlosen langweiligen Waldwege, die ins Nichts führen. Aber überall im Park finden sich schöne Ecken mit Felsen und Bächen, über die sich selbst der widerwilligste Wanderer freuen kann. Einmal machen wir in einem schmalen, schattigen Tal neben einem Wasserfall Rast, der als Bach weiterfließt. Das Wasser plätschert leise. Daniel nimmt seinen Rucksack ab, kniet sich hin, schöpft etwas Wasser mit der Hand und hebt sie an die Lippen.
    Â»Warten Sie. Ich weiß nicht, ob man das wirklich trinken sollte«, sage ich. »Vielleicht ist es nicht sauber.«
    Â»Hier? Das ist der Garten Eden. Das Wasser ist kristallklar.«
    Â»Mit dem bloßen Auge erkennt man das nicht. Die Dinge sind nicht immer so, wie sie aussehen.«
    Â»Gott sei Dank. Sonst wäre die Welt sehr langweilig.« Er trinkt, dann fährt er sich mit der nassen Hand über den Hals und durchs Haar. »Herrlich«, sagt er. »Kommen Sie, probieren Sie es auch. Trauen Sie sich.«
    Es sieht wirklich wunderbar aus. Ich stelle mir vor, wie es schmeckt: kühl und frisch, so rein wie Nektar in meinem trockenen Mund. Aber ich lange nach hinten, ziehe meine Wasserflasche aus dem Rucksack und trinke einen Schluck. Das Wasser ist warm und schal, es schmeckt nach Plastik.
    Der letzte, herrlich flache Abschnitt besteht aus einem gewundenen Plankenweg. Nach fast vier Stunden kommen wir an einem perfekten weißen Strand heraus, mit reinem Sand, der in der Sonne schimmert, und einer perfekten Bucht, einem vollkommenen Halbkreis aus blauem Wasser, das in den blauen Himmel übergeht. Und weit und breit kein Mensch zu sehen.
    Â»Wow«, sage ich, dann fange ich mich. »Egal, wie oft ich das sehe, dieser Anblick haut mich jedes Mal um.«
    Wir gehen den Strand entlang. Es ist mitten am Nachmittag, die ungewohnte Kleidung klebt mir an der Haut, und der Rucksack ruht schwer auf meinen Hüften. Ich blicke hinüber zu dem Unterholz, von dem aus uns Anders und Beau beobachten, wenn alles nach Plan gelaufen

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