Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
zur „Umbrüggler Alm“, um in der Hütte zu übernachten. Allen dreien waren die Erzählungen vom Höttinger Almbutz bekannt, aber welches gestandene Mannsbild glaubt schon an solche Ammenmärchen?
In der Hütte machten sie sogleich ein Feuer und es dauerte gar nicht so lange, da wurde es wohlig warm.
„Sonst müssen halt wir zusammenkriechen und uns wärmen, ich hab ja eigentlich die Weiber lieber, aber in der Not nehm ich auch ’nen Bärtigen mit ins Bett“, spöttelte der Eine.
„Bevor ich mit dir unter eine Decke krieche, mache ich mir lieber selber warme Gedanken“, gab der Zweite lachend zur Antwort.
„Da würd’ das Kasermandl wohl Augen machen, was in seinem Winterquartier so alles getrieben wird“, sagte der Erste keck und suchte sich ein Holzscheit, nahm sein Taschenmesser und begann zu schnitzen.
Der jüngste der drei Jäger sagte nichts dazu und begann den Tisch für ihre Jause herzurichten. Als sie miteinander beim Essen waren, zog der Erste das bearbeitete Holzscheit hervor und machte noch schnell mit seinem Taschenmesser ein paar Hiebe ins Holz:
„Sodala, jetzt hast a Pappen und zwei Augen, und wart’“, der Schnitzer stand auf und sah sich in den dunklen Ecken der Hütte um. Er fand dort einen Hut, den er der Holzpuppe aufsetzte und einen alten „Huder“, den er der Puppe umhing. „Ha, wenn das nicht das Höttinger Kasermandl ist“, rief er lachend und schenkte allen einen großen Schnaps ein. „Prosit, aufs Kasermandl“, und alle drei leerten ihre Gläser.
„Ja, Kasermandl, du hast nicht ausgetrunken, das gehört sich aber nicht, gell“, und nun fing er an, der Holzpuppe den Schnaps in den Mund zu kippen. „Und ’gessen hast auch nichts, sind wir etwa nicht die richtige Gesellschaft für dich“, und stopfte ihr Speckstreifen in den Holzmund.
„Jetzt reicht’s, hört auf mit euren Faxen, das ist ja nicht zum Aushalten“, ermahnte der Jüngste die Jagdfreunde, doch er bekam nur zur Antwort, dass er ja gehen könne, wenn er’s nicht mehr aushielte.
Der zweite der Jäger bog sich vor Lachen und schaute unter den Lumpen, mit dem die Puppe bedeckt war, „wird’s wohl kein Weibele sein, das sich ziert, mit uns zu zechen. Aber was sehe ich denn da, ich glaub, da fehlen noch ein paar Details“, und die Jäger hörten gar nicht mehr auf mit ihren derben Späßen.
In dem Augenblick zog draußen ein Gewitter auf und es fing zu blitzen und zu donnern an, so dass der Jüngste zitternd auf den Heustock ging und sich warm einkuschelte. Als die beiden anderen trotz Blitz und Gekrache ihr Spiel fortsetzten, da tat es ganz nahe bei der Hütte einen so gellenden, unheimlichen Pfiff, dass die Frevler windelweiß wurden und den hölzernen Butz schleunigst ins Feuer warfen. Wie von der Tarantel gestochen, schwangen sich die zwei auf den Heustock hinauf und versteckten sich im Heu. Doch da stand er schon vor ihnen, der leibhafte Almbutz. Den Jüngsten zog er an den Haaren aus dem Heu und gab ihm eine gehörige Maulschelle, dass ihm der Kopf dröhnte und die Zähne aufeinanderschlugen. Dem Zweiten versetzte er einen solchen Schlag auf den Fuß, dass er zeitlebens davon hinkte.
Dem Ältesten aber, der „den Poppen“ geschnitzt und am rohesten gespaßt hatte, den nahm er mit sich, und seine zwei Kollege konnten ihn noch eine Weile furchtbar schreien hören, bis er immer leiser wurde. Mit Entsetzen erwarteten die beiden, die noch gut mit ihrem Leben davongekommen waren, den Morgen. Als sie dann vor die Tür traten, fanden sie den abgerissenen Kopf ihres Kameraden auf das Hüttendach gespießt. Nun suchten sie geschwind das Weite und vergaßen die Begegnung mit dem Höttinger Kasermandl ihr Lebtag nicht mehr. Auf die „Umbrückler Alm“ sind sie nie mehr hinaufgestiegen.
Niemand darf auf die Almen nach der Almabfahrt der Sennen im September gehen, denn dann zieht das Kasermandl mit seinen gespenstigen Herden auf dieselben. Man hört das Glockengeläut der Kühe sowie des Mandls heiseren Ruf. Es ist gutmütig und wird nur boshaft, wenn man es reizt.
Ein Höttinger Bauer wollte es dabei einmal von der Tenne aus beobachten und schaute zu einem kleinen Loch, das er sich in einen Balken gebohrt hatte, hinaus. Als das Kasermandl kam, ging es zu diesem Löchlein und schlug einen Zapfen hinein, der nun im Auge des Neugierigen steckte. Vergeblich versuchte er das Hölzlein aus seinem Auge zu ziehen, um sich von dem Schmerz zu befreien. Zum allgemeinen Gespött musste er ihn ein ganzes Jahr
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