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Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Titel: Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Morscher , Berit Mrugalska
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sie in der Werkstatt noch Licht sah. Sie schaute nun in die Stube hinein und fragte:
    „Schuster, wie gefällt dir meine lange Nase?“
    Der Schuster erkannte die Dämonin und ließ sich nicht von ihr erschrecken. Er nahm den Leisten und hielt ihn ihr aus dem Fenster und fragte:
    „Stampa, wie gefällt dir mein Leisten?“
    Da begann die Stampa zu lachen und eilte davon.
    Die Stampa hatte auch einen Gefährten, den wilden Mann „Parlör“. Beide liebten es, Nüsse zu essen und stahlen diese im Herbst in der Nacht von den Bäumen. Die Nussbäume gehörten natürlich den Bauern, und nun legten sich einmal ein paar von diesen auf die Lauer, um den zwei Gesellen das Nüssestehlen auszutreiben. Aus ihrem Versteck heraus beobachteten sie, wie das diebische Paar vorging. Parlör stieg auf den Nussbaum und warf die Nüsse seinem Weib Stampa herunter, welche sie in einen großen Sack füllte. Leise schlich sich einer der Bauern heran und zerschnitt heimlich den Boden des Sackes. Die Stampa war nun immer fleißig beim Einsammeln, bemerkte in der Dunkelheit aber nicht, dass die Nüsse am Boden des Sackes wieder hinausrollten. Als der Sack nun immer noch nicht voll war, der Parlör aber nicht mehr weiter „klauben“ wollte, stieg er hinab und besah sich den Sack genauer. Als er das offene Ende fand, begann er sein Weib zu beschimpfen und gab ihr eine deftige „Maulschelle“. Darüber mussten die Bauern in den Hecken laut auflachen. Das Gelächter aus der Dunkelheit aber erschreckte das wilde Paar so sehr, dass es auf den Fennisberg floh und seitdem nie mehr beim Nüssestehlen gesehen wurde.
    In Schlitters, am Anfang des Zillertales, liegt das Kellerjoch, von dem man eine fantastische Aussicht über das Unterinntal hat, und wo eine kleine Kapelle steht. Der eher karg bewachsene Hügel, in das Tal vorspringend und stark zerklüftet, heißt der Jaudenstein, umgangssprachlich auch „Augnschtoan“ genannt – in ihn soll die Stampa hinein- und wieder hinausschlüpfen.
    In Gagering, einem Weiler im Norden von Fügen, lebte einst ein Bergmann mit seiner braven, jungen Frau in zufriedener und glücklicher Ehe in dem sogenannten „Waldhäusl“. Die junge Frau war hochschwanger und beide freuten sich schon sehr auf ihr erstes Kind.
    An einem Herbstmorgen begleitete die Frau ihren Mann auf dem Weg zum Ringenwechsel, dem ehemals sehr silberreichen Bergwerk, bis zum Jaudenstein und verabschiedete sich unter Tränen von ihm.
    „Ja, was hast du denn, ich gehe doch nur zur Arbeit und nicht wie die Rainer-Sänger in die weite Welt hinaus“, sagte er schmunzelnd zu ihr und dachte bei sich, was so eine Schwangerschaft nur alles mit einer Frau anstellte.
    „Ich weiß auch nicht, mir fällt die Trennung von dir heute besonders schwer“, gab sie mit dem Versuch eines Lächelns, das aber eher einer Grimasse glich, zur Antwort.
    „Gott behüte dich“, sagte sie, noch immer schluchzend, und ging dann wieder nach Hause, wo sie wie immer ihre tägliche Hausarbeit erledigte und auch bald wieder guter Dinge war. Als sie sich am Abend ins Bett legte, betete sie besonders für ihren Mann und ihr gemeinsames Kind und freute sich schon auf den nächsten Abend, wenn sie wieder mit ihm zusammen einschlafen würde. Der nächste Abend kam, doch der junge Bergmann kam nicht. Oft schaute die Frau aus dem Fenster und zum Jaudenstein, der von aschgrauem Nebel umgeben war. Es wurde immer dunkler und die junge Mutter machte sich immer größere Sorgen, je später es wurde. Ihr kamen die Tränen, und es begann draußen zu wehen, die Luft war kühl und schaurig. Sie setzte sich auf die Ofenbank und nach langem Warten klopfte es endlich an der Haustür.
    „Jetzt ist er endlich da!“, und freudig sprang die junge Frau zur Tür. Doch vor der Tür stand nicht ihr sorgenvoll erwarteter Mann, sondern sein Arbeitskollege mit ernstem Gesicht. Mit vorsichtigen Worten erzählte er ihr, dass ein Unfall im Schacht passiert sei, ein Fels sei heruntergestürzt und hätte ihren Mann erschlagen. Weinend brach die junge Witwe zusammen und wenig später setzten bei ihr die Wehen ein. Nach einer langen Nacht gebar sie endlich in den frühen Morgenstunden ihr Kind; ihre Freundin war gekommen, um ihr beizustehen. Nach den überstandenen Strapazen der Geburt war ihr erster Wunsch, dass die Freundin für sie zum Geistlichen nach Fügen gehe und ihn zum Aufsegnen zu ihr bestelle. Jede Wöchnerin wartete auf diesen kirchlichen Segen, damit sie wieder ohne Angst ihrem normalen

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