Die Schöpfungsmaschine
ihre Oberfläche „bewegen“ konnte. Das Auflösevermögen des Mark I war noch immer unbefriedigend, sodass man kaum wichtige Details erkennen konnte, aber es gelang Clifford, erkennbare Bilder von bekannten geografischen Formationen wie Gebirgen, Kontinentmassen und Meerengen zu schaffen. Er produzierte sogar Bilder von der Mondoberfläche, auf denen die nebelhaften Umrisse von Kratern und Ringgebirgen mit Mühe zu erkennen waren. Es war fast, als betrachtete er die Welt durch eine ferngelenkte TV-Raumsonde, die er nach seinem Wunsch von einem Ort zum anderen steuern konnte. Das alles gab einen verlockenden Vorgeschmack auf die Möglichkeiten, die Mark II eröffnen würde.
Eines Abends, als sie bei einigen Drinks in ihrer Lieblingsbar in Marlboro saßen, berichtete Clifford Aub und Morelli von seinen Erfahrungen in Baltimore. Aub hatte endlich einen Punkt erreicht, an dem es ihm möglich war, die laufende Arbeit an Mark II dem Rest seines Teams zu übertragen; jetzt hatte er sich selbst zu einem BIAK-Trainings-Kurs angemeldet. In der nächsten Woche würde er abreisen. Natürlich war er sehr daran interessiert zu erfahren, was in Baltimore auf ihn wartete.
„Du behauptest also, dass ein Bursche in Kalifornien sitzen kann und einer in Baltimore, beide sind mit je einem BIAK verbunden, diese wiederum sind miteinander gekoppelt – und die Burschen können dann ihre Gedanken austauschen?“ Aubs Hand umklammerte das Bierglas, er starrte Clifford erstaunt an. „Das ist wirklich ein Ding!“
„Du machst Witze, Brad“, sagte Morelli.
„Nein, es stimmt!“ Clifford nickte heftig. „Ich habe zuge sehen. Einer liest eine Zahlenreihe von einem Blatt Papier ab, und der andere kann dir sagen, was für Zahlen es waren … Sie schicken auch Bilder. Der eine Bursche stellt sich ein Gesicht vor, das sie beide kennen, und der andere identifiziert es … Sie machen alles mögliche.“
„Das hört sich stark nach Telepathie an“, bemerkte Morelli. „Für solche Sachen habe ich nie viel übrig gehabt.“
„Es ist aber keine Telepathie“, führte Clifford aus. „Jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne.“
„Wie meinst du das?“ fragte Morelli.
„Nun, wenn jemand von Telepathie spricht, dann denkt er an paranormale Phänomene, an einen außerwissenschaftlichen Bereich. Doch ich rede über etwas anderes, das auf Dingen aufbaut, die wir kennen und die wir nachvollziehen können.“
„Aber das Ergebnis ist das gleiche, nicht wahr?“ warf Aub ein.
„Darauf will ich gerade hinaus“, erklärte Clifford. „Das ist wieder ein Beispiel für einen Vorgang, der sich in der Geschichte schon unzählige Male zugetragen hat.“ Zwei Augenpaare sahen ihn verständnislos an. „Für uns ist es selbstverständlich“, erklärte er, „dass wir täglich Dinge tun, von denen die Menschen vor fünfhundert Jahren geträumt haben und die sie sich nur als Zauberei vorstellen konnten. Wir fliegen durch die Luft, sehen in Zauberspiegel und beobachten Dinge, die sich an anderen Orten befinden … Wir können sogar mit Menschen auf der ganzen Welt sprechen …“ Clifford breitete die Hände zu einer ausdrucksvollen Geste aus. „Wir lassen alle diese Dinge geschehen, aber wir benutzen dazu Methoden, die sich die Menschen einst überhaupt nicht vorstellen konnten.“
„Ja, ich kann dir folgen“, sagte Aub nickend. „Weil sie eben von Elektronik und solchen Dingen nichts wussten.“
„Genau davon rede ich“, sagte Clifford. „Sie stellten sich das Fliegen als eine Art Schweben vor, weil sie nicht ahnen konnten, welche Technik hierzu nötig sein würde.“
„Schön, ich kann dir auch folgen“, stimmte Morelli zu. „Du sagst, die Leute haben sich die Telepathie immer falsch vorgestellt, weil sie glaubten, dazu bedürfe es der Zauberei. Jetzt, da das wirklich möglich wird, wovon sie geträumt haben, stellt sich heraus, dass man dazu überhaupt keine Zauberei benötigt, sondern nur ein Paar BIAKs.“
„Genauso ist es, Al“, bestätigte Clifford. „Wenn man etwas als paranormal bezeichnet, dann ist das nur ein Zeichen dafür, dass man es noch nicht verstanden hat. Ich betone das Wort ‚noch’. Eines Tages gehört das Unbegreifliche dann zum normalen Alltag. Niemand empfindet es heute als besonders geheimnisvoll, wenn er mit jemandem auf der anderen Seite des Landes über Infonetz redet. Genaugenommen besteht gar kein großer Unterschied zwischen einer Infonetzverbindung und einem Gedankenaustausch über die
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