Die Schokoladendiät
Geld für deine Entzugsklinik ausgegeben. Du könntest wenigstens so tun, als würdest du versuchen, von den Drogen loszukommen.»
«Ich könnte jederzeit damit aufhören, mein liebes Schwesterchen, aber das farbenfrohe Bild des Lebens gefällt mir nun mal besser als die harsche Realität. Das verstehst du doch bestimmt, nicht wahr?»
«Ach, setz dich einfach hin und halt den Mund», sagte Autumn. «Ich will diesen Tag bloß irgendwie überstehen.»
«Ganz schön selbstgefällig, die Dame», bemerkte ihr Bruder. «Was ist passiert? Haben die Weltverbesserer dich in ein Trainingslager geschickt?»
«Habe ich dir schon mal gesagt, dass du ganz schön nerven kannst, wenn du so drauf bist? Sei einfach nur nett. Tu’s für mich.»
Richard blickte sie ein wenig eingeschüchtert an. Sie hoffte nur, dass er sich den Rest des Tages anständig benahm. Aus der Nähe sah er tatsächlich noch schlechter aus als vor seiner Abreise nach Amerika. Er war blass, Schweiß stand auf seiner Stirn, und seine Hände zitterten deutlich.
Sobald alle Platz genommen hatten, brachte Jenkinson ein großes Silbertablett herein, auf dem die gebratene Gans thronte.
«Scheiße, Jenks, alter Junge», fluchte Richard. «Geben die Ihnen nicht mal an Weihnachten frei? In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich?»
«Solche Ausdrücke möchte ich am Tisch nicht hören», sagte der Hausherr. «Bitte benimm dich zivilisiert, Richard.»
«Ihr behandelt Menschen wie mittelalterliche Sklaven, und dann denkt ihr, ich bin derjenige, der Probleme hat?» Richard lachte freudlos. «Lasst mich das verdammte Ding zerlegen.»
Er sprang unsicher auf die Füße und packte das Tranchiermesser.
Sein Vater stand ebenfalls auf. «Das übernehme wohl besser ich.»
«Nein.» Richard scheuchte ihn weg, und Mr. Fielding setzte sich zögernd wieder hin. Er warf seiner Frau einen besorgten Blick zu. Nicht nur die Gans lag zum Tranchieren bereit, auch die Luft war zum Schneiden dick.
Jenkinson kehrte mit gedünstetem Gemüse und Bratkartoffeln auf einem Tablett zurück und reichte Autumn einenNussbraten. «Die vegetarische Alternative, Miss Autumn», sagte er leise zu ihr.
«Wunderbar, das ist sehr aufmerksam von Ihnen.» Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu.
Jenkinson stellte die Schüsseln auf den Tisch und zog sich dann schnurstracks in die Küche zurück.
Schwungvoll spießte Richard die Gans mit der Gabel auf und machte sich daran, den großen Vogel mit dem Messer zu traktieren.
«Nun ist es aber genug, hör auf damit!», wies sein Vater ihn an.
«Sei vorsichtig, Richie, Schatz.» Das Gesicht seiner Mutter wurde aschfahl. «Überlass das lieber Daddy.»
Addison beobachtete ihn unbehaglich. «Soll ich dir zur Hand gehen, Kumpel?»
«Ich weiß, was ich tue.» Er stach mit dem Messer in den Braten. Bei solchen Gelegenheiten war Autumn wirklich froh, dass sie Vegetarierin war. Der arme Vogel wurde in große Fetzen aus Haut und Fleisch zerteilt. Ihr drehte sich der Magen um. Dann rutschte Richard auf einmal das Messer aus der Hand, es schoss an der Gans vorbei und schlitterte über den Tisch. Richard kippte vornüber direkt auf die Gans, die jetzt durch die Luft flog und die Schüsseln mit Gemüse und Kartoffeln mit sich riss. Mit einem satten Platschen landete sie auf dem Boden, während die Beilagen Purzelbäume schlugen, und eine Mischung aus Karotten, Erbsen, Rosenkohl und gebratenen Pastinaken genau in Addisons Schoß landete. Der sprang auf und vollführte einen kurzen Stammestanz, denn das dampfend heiße Gemüse drohte ihn zu verbrühen. Autumns Vater, vielleicht an seine Tage als Kricketspieler erinnert, fing die Kartoffeln im Flug auf.
Alle standen auf und betrachteten das Durcheinander. Jenkinson war so vernünftig, nicht hineinzukommen und zu schauen, was das für ein Lärm war. Richard zitterte am ganzen Körper.
Ihre Eltern waren, wie es schien, in einen katatonischen Schockzustand verfallen. «Addison», sagte Autumn scharf, «ich bringe Richard nach oben. Kann ich dich bitten, hier aufzuräumen?» Ihr Freund nickte, und sie warf ihm einen dankbaren Blick zu, als er sich daranmachte, das Wurzelgemüse vom Boden aufzulesen.
«Vielleicht ist ihm mit seinem Jetlag der Champagner nicht bekommen», meinte ihre Mutter optimistisch.
«Ja, wahrscheinlich», murmelte Richard. «Das wird’s sein.»
Jetlag, dass ich nicht lache, dachte Autumn. Sie lotste Rich die Treppe hinauf in sein ehemaliges Kinderzimmer. Widerstandslos ließ er sich zum
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