Die Schokoladendiät
worden ist. Sondern ganz verdammt nach einem verliebten und zerknirschten Mann, der ein echtes Problem gehabt hat. Ich hab genug faule Ausreden von Marcus gehört, um zu erkennen, wann man mir einen Bären aufbindet. Und was bedeutet das jetzt alles? Ich sitze wie ein begossener Pudel da, und meine Gedanken torkeln durch mein Gehirn wie ein Betrunkener nach einer Sauftour. Was um Himmels willen ist denn nun wirklich auf der andern Seite der Welt passiert? Ich habe das Gefühl, dass mir da ein Puzzleteilchen fehlt. Und zwar ein ganz entscheidendes.
«Er liebt dich», sagt Marcus schließlich.
Irgendwie finde ich meine Stimme wieder. «Ja.»
Ich blicke auf den Mann, der neben mir unter der Bettdecke liegt, und mich selbstgefällig mustert. «Na, da hast du ihm jetzt ja einiges zu erklären.»
15
Der
Schokoclub ist wieder zusammengekommen – und das wurde auch Zeit, wenn man mich fragt. Ich räume ein, dass wir alle noch nicht so ganz auf der Höhe sind, denn es ist Januar, und wir leiden an der typischen Post-Weihnachtslethargie. Ich gehe wieder zur Arbeit, aber keiner der Kollegen – und am allerwenigsten ich – hat die geringste Lust, irgendwas zu tun. Selbst im Chocolate Heaven ist die Atmosphäre ungewöhnlich gedämpft. Wir hocken wie festgewachsen auf den Sofas und versuchen tapfer, uns mit einigen von Clives Köstlichkeiten in Stimmung zu bringen. Vor uns stehen frische, mit dunkler Schokolade überzogene Mangostreifen – schließlich soll man fünfmal am Tag Obst essen. Außerdem liegen da Mocca- und Pistazientrüffel – denn zu viel Obst ist bekanntlich auch nicht gut. Und dann sind da noch Schokokaramell-Brownies – einzig und allein, weil wir schokosüchtige Fettsäcke sind.
«Wie war euer Weihnachten?», fragt Nadia.
«Wenig ereignisreich», klagt Chantal und nimmt einen großen Bissen von ihrem Brownie. «Ted hat mich in ein tolles Hotel eingeladen, die Stimmung war gut, und alles hätte perfekt sein können. Aber trotzdem fehlte es an gewissen Höhepunkten, falls ihr wisst, was ich meine.»
Sie schütteltihr glänzendes Haar. «Ich weiß nicht, was ich machen muss, damit dieser Mann mit mir schläft. Er möchte, dass ich ein Kind bekomme, aber den ‹grässlichen› Akt der Fortpflanzung bringt er anscheinend nicht über sich. Wie stellt er sich das eigentlich vor? Will er mir seinen Samen mit der Post schicken? Etwa als Sonderlieferung?» Sie schnaubt. «Vielleicht ist das mit unserer Ehe vergebene Liebesmüh.»
«Gib nicht auf», sagt Autumn. «Ich bin mir sicher, ihr habt bald einen Durchbruch.»
«Schokolade ist ein wunderbarer Ersatz für Sex», rufe ich ihr in Erinnerung.
Chantal schaut verächtlich auf ihren angebissenen Brownie. «Wer sagt das?»
«Ich schätze, Leute, die keinen Sex haben», gebe ich zu.
«War deine Weihnachtsfeier mit Addison schön?», fragt Chantal Autumn.
«Mein drogensüchtiger Bruder ist unangekündigt aufgetaucht, betrunken und vollkommen zugedröhnt. Die Weihnachtsgans ist im hohen Bogen durch das Esszimmer geflogen, und Addison hätte sich fast Verbrennungen dritten Grades an seinen Zeugungsorganen zugezogen. Abgesehen davon war es wunderbar.»
Wir lachen alle. «Das hat man davon, wenn man sich verliebt», sage ich. «Gerade wenn man denkt, dass alles wunderbar läuft, steht Weihnachten bei der Familie an, und das Chaos ist vorprogrammiert.»
«Also, in meiner Familie war Weihnachten diesmal wundervoll», wirft Nadia mit zufriedenem Lächeln ein. «Lewis und ich haben einen großartigen Tag mit Toby verbracht. Er hat sich enorm viel Mühe gegeben, und es war wunderschön, wieder eine richtige Familie zu sein. Das hatte mir schrecklich gefehlt.»
«Muss ich mich etwa bald nach einer neuen Untermieterin umsehen?», fragt Chantal ein bisschen traurig.
«Wahrscheinlich werden wir irgendwann wieder zusammenziehen, aber vorerst möchte ich nichts überstürzen», erklärt Nadia. «Toby hat mir Hand aufs Herz versprochen, dass seine Spielsucht ein Ding der Vergangenheit ist. Aber wir sitzen immer noch auf einem Berg Schulden und sind noch lange nicht auf Rosen gebettet.»
In diesem Moment bringt Clive neuen Kaffee und füllt unseren Schokovorrat auf. Dieser Mann weiß wirklich, was Frauen wollen. Eine Schande, dass er schwul ist. Er hockt sich neben mich auf die Sofalehne und drückt mir die Schulter. «Tut mir leid, dass ich dich in der Suppenküche allein zurücklassen musste», sagt er und grinst, während ich am liebsten im Boden versinken würde.
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