Die Schokoladendiät
wartet auf Mami. Einen super Nachtisch gibt es bei mir jedenfalls immer. Wenn Marcus brav ist, gebe ich ihm vielleicht sogar die Hälfte ab.
Ich schneide den schlappen Sellerie klein und werfe ihn mit den Tomaten in einen Topf, während die Nudeln vor sich hin kochen.
Mein unerwarteter Gast taucht in der Küchentür auf. Er hat ein Handtuch lose um die Hüften geschlungen, sein Gesicht ist attraktiv gerötet, und das frischgewaschene Haar ist jetzt strubbelig und nicht mehr patschnass an den Kopf geklatscht. Das erinnert mich an unsere letzte gemeinsame Nacht, dabei will ich daran wirklich nicht mehr denken.
«Riecht lecker hier», sagt er.
Marcus muss wirklich verzweifelt sein.
«Nudeln und eine Dose Tomaten», sage ich. «Meine Spezialität.»
Er tritt auf mich zu. «Ich liebe dich, Lucy.» Seine Arme wollen sich um meine Taille legen, doch ich weiche ihm geschickt aus.
«Ich hab dir ein paar trockene Sachen aufs Bett gelegt. Das Essen ist in fünf Minuten fertig.»
Ich gebe das nicht gerne zu, aber Marcus sieht in diesem Pullover verdammt süß aus, darum schaue ich so wenig wie möglich hin. Wir sitzen auf dem Sofa und essen von den Tellern auf unseren Knien. Ich habe eine Flasche billigen Roten aufgemacht, passe aber sehr genau auf, nicht zu viel zu trinken. Ich erinnere mich nur zu gut, was mir letztes Mal passiert ist, als ich einen sitzen hatte und Marcus in der Nähe war. Im Fernsehen läuft irgendein Quatsch, und wir tun beide so, als schauten wir fasziniert hin.
Nachdem Marcus auch den allerletzten Krümel vertilgt hat, stellt er seinen Teller weg und wendet sich mir zu. «Hast du deinem Freund gesagt, dass wir miteinander geschlafen haben?»
«Ja.» Marcus anzulügen ist sinnlos.
«Seid ihr noch zusammen?»
«Was meinst du wohl? Nicht jeder verzeiht so leicht wie ich.»
Seine Hand schiebt sich ganz langsam übers Sofa auf meine zu. «Ich bin froh, dass ihr euch getrennt habt.»
«Ich nicht», entgegne ich knapp und reiße ihm die Hand weg. «Ich bin am Boden zerstört.»
«Ich habe mich wirklich geändert, Lucy», erklärt er ernst. «Ich habe viel Zeit gehabt, über alles nachzudenken. Glaub mir, ich bin in den letzten Monaten erwachsen geworden.»
Und das sagt mir ein Mann, der stundenlang im strömenden Regen vor meiner Wohnung gestanden hat.
«Ich werde eine Therapie machen, um mein Verhalten zu verändern», fährt er fort. «Sobald ich nicht mehr jede Nacht vor deiner Wohnung stehen muss.»
«Das brauchst du sowieso nicht», versichere ich ihm. «Wir sind wieder Freunde.»
Ein Lächeln lässt sein hübsches Gesicht aufleuchten.
«Freunde und nichts anderes», füge ich hinzu. «Ich will nie wieder irgendeine Beziehung haben.»
Marcus wirkt nicht überzeugt.
«Das meine ich ernst.»
Er sitzt eine Weile stumm da und verdaut diese Information zusammen mit seinen Nudeln. Als klar ist, dass ich das Schweigen nicht brechen werde, fängt er von vorn an. «Wir könnten einen Liebesfilm schauen. Dann fühlst du dich gleich wieder besser.»
«Bestimmt nicht.» Aber eigentlich würde ich mich dann tatsächlich viel besser fühlen. Ein paar zerdrückte Tränen über das vermasselte Liebesleben von jemand anderem würden mich enorm aufrichten, aber ich will mir nicht eingestehen,dass Marcus mich schon wieder richtig eingeschätzt hat.
«Ein Offizier und Gentleman»,
erklärt er entschlossen. «Das hilft immer.» Und bevor ich noch etwas dagegen einwenden kann, geht er die DVDs auf meinem Wandbord durch und legt den besagten Liebesfilm ein.
«Hast du irgendwas an Schokolade da?», fragt er als nächstes.
Ich bedenke ihn mit einem vernichtenden Blick. «Ich habe immer Schokolade da.»
«Ich hole sie», sagt er glücklich. «Das wird ein perfekter Abend heute.»
Auf dem Bildschirm verfolgt Debra Winger leidenschaftlich den äußerst attraktiven – und noch ziemlich jungen – Richard Gere. Das Wissen um die Aussichtslosigkeit ihrer Liebe dämpft ihre Entschlossenheit nicht im Geringsten. Wie dumm von ihr. Ich zappele unbehaglich, als sie zur Sache kommen, und Debra Winger lediglich mit Richard Geres Militärkäppi bekleidet ist. Am liebsten würde ich mir die Fernbedienung schnappen und ein Stück vorspulen. So lang hat diese Szene doch früher nie gedauert. Marcus hingegen lächelt selbstzufrieden, während die Liebenden auf dem Bildschirm gar nicht mehr mit ihren ekstatischen Seufzern und Verschlingungen aufhören. Ich genehmige mir noch ein Praliné. Ein Trüffel mit
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