Die Schokoladendiät

Schornstein mit Hypotheken belastet, und dann gibt es noch zahlreiche andere Gläubiger – darunter auch Chantal. Selbst Tobys kleiner Firmentransporter ist auf Kredit gekauft. Er hat es geschafft, mit zwölf verschiedenen Kreditkarten neunzigtausend Pfund Schulden aufzuhäufen – alles in Online-Kasinos.
Neunzigtausend Pfund»,
wiederholt sie erschüttert. «Wie konnte er nur? Weitere vierzigtausend hat er in Las Vegas bei dem Versuch verpulvert, irgendwas von dem verlorenen Geld zurückzugewinnen.» Ihre Miene ist düster. «Falls die Bank sich entscheidet, das Geld von uns einzutreiben, wären wir obdachlos.»
    «Bei mir ist immer Platz für dich», sagt Chantal.
    «Danke.» Nadia kämpft um ein mattes Lächeln, doch gleich darauf kommen ihr die Tränen. «Ich frage mich ständig, ob ich nicht noch irgendetwas hätte tun können, um ihn zurückzuhalten?»
    «Nadia», seufze ich und umschließe fest ihre Hand. «Du weißt, dass du alles in deiner Macht Stehende getan hast. Bitte mach dich jetzt nicht deswegen noch zusätzlich fertig.»
    «Ein Teil von mir trauert, weil er tot ist», sagt sie. «Und ein anderer Teil hasst ihn auch, weil er Lewis und mich so in den Dreck geritten hat. Und dann wieder bin ich einfach nur erleichtert, dass er nie mehr ein Kasino aufsuchen wird. Ich weiß überhaupt nicht, mit welchem dieser Gefühle ich beginnen soll.» Nadia fährt sich mit der Hand übers Gesicht. «Mein Kopf fühlt sich an, als würde er gleich explodieren.»
    «Wir helfen dir da durch», verspricht Autumn. «Deswegen sind wir hier.»
    «Ich musste heute einfach mal aus dem Haus», fährt Nadia fort. «Ohne Toby ist es dort so grauenhaft leer. Ständig denke ich, er müsste gleich durch die Tür kommen.»
    «Es wird lange dauern, bis dieses Gefühl verschwindet», sagt Autumn. «Du musst immer wieder mit uns darüber reden und darfst es nicht in dir verschließen. Du weißt, dass wir dir immer zur Seite stehen werden. Ich werde dir eine Aromatherapiemischung zubereiten, damit du besser schläfst.»
    «Ach, ich spüle schon täglich ein paar Temazepam mit einem Schluck Branntwein herunter. Das hilft schon ganz gut.»
    Autumn knabbert nervös an den Fingernägeln und fährt dann mit der Hand zu dem Pflaster an ihrem Hals.
    «Sieht so aus, als hättest du auch deine Sorgen, meinSchatz», bemerkt Chantal leise. «Hast du dich beim Rasieren geschnitten?»
    Autumn schüttelt den Kopf. «Ich bin von einem der Geschäftsfreunde meines Bruders bedroht worden.»
    Wieder schauen alle besorgt. «Das hört sich ziemlich heftig an, Autumn», sage ich.
    Sie nickt zustimmend. «Ich glaube, diesmal sitzt Rich wirklich tief in der Scheiße.»
    «Und dich zieht er mit hinein.»
    Sie nickt erneut. «Gestern Abend, als ich aus dem Krankenhaus kam, hat mir so ein Schlägertyp aufgelauert. Er wollte, dass ich Richard eine Botschaft überbringe.»
    «Und wie geht es deinem Bruder?»
    «Besser», antwortet sie mit einem Seufzer der Erschöpfung. «Ich besuche ihn nachher noch.» Wieder fingert sie geistesabwesend an dem Pflaster herum. «Und überbringe ihm die Botschaft.»
    Ich lehne mich zurück und nehme mir noch etwas Schokolade. «Wir könnten auch mal eine gute Nachricht gebrauchen.»
    «Also», sagt Chantal lächelnd und tätschelt liebevoll ihren Bauch: «Heute Morgen hab ich zum ersten Mal gespürt, dass die kleine Hamilton sich bewegt. Das war toll. Ich glaube, diese ganze Baby-Nummer hat mich jetzt vollkommen im Griff.»
    «Und wie läuft es bei dir, Lucy?», fragt Autumn.
    «Immer das Gleiche», berichte ich abwehrend. «Ich hab die halbe Nacht auf dem Klo eines italienischen Restaurants zugebracht, nachdem Marcus’ Dad mich begrapscht hat. Dort baumelten mir dann Mr.   Sexys Eier vor der Nase, während Marcus’ Mutter unter der Kabinentür durchgelinst hat.»
    Was sagt das eigentlich über mein Leben aus, dass meine Freundinnen diese wirre Geschichte kommentarlos hinnehmen? «Jetzt muss ich meine Eltern und ihre jeweiligen neuen Lebenspartner zur Hochzeit einladen. Mein Gott, ich hoffe nur, dass sie verhindert sind. Vielleicht sollte ich einfach noch eine Weile warten und sie dann ganz kurzfristig benachrichtigen?»
    «Lucy, sei doch nicht albern», tadelt mich Autumn. «Welche Verpflichtung könnte denn Vorrang vor der Hochzeit ihrer Tochter haben?»
    «Golf, Bridge, Tennis. Such dir was aus. Sollten da zufällig gerade irgendwelche Clubmeisterschaften anstehen, kommen sie hundertprozentig nicht. Selbst ein schon