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Die Schopenhauer-Kur

Die Schopenhauer-Kur

Titel: Die Schopenhauer-Kur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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existiert.
    An dieses Vorbild habe ich mich streng gehalten – meine wichtigsten Beziehungen sind die zu großen Denkern, die ich jeden Tag lese. Ich vermeide es, meinen Geist mit alltäglichen Dingen zu verstopfen, und übe mich mittels Schach oder Musikhören in Kontemplation – im Gegensatz zu Schopenhauer kann ich kein Instrument spielen.«
    Julius war fasziniert von diesem Dialog. Bemerkte Philip Pams Erbitterung nicht? Oder hatte er Angst vor ihrem Zorn? Und was war mit Philips Lösung für seine Sucht? Julius wusste nicht, ob er sie bewundern oder darüber spotten sollte. Und Philips Aussage, er habe sich bei der Lektüre Schopenhauers zum ersten Mal vollkommen verstanden gefühlt, war für ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Was bin dann ich?, dachte Julius, gehackte Leber? Drei Jahre lang habe ich mir mit dem Versuch, ihn zu verstehen und mich in ihn einzufühlen, den Arsch aufgerissen. Aber er schwieg; Philip änderte sich allmählich. Manchmal ist es besser, etwas zu speichern und irgendwann zu einem günstigen Zeitpunkt darauf zurückzukommen.

    Zwei Wochen später brachte die Gruppe bei einer Sitzung, die damit begann, dass Rebecca und Bonnie Pam sagten, sie habe sich seit Philips Eintritt in die Gruppe zum Negativen verändert, diese Themen an seiner Stelle zur Sprache. Ihre angenehme, liebevolle, großzügige Seite sei verschwunden, und obgleich ihre Wut nicht mehr so bösartig sei wie bei der ersten Konfrontation mit ihm, sei sie doch, meinte Bonnie, stets präsent und zu etwas Hartem, Unnachgiebigem erstarrt.
    »Ich habe bei Philip in den letzten Monaten etliche Veränderungen erlebt«, sagte Rebecca, »Sie dagegen sind so festgefahren  – genau wie bei der Sache mit John und Earl. Wollen Sie denn ewig an Ihrem Zorn festhalten?«
    Andere wiesen darauf hin, dass Philip höflich gewesen sei und jede von Pams Fragen, sogar die von Sarkasmus triefenden, beantwortet habe.
    »Sei höflich«, sagte Pam, »dann kannst du andere manipulieren. Ebenso, wie du Wachs erst bearbeiten kannst, wenn du es erwärmt hast.«
    »Was?«, fragte Stuart. Andere Mitglieder schauten zweifelnd drein.
    »Ich zitiere nur Philips Mentor. Das ist einer von Schopenhauers Lieblingsratschlägen – und so sehe ich auch Philips Höflichkeit. Ich habe es hier nie erwähnt, aber als ich mit dem Hauptstudium anfing, erwog ich, über Schopenhauer zu promovieren. Doch nachdem ich sein Werk und sein Leben mehrere Wochen lang studiert hatte, verachtete ich den Mann so sehr, dass ich die Idee aufgab.«
    »Sie identifizieren Philip also mit Schopenhauer?«, fragte Bonnie.
    »Identifizieren? Philip ist Schopenhauer – sein Zwillingshirn, die lebendige Verkörperung dieses Scheusals. Ich könnte Ihnen Dinge über seine Philosophie und sein Leben erzählen, bei denen Ihnen das Blut in den Adern gerinnen würde. Und ja, ich glaube tatsächlich, dass Philip manipuliert, statt sich auf eine Beziehung einzulassen – und ich sage Ihnen Folgendes:
Mich schaudert es bei dem Gedanken, dass er andere mit Schopenhauers lebensverachtenden Theorien indoktriniert.«
    »Werden Sie Philip denn nie so sehen, wie er heute ist?«, sagte Stuart. »Er ist nicht derselbe Mensch, den Sie vor fünfzehn Jahren kannten. Der damalige Vorfall zwischen Ihnen verzerrt alles; Sie kommen nicht darüber hinweg, und Sie können ihm nicht verzeihen.«
    »Der ›Vorfall‹? Das klingt ja, als wäre es ein Niednagel gewesen. Es war mehr als ein Vorfall. Was das Verzeihen angeht, finden Sie nicht, dass manche Dinge unverzeihlich sind?«
    »Dass Sie unversöhnlich sind, heißt noch lange nicht, dass diese Dinge unverzeihlich sind«, sagte Philip mit einer Stimme, die untypisch gefühlsgeladen war. »Vor vielen Jahren schlossen Sie und ich einen kurzfristigen sozialen Kontrakt. Wir boten uns gegenseitig sexuelle Erregung und Befriedigung an. Meinen Teil davon habe ich erfüllt. Ich habe dafür gesorgt, dass Sie sexuell befriedigt wurden, und empfand keine weitere Verpflichtung. Die Wahrheit ist die, dass wir beide etwas bekommen haben. Ich hatte mein sexuelles Vergnügen und Sie das Ihre. Ich schulde Ihnen nichts. Ich habe Ihnen in dem Gespräch, das darauf folgte, erklärt, ich hätte einen angenehmen Abend verbracht, wolle unsere Beziehung aber nicht fortsetzen. Hätte ich noch deutlicher werden können?«
    »Ich rede nicht von Deutlichkeit«, schoss Pam zurück, »ich rede von Güte – von Liebe, caritas, von der Rücksicht auf andere.«
    »Sie bestehen darauf, dass ich

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