Die schottische Braut
Janet. Nur Ehen vor der Kirche von England werden vom Zivilgesetz anerkannt. Das
ist
immerhin eine britische Kolonie.”
“Warum hatten dann die McGregors und ihre Nachbarn einen Pastor der freien Kirche, um die Hochzeit zu vollziehen?”
“Die Hochländer sind … ein sentimentales Volk. Ich versichere Ihnen, diese Hochzeiten werden gesetzlich nicht anerkannt.”
“Was ist mit Gottes Gesetz?”, warf Harris herausfordernd ein.
Douglas warf ihm einen selbstgefälligen Blick zu, der sein Blut in Wallung brachte. “Ich werde nicht auf einem Werftgelände mit Ihnen über Theologie diskutieren, Chisholm. Besonders nicht, wenn eine Dame offensichtlich ihre Ruhe und etwas zu essen braucht … und ihr Gewand wechseln muss. Kommen Sie mit mir, Janet. Base Binnie hat mir alles über Sie geschrieben, doch ich muss gestehen, dass die Briefe Ihnen nicht im Geringsten gerecht werden.”
Er redete weiter auf sie ein, als er sie wegführte.
Jenny warf noch einen Blick zurück, aber Harris konnte den Ausdruck nicht deuten.
Als sie aus seiner Hörweite waren, murmelte er zu sich selbst: “Du hast mich nicht zum letzten Mal gesehen, Jenny. Und du auch nicht, Douglas.”
“A-hem.”
Als er das deutliche Räuspern vernahm, wandte sich Harris um und sah einen kleinen Mann, der eine Papierrolle hielt – Schiffspläne ohne Zweifel. Obwohl er den Burschen während seiner Auseinandersetzung mit Roderick Douglas nicht bemerkt hatte, nahm Harris an, dass er ein stummer Zeuge der Ereignisse war.
“Ein guter Rat, Freund”, meinte der Mann gutmütig. “Tun Sie sich selbst einen Dienst. Legen Sie sich nicht mit Mr Douglas an. Sie könnten es sonst ein Leben lang bedauern.”
Er wandte sich zum Gehen und fügte nachdenklich hinzu: “Nochmals, lassen Sie es sein.”
17. KAPITEL
Mit einem Seufzer legte Jenny die Handarbeit zur Seite. Die Stickerei war ihr wieder einmal nicht besonders geglückt. Wenn Roderick sie beim abendlichen Dinner danach fragen sollte, musste sie wieder seinen sanften, vorwurfsvollen Blick ertragen. Oder sie musste lügen.
Warum konnte er nicht verstehen? Sie hatte niemals für solche Dinge Zeit gehabt. Sie war imstande, sich durch einen Berg von Flicksachen zu kämpfen, doch für diese feine, genaue Stickerei besaß sie keine Geduld. Dies war langweilig und hatte keinen wirklichen Wert.
Sie sah sich im Wohnzimmer um und fragte sich, ob sie sich nicht mit ein wenig leichter Hausarbeit ablenken konnte. Doch der Raum war wie gewohnt in einem ordentlichen Zustand. Jedes Möbelstück war geölt und glänzend poliert. Die Beschläge aus Messing und Kupfer glänzten. Selbst die Kissen auf der Chaiselongue waren akkurat platziert. Das peinlich saubere Zimmer schien jeden Versuch höhnisch zu unterbinden, es wohnlich zu machen.
Aus reinem Trotz nahm Jenny ein Kissen, schüttelte es ungnädig aus und legte es an seinen Platz auf dem Sofa zurück – ein wenig schief.
Sie trat ans Fenster und blickte durch die gewissenhaft blank geputzten Scheiben. Sie hätte gern einen Spaziergang gemacht, doch wohin sollte sie gehen? Sie kannte niemand in Chatham. Roderick sagte, sie müsse vorsichtig sein, mit wem sie Umgang pflegte, doch bot er niemals an, sie den Leuten von gehobenem Stand vorzustellen. Schämte er sich ihrer?
Der Gedanke schmerzte – und das nicht zum ersten Mal. Sie verdankte Roderick so viel. In der alten Heimat hätte sie niemals auf eine Verbindung dieser Art hoffen können. Und immer wieder schwor sie sich, ihm eine pflichtgetreue Ehefrau zu sein, damit er nicht bedauerte, sich mit ihr vermählt zu haben.
Noch eine Lesung des Aufgebotes, und sie sollten am darauf folgenden Freitag heiraten. Jenny wünschte, die Zeit möge rascher vergehen. Vielleicht würde sie sich, war sie erst einmal Rodericks Frau, wohler in diesem Haus fühlen. Und sie könnte sich um sein Wohlergehen kümmern. Sie wollte dieses vage Gefühl von Unzufriedenheit und Leere loswerden – es war, als ob sie etwas Wichtiges in ihrem Leben vermisste.
Solch ein Unsinn. Was konnte sie schon vermissen?
An dem Tag, an dem sie in der Stadt ankam, hatte Roderick sie in seinem Haus untergebracht und aus Gründen des Anstandes selbst Quartier in einer Herberge genommen. Er erschien fast jeden Abend, um mit ihr zu speisen, und Jenny sah diesen Besuchen erwartungsvoll entgegen … meistens zumindest.
Roderick sprach viel über seine Geschäfte, und sie versuchte, den Sinn all dieser fremden Ausdrücke zu verstehen. Mehrfach beklagte er
Weitere Kostenlose Bücher