Die schottische Rose
hinübersah.
»Siehst du das schwarze Tuch im Turmfenster, Buff?« Als der Ire mit dem Blick seiner ausgestreckten Hand folgte, fuhr Connor fort: »Mein Vater ist bereits tot. Wir sind zu spät.« Dann deutete er nach Süden, zu den Stallungen unter dem Südturm. Dort flatterten an zahlreichen Stangen bunte Wimpel im Wind. »Und das da, Buff, sind die Banner einiger Hochlandclans, die mit den McPhersons verbündet sind.«
Buffon nickte ernst. »Kennst du sie alle?«, erkundigte er sich neugierig.
Connor kniff die Augen zusammen, als er die Embleme zu erkennen suchte. »Die meisten kenne ich noch. Das der MacIntoshs, der Shaws und das vom Clan Menzies. Aber es sind auch einige neue darunter. Das der MacKenzies zum Beispiel und der Frasers. Ich frage mich …« Connor verstummte, und seine Miene verdüsterte sich.
»Du fragst dich?« Buffon O’Dermick sah seinen Freund neugierig an. Als Connor schwieg, zuckte der Ollave mit den Schultern und spähte selbst in die Richtung der bunten Wimpel. Dann pfiff er leise durch die Zähne.
»Verstehe, mein Freund. Dein Bruder hat es eilig, sich zum Chieftain auszurufen, oder?«, fragte er nach einer Weile. »Und er hat die Chieftains der anderen Clans zusammengetrommelt, um sofort die Tanistry, die Häuptlingswahl, einzuberufen. Wenn er es nicht schon längst getan hat.«
Bevor Connor antworten konnte, hörten sie das Keuchen von mehreren Männern hinter sich. Connors Gefährten hatten ihn schließlich eingeholt und bauten sich jetzt in einer Reihe neben den beiden Freunden auf dem Kamm auf.
»Verflucht will ich sein!«, stieß der schwarzbärtige und kahlköpfige Geoff MacGregor hervor, als er schwer atmend seine breiten Pranken auf die Knie stützte. »Dieser verdammte Ire rennt schneller als ein Fuchs, den eine Meute hetzt. Kein Wunder, dass man diese Iren in der Schlacht so schwer erwischen kann. Sie rennen wie die Wiesel und …« Der hünenhafte Schotte verstummte, als er merkte, dass weder Buffon O’Dermick noch seine Gefährten ein Ohr für ihn hatten, sondern angestrengt zu der Burg hinüberblickten.
Geoff stieß ein dunkles Knurren aus, als er das Leichentuch neben dem Banner der McPhersons bemerkte und sein Blick anschließend zu den bunten Clanswimpeln hinüberglitt, die an langen Stangen flatterten. Er richtete sich auf und griff unwillkürlich zu der doppelschneidigen Streitaxt, die er sich auf den breiten Rücken geschnallt hatte. »Verdammich!«, zischte er. »Was hat das zu bedeuten, Connor?«
Connor drehte sich zu seinen Gefährten um. Seine Augen glänzten wie matter Stahl, als er sie musterte.
»Es bedeutet nichts Gutes, Freunde«, erklärte er. »Ganz offenbar hat Hamish die Chieftains der anderen Clans eingeladen und will dafür sorgen, dass die Wahl zum neuen Chieftain der McPhersons und die Tanistry zum Chief der Chiefs vorüber sind, bevor ich etwas dazu beitragen kann.«
Buffon nickte, rückte seine Laute in ihrem Beutel auf dem Rücken zurecht und legte die Hände auf die beiden Langmesser, die er an seinem Gürtel trug. »Also«, knurrte er, »worauf warten wir noch? Bei dem Liedchen, das dort gesungen wird«, fuhr er fort, und seine schwarzen Augen glitzerten drohend, »fehlt sicher ein ordentlicher Chor. Würde sagen, wir beeilen uns, damit wir unseren Einsatz nicht verpassen. Wir wollen doch nicht unhöflich sein, nein?«
»Ich will kein Blutvergießen!« Connor maß Buffon mit einem strengen Blick und drehte sich dann zu seinen Gefährten um. »Habt ihr gehört? Die Waffen bleiben in der Scheide. Hamish ist schließlich mein Bruder, vergesst das nicht!«
Buffon knurrte, nickte jedoch. William the Brute Wallace, der so hieß wie der schottische Nationalheld und sich, wie Connor fand, auf dem Schlachtfeld mindestens ebenso heldenhaft bewährt hatte, nickte ebenfalls. Angus Scott, James Drummond und Long John von Scone, der mit seinen knapp eins sechzig der Kleinste der Gefährten war, aber dabei mindestens so breitschultrig wie Connor und so stark wie ein Bulle, nickten ebenfalls.
Es war wie immer der kahlköpfige Geoff, der die Gedanken der Männer ausdrückte. »Es wäre nicht das erste Mal, Connor, dass jemand um der Macht willen selbst vor Brudermord nicht zurückschreckt.«
Connor schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Ich habe genug Blut vergossen, Freunde.«
Geoff nickte. »Wohl wahr«, knurrte er und strich über den langen, mit Eisen beschlagenen Griff seiner Streitaxt. »Hoffen wir nur, dass dein Brüderchen Hamish ebenso
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